Wohin geht es mit dem Singener Krankenhaus und mit dem Gesundheitsverbund Landkreis Konstanz? Das ist die Frage, die seit Januar 2020 im Mittelpunkt des Berufslebens von Bernd Sieber steht. Seitdem ist er Geschäftsführer des Gesundheitsverbunds GLKN mit seinen Standorten in Singen, Konstanz, Radolfzell, Gailingen und Stühlingen. Und wenn man Sieber nach etwas mehr als einem Jahr nun zuhört, drängt sich das Bild einer Bettdecke auf: Wenn man an einem Zipfel zieht, bewegt sich alles andere auch.

Eines der beherrschenden Themen dabei war die Corona-Pandemie. Die hat ab März 2020 den Betrieb kräftig durcheinander gewirbelt. Während dieser ersten Welle habe man Kapazitäten für Corona-Patienten freigehalten, von denen es aber weniger als erwartet gegeben habe, sagt Sieber: „Ohne den Rettungsschirm wäre das böse ausgegangen.“ In der zweiten Welle seit Herbst 2020 habe man Kapazitäten für Covid-Patienten freigehalten, aber die Krankenhäuser möglichst offen gehalten, weil es weniger Hilfen vom Bund gegeben habe.

Das Singener Krankenhaus auf einem Luftbild vom Mai 2019.
Das Singener Krankenhaus auf einem Luftbild vom Mai 2019. | Bild: Gerhard Plessing

Dies wiederum habe Auswirkungen auf die Wirtschaftlichkeit des Verbundes gehabt. Für das Jahr 2020 habe man mit einem Minus von 11,2 Millionen Euro geplant und werde trotz Corona wohl einen Abschluss in dieser Richtung hinbekommen, sagt der Geschäftsführer: „Die Bundes- und Landesgelder haben geholfen.“ Für 2021 plane der Verbund nun ein Minus von 22 Millionen Euro. Es besteht also Handlungsbedarf. Für Sieber bedeutet das zwei Dinge: „Das zeigt, dass man nicht mit dem auskommt, was die Kassen bezahlen.“ Denn bei diesen Zahlen gehe es nur um den Betrieb, nicht um die Investitionen. Die trage das Land, was fehlt, gleiche der Träger aus. Und Sieber sagt: „Ich habe noch nie in einem Haus mit negativem EBITDA gearbeitet.“ Die Abkürzung steht für das Ergebnis vor Zinsen, Steuern, Abschreibungen und Finanzierungsaufwendungen, also das, was ein Unternehmen selbst erwirtschaftet. Anders gesagt: Dieser Wert muss mindestens ausgeglichen sein.

Ein Gutachten soll helfen, den Gesundheitsverbund neu aufzustellen

Dazu soll ein Gutachten helfen, das der Kreistag in Auftrag gegeben hat. Die Gutachter seien ausgewählt, Ergebnisse erwarte er zum Ende des ersten Quartals 2022. Dann dürfte zum Beispiel die Diskussion um die Standorte wieder in Gang kommen, so Sieber. Bis die Ergebnisse da sind, plant der Verbundchef eine Reihe von Umstrukturierungen, die das Ergebnis verbessern sollen – etwa Geschäftsbereiche mit nur einem Leiter für alle Standorte. Dass es Herausforderungen im Verbund gebe, sei ihm vorher klar gewesen, etwa bei Instandhaltungen oder Organisation. Doch er habe nicht alles vorher gekannt, etwa die strukturellen Finanzprobleme.

Und was sind nun die Gründe für den rapiden Verfall beim wirtschaftlichen Ergebnis? Auch hier gebe es viele Faktoren. Einer davon sei, dass die Corona-Hilfen ausgelaufen seien, die Kosten für Schutzmaterial aber hoch seien. Einen Rückgang bei den stationären Behandlungen oder Sicherheitskräfte für Corona-Kontrollen führte er schon bei früherer Gelegenheit als Gründe an. Derzeit habe das Singener Krankenhaus zwar nicht allzu viele Corona-Patienten (siehe Text unten), doch der Aufwand sei umso höher. So müsse das Personal die volle Schutzkleidung anlegen, um die Patienten zu betreuen.

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Auch der Personalmangel in der Pflege schlage negativ zu Buche, der in der ganzen Branche herrsche. Denn um die Lücken zu schließen, sei man auf Leasingkräfte angewiesen, die den Arbeitgeber das Dreifache von fest angestelltem Personal kosten würden: „Reich wird damit aber nur der Vermittler.“ Der Hintergrund: Die Pflegepersonaluntergrenzenverordnung schreibe vor, wie viele Pflegekräfte pro Fallzahl da sein müssen und sei mit empfindlichen Strafen bewehrt, so Sieber. Dass im Vergleich dazu zu wenig fest angestelltes Personal da sei, haben auch schon Betriebsräte des GLKN bei einer Wahlkampfveranstaltung mit dem SPD-Spitzenkandidaten für die Landtagswahl, Andreas Stoch, angesprochen. Die Vorgaben habe man zwar immer eingehalten, sagt Sieber nun, aber um den Preis, Betten zu sperren und teure Leasingkräfte einzusetzen. „Das effektivste Bettenabbauprogramm der Politik“, lautet Siebers Bewertung. Seine Mission in Sachen Personal: Möglichst viele Pflegekräfte bekommen.

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Dafür wiederum wäre es in seinen Augen wichtig, eine klare Richtung für den Verbund zu haben – zum Beispiel durch Investitionen, die signalisieren, dass etwas getan wird. Für das Singener Krankenhaus hat Sieber eine frohe Botschaft. Der ganze Bereich Geburtshilfe werde neu gemacht, drei Kreißsäle saniert, einer vom Notfall- zum vollwertigen Kreißsaal aufgerüstet, gleichzeitig werde der ganze Bereich klimatisiert. Dieses Jahr soll auch die digitale Patientenakte eingeführt werden und eine Dosiermaschine, die die Medikamente für die Patienten zusammenstellt und in Blister verschweißt – automatisch und ohne Verwechslungsgefahr.

Vom Land würde Sieber sich mehr Steuerung wünschen, statt mit der Gießkanne gleichmäßig zu wenig Geld auszuschütten. Die Ausgangslage für Krankenhausmanager bringt er so auf den Punkt: „Man mischt massiv Plan- und Marktwirtschaft.“