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Finanzen des Klinikverbundes Gesundheit Nord Geldprobleme der Geno erreichen größere Dimensionen

Die Finanzprobleme des Bremer Klinikkonzerns Gesundheit Nord werden zu einer wachsenden Belastung für den städtischen Haushalt. Dabei stehen Bremens Finanzpolitiker auch so schon vor großen Herausforderungen.
06.03.2021, 05:00 Uhr
Lesedauer: 3 Min
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Geldprobleme der Geno erreichen größere Dimensionen
Von Jürgen Theiner

An diesem Sonnabend will der Senat in einer Klausur die Weichen für den Doppelhaushalt 2022/23 stellen. Die Spielräume sind durch coronabedingte Mindereinnahmen stark eingeengt. Wie sehr die Landesregierung unter Druck steht, zeigt nicht nur der Streit, um den Wissenschaftsetat, bei dem spürbare Kürzungen drohen (wir berichteten). Eine weitere Baustelle ist der wirtschaftlich angeschlagene Klinikkonzern Gesundheit Nord (Geno). Dort sind die finanziellen Probleme mittelfristig deutlich größer, als bisher bekannt. Ohne deutlich gesteigerte Zuwendungen der Stadt Bremen ist der Verbund in seiner Existenz bedroht.

In einem internen Papier der Geno hatte die Geschäftsleitung im Februar den Handlungsbedarf bei der wirtschaftlichen Stabilisierung des Klinikkonzerns skizziert. Ziel ist es demnach, bis einschließlich 2025 durch ein ganzes Bündel von Maßnahmen eine Ergebnisverbesserung um insgesamt 111 Millionen Euro zu erreichen. Der Abbau von rund 440 Stellen vornehmlich im ärztlichen Bereich sowie in der Verwaltung ist dabei eine Facette. Weitere Stichwörter sind eine verbesserte Abrechnung gegenüber den Krankenkassen, eine Steigerung der medizinischen Leistungen sowie Einsparungen bei Sachkosten und Leiharbeitsvolumen.

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Als Beispiel, wie schwierig dieses Vorhaben wird, gilt der Personalabbau im ärztlichen Bereich. Geno-Chefin Dorothea Dreizehnter hatte angekündigt, dass hierfür die natürliche Fluktuation genutzt werden soll. Vakant gewordene Stellen würden dann nicht wieder besetzt. Insider bezweifeln, dass ein solcher ungesteuerter Personalabbau praktikabel ist, schließlich müssten Mindestbesetzungen in den Fachabteilungen garantiert werden.

Anderes Beispiel: die Rechnungslegung gegenüber den Krankenkassen. Auf diesem Gebiet hat die Gesundheit Nord in der Vergangenheit viel Geld verschenkt. Erbrachte medizinische Leistungen wurden nicht sauber dokumentiert und konnten deshalb von den Kassen nicht eingefordert werden. Zuletzt gab es auf diesem Gebiet aber deutliche Fortschritte. Kenner der Materie halten das noch verbliebene Verbesserungspotenzial deshalb für recht gering – in keinem Fall bewege es sich bei dem angesetzten Wert von gut 13 Millionen Euro.

Was die angepeilten Einsparungen im Sachbereich angeht, so sind sie zum Teil politisch umstritten oder kosten erst einmal Geld. Das gilt etwa für den Bau einer Sterilisationsanlage für alle vier Klinik-Standorte oder die Zentralisierung der Küchen. Bevor sich über diese Projekte langfristig sparen lässt, müssten jeweils zweistellige Millionenbeträge investiert werden. Dem Vorschlag, die für Küche, Wäscherei und andere nicht-medizinische Leistungen zuständige Geno-Subgesellschaft GND abzuwickeln und so die Lohnkosten zu drücken, hat Gesundheitssenatorin Claudia Bernhard (Linke) bereits eine Absage erteilt. Dem WESER-KURIER sagte sie: „Das ist mit mir nicht zu machen.“

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Unterm Strich gilt deshalb als ungewiss, ob sich die angepeilte Ergebnisverbesserung um 111 Millionen Euro bis 2025 realisieren lässt. Doch das Papier der Geno-Geschäftsführung bringt ganz klar zum Ausdruck: Selbst wenn es gelänge, das Potenzial komplett zu heben, wäre der Verbund noch längst nicht aus dem Schneider. Im genannten Zeitraum müsste die Stadt als Eigentümerin der Geno darüber hinaus rund 100 Millionen Euro an Liquiditätshilfen geben, um die Geno solvent zu halten.

Allein für das Jahr 2022 sind 40 Millionen Euro angesetzt, 2023 weitere 30 Millionen. Dabei sind unumgängliche Modernisierungsvorhaben wie der Neubau des maroden Bettenhauses am Klinikum Links der Weser noch gar nicht berücksichtigt. Die Baubehörde hatte für dieses Problem eine Lösung bis 2024 angemahnt. Der Kostenpunkt liegt bei rund 200 Millionen Euro.

Claudia Bernhard ist sich der Dimension des Problems bewusst. Sie zieht deshalb eine Parallele zu anderen Kommunalgesellschaften, die hohe Zuwendungen erhalten – etwa die BSAG, die zur Erfüllung ihres Nahverkehrsauftrags jährlich rund 50 Millionen Euro aus dem 3,4 Milliarden Euro umfassenden städtischen Haushalt bekommt. „Das ist Daseinsvorsorge, aber das gilt auch die Kliniken“, ist Bernhard überzeugt. Als Eigentümerin der Geno werde sich die Stadt dieser Herausforderung stellen müssen.

Info

Zur Sache

Gesundheit Nord

Der Klinikverbund Gesundheit Nord ist als gemeinnützige GmbH organisiert. 2014 wurden die zuvor rechtlich eigenständigen Häuser in Mitte, Nord, Ost und Links der Weser unter einer gemeinsamen Geschäftsführung zusammengefasst. Der Marktanteil der Geno an der stationären Gesundheitsversorgung in Bremen liegt bei etwa 60 Prozent, der Rest entfällt auf die Krankenhäuser der freien Träger. Die Geno beschäftigt rund 8000 Menschen und ist damit nach Mercedes der größte Arbeitgeber der Stadt. Von den knapp 3000 Betten sollen im Zuge der Sanierungsanstrengungen 250 abgebaut werden.

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