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Krankenhäuser: Der Machtkampf tobt im Oberland

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Die Krankenhaus Weilheim-Schongau GmbH hat in den vergangenen Jahren immense Summen in neue Technik wie die Beschaffung des Da-Vinci-OP-Roboters investiert.
Die Krankenhaus Weilheim-Schongau GmbH hat in den vergangenen Jahren immense Summen in neue Technik wie die Beschaffung des Da-Vinci-OP-Roboters investiert. © Foto: Krankenhaus Weilheim-Schongau GmbH

Die Krankenhaus-Landschaft in Deutschland ist im Umbruch begriffen. Davon bleibt auch Oberbayern nicht verschont. Es herrscht ein starker Wettbewerb – und der Ton wird rauer.

Landkreis – Es ist schon lange kein Geheimnis mehr, dass die Bundesregierung ein Problem mit den kleinen Krankenhäusern auf dem Land hat. Genau jenen Kliniken, die während der Corona-Pandemie von unschätzbarem Wert waren, und die doch immer mehr Probleme haben zu überleben.

Jüngstes Sorgenkind in dieser Reihe ist die Kreisklinik Wolfratshausen. Sie befindet sich in Trägerschaft des Landkreises Bad Tölz-Wolfratshausen. Und der hat einen Lenkungskreis eingesetzt, der Ziele für die Zukunft der Kreisklinik formulieren sollte. Das mehrheitlich formulierte Ergebnis: „Der Landkreis wird einen Träger/Betreiber von Krankenhäusern suchen, der gewillt und geeignet ist, operative und strategische Verantwortung bei Führung und Betrieb der Kreisklinik Wolfratshausen gGmbH zu übernehmen (einschließlich ggf. Übernahme Mehrheitsanteil).“ Zwar hat der Kreistag die Betreibersuche zwischenzeitlich auf Eis gelegt, vom Tisch ist das Thema damit aber noch lange nicht. Und bei den Krankenhausbetreibern im Umkreis setzt das Grübeln ein, ob man sich in Wolfratshausen engagieren möchte. Auch bei der Krankenhaus Weilheim-Schongau GmbH?

Kreisklinik Wolfratshausen: „Wir würden das prüfen“

Deren Geschäftsführer Thomas Lippmann spricht erstaunlich offen über das Thema: „Es hat uns bisher noch niemand gefragt. Aber wenn eine entsprechende Anfrage aus Bad Tölz kommt, werden wir das genau prüfen.“ Ein „Nein“ hört sich anders an. „Fakt ist, dass das, was in Wolfratshausen passiert, ein Beispiel für die Politik des Bundes ist, der alles daran setzt, kleine Krankenhäuser finanziell unter Druck zu setzen“, so Lippmann.

Die Situation sei ganz ähnlich derjenigen, die er vor sieben Jahren vorfand, als er Geschäftsführer in Weilheim und Schongau wurde. „Das Krankenhaus in Wolfratshausen wurde in den vergangenen Jahren schwachgespart“, so Lippmann. Dafür könnten weder das ärztliche, noch das Pflegepersonal etwas. „Aufgrund der mangelhaften finanziellen Ausstattung haben wir in Wolfratshausen eine Klinik ohne Konturen, die keine medizinischen Highlights und Alleinstellungsmerkmale anzubieten hat.“ Der Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen hätte sicher kräftig investieren müssen, um die Kreisklinik zukunftsfähig aufzustellen. Genau das wäre eine denkbare Variante, die Lippmann dem Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen unterbreiten würde: Wenn gewünscht, würde die Krankenhaus Weilheim-Schongau GmbH in Wolfratshausen einsteigen, „um die Kommunalität in der Region zu stärken“. Sprich, um zu verhindern, dass sich private Träger wie Asklepios, der schon das Krankenhaus in Bad Tölz betreibt, weiter ausbreiten.

Landkreis schießt bis zu 15 Millionen Euro pro Jahr für Krankenhäuser zu

Dazu bedürfe es eines klaren Bekenntnisses des Landkreises Bad Tölz-Wolfratshausen, so Lippmann: „Die starke medizinische Entwicklung im Landkreis Weilheim-Schongau hat einzig allein der Landkreis ermöglicht.“ Daher gelte auch in Wolfratshausen: Es gehe darum, das bestmögliche medizinische Angebot umzusetzen. Und wenn dann am Ende des Jahres keine schwarze Null oder ein Gewinn steht, springt der Landkreis ein und übernimmt das Minus. Im Landkreis Weilheim-Schongau schießt der Kreis Jahr für Jahr zwischen 7,5 und 10 Millionen Euro zu – neben einer Investitionskostenpauschale von rund fünf Millionen Euro pro Jahr, die noch obenauf kommt.

Lippmann: „Verkauf des Krankenhauses Penzberg war der größte Fehler“

Fürchtet Lippmann nicht scharfe Kritik aus dem Penzberger Raum? Schließlich hat der Landkreis vor rund zehn Jahren das Krankenhaus Penzberg an das Klinikum Starnberg verkauft und nun will man sich stattdessen in Wolfratshausen engagieren? „Der Verkauf von Penzberg war der größte Fehler, den man machen konnte“, sagt Lippmann deutlich. Das sei vor seinem Dienstantritt über die Bühne gegangen, denn „ich hätte dringend davon abgeraten“. Die Konsequenzen könne man jetzt schon sehen: Das Krankenhaus in Penzberg habe nach dem Verkauf an Starnberg mittlerweile Investitionsbedarf, der Landkreis Weilheim-Schongau habe aber im Kaufvertrag festschreiben lassen, dass es bei Investitionen am Standort Penzberg keinerlei Zuschüsse geben wird – die müssten vom neuen Träger dem Klinikum Starnberg kommen. Über kurz oder lang könnte das zum Problem für Penzberg werden, so Lippmann. Denn das Wettbewerbsumfeld mit den Krankenhäusern in Weilheim, Starnberg, Bad Tölz und Murnau sei hart.

Starnberger Geschäftsführer: „Auslastung in Penzberg besser als in Weilheim und Schongau“

Das wiederum sieht der Geschäftsführer des Klinikums Starnberg, Dr. Thomas Weiler, entschieden anders als sein Kollege aus Weilheim. „Das Krankenhaus in Penzberg läuft sehr gut“, meinte er im Gespräch mit der Heimatzeitung. 4000 Patienten seien im vergangenen Jahr in dem 100-Betten-Haus betreut worden. „Das ist eine recht gute Auslastung, die übrigens über der in Weilheim und Schongau liegt“, so Weiler.

Noch deutlicher wird er, wenn er auf den Investitionsbedarf in Penzberg angesprochen wird: „Als wir vor etwa zehn Jahren Penzberg vom Landkreis Weilheim-Schongau übernommen haben, waren die Operationssäle in einem katastrophalen Zustand“, berichtet er. Daraufhin habe man 12 bis 15 Millionen Euro am Standort in Penzberg investiert. „Vor allem dort, wo es nötig war, wo es der Patient aber nicht mitbekommt“, so Weiler.

Seit 2006 hat der Landkreis Starnberg keinen Cent ans Klinikum überwiesen

Allein 10,5 Millionen Euro seien für die Sanierung der OP´s geflossen, ein neues Blockheizkraftwerk und ein Notstromaggregat sorgen dafür, dass im Krankenhaus auch bei einem Stromausfall nicht die Lichter ausgehen. „Wir haben also die Investitionen in Penzberg getätigt, die der Landkreis Weilheim-Schongau nicht getätigt hat“, so Weiler weiter.

„Sicher werden wir in absehbarer Zeit am Standort in Penzberg mal wieder weißeln müssen und die eine oder andere Ausstattung erneuern“, sagte er weiter. Aber damit, dass der Starnberger Kreistag bei der Investition in Penzberg, das im Nachbarlandkreis liegt, Probleme machen könnte, rechnet er nicht.

Das habe einen ganz einfachen Grund: „Seit 2006 musste der Landkreis Starnberg keinen Cent mehr in das Klinikum Starnberg stecken.“ Nicht nur, dass das Unternehmen kostendeckend arbeite, auch die nötigen Mittel für Investitionen würden erwirtschaftet – im Gegensatz zur Krankenhaus GmbH Weilheim-Schongau.

„Penzberg ist eine extrem attraktive Stadt“

Es gebe keinerlei Überlegungen, den Standort Penzberg aufzugeben. „Penzberg ist eine extrem attraktive Stadt, das Krankenhaus trägt sich selbst.“ Zudem sei die Entscheidung für Penzberg eine strategische gewesen. „Wir wollten den Vormarsch der privaten Träger verhindern. Und das ist auch weiter unser Ziel“, so der Starnberger Geschäftsführer.

Das bedeutet, dass die Entscheidung für den Kauf von Penzberg auch dadurch motiviert war, dass man verhindern wollte, dass der private Träger Asklepios, der schon das Krankenhaus in Bad Tölz betreibt, sich weiter ausbreitet. Demzufolge beobachte man auch die Entwicklungen in Sachen Kreisklinik Wolfratshausen sehr genau, so Weiler. „Wenn diese am Ende an Asklepios gehen würde, wäre das ein Fehdehandschuh in unsere Richtung, den wir nicht unbeantwortet lassen würden.“ Das Klinikum Starnberg betreibt die Geburtenstation in Wolfratshausen im Auftrag des Landkreises.

Also sei das Krankenhaus in Penzberg von strategischer Bedeutung für das Klinikum Starnberg, so Weiler. „Wir behaupten uns gut im Wettbewerb in der Region, die Konkurrenz aus Weilheim ist nicht allzu schlimm“, sagte er. Zudem hätten die Penzberger einen großen Einzugsbereich – sehr viele Patienten aus Geretsried würden nach Penzberg kommen, statt sich im nur wenige Kilometer entfernten Wolfratshausen behandeln zu lassen.

Bei geplantem Großkrankenhaus würden Rückzahlungen in Millionenhöhe drohen

Auch die Gedankenspiele der Weilheimer Landrätin Andrea Jochner-Weiß, die vom Bau eines gemeinsamen Großkrankenhauses träumt, wofür die heutigen Standorte in Weilheim und Schongau aufgegeben werden müssten (wir berichteten), sieht Weiler gelassen.

„Ich glaube nicht, dass das so einfach geht, wie man sich das im Landkreis Weilheim-Schongau vorstellt“, so Weiler. Denn in den vergangenen Jahren wurden rund 50 Millionen Euro in die Generalsanierung des Weilheimer Krankenhaus und ebenfalls erhebliche Beträge in die Sanierung von Schongau investiert. Dabei flossen großzügige Fördermittel vom Freistaat.

„Für diese Fördermittel gilt eine Zweckbindungsfrist von 30 Jahren“, so Weiler. Wenn der Landkreis Weilheim-Schongau nun also in zehn bis 15 Jahren sein neues Zentralkrankenhaus einweihen möchte, „dann muss ein erheblicher Teil der Fördergelder zurückgezahlt werden. Und ob Bund und Freistaat angesichts dieses Umstands bereit sind, schon wieder Geld in einen Neubau zu pumpen, darf bezweifelt werden.“

Lippmann: „Alles Verhandlungssache“

Darin sieht sein Kollege von der Krankenhaus Weilheim-Schongau GmbH, Thomas Lippmann, kein Problem. „Da müssen wir Verhandlungen mit dem Freistaat führen“, sagte er. Die Argumente sehe er auf seiner Seite: „Immer wieder wird von der großen Politik verlangt, dass größere Krankenhäuser entstehen sollen, die kosteneffizienter arbeiten. Wenn wir genau so eine Struktur schaffen wollen, dann kann man sich dem wohl schwer verschließen.“

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