Korridor im Krankenhaus auf Intensivstation (Symbolbild)
Korri­dor im Kranken­haus (Symbol­bild) Bild: © Viktor Levi | Dreamstime.com

Seit Monaten hatten sich die Inten­siv-Pflege­kräfte der Unikli­nik Münster für bessere Arbeits­be­din­gun­gen und mehr Perso­nal auf ihrer Inten­siv­sta­tion einge­setzt. Im Februar dieses Jahres traten sie für einen Beitrag des WDR sogar vor die Kamera. Die Reaktion des Klini­kums: Sie kündigte einem der betei­lig­ten Pflege­kräfte frist­los. Der Fall schlägt nun hohe Wellen: Gegen den Rauswurf gibt es lautstarke Proteste. Die Gewerk­schaft ver.di hat unter­des­sen Kündi­gungs­schutz­klage einge­reicht.

Die Gruppe von 59 Pflege­kräf­ten der Inten­siv­sta­tion hatte im Novem­ber 2020 einen Brand­brief an die Klinik­lei­tung verfasst. Darin beklag­ten sie unhalt­bare Perso­nal-Engpässe. Die derzei­tige Einsatz­pla­nung sei sogar patien­ten­ge­fähr­dend, hieß es darin. Auslö­ser war, dass das Klini­kum seit 1. Oktober vergan­ge­nen Jahres keine Leihar­beits­kräfte mehr einsetze – auch nicht auf der Inten­siv­sta­tion. Im Gegen­teil habe das Klini­kum Inten­siv-Pflege­kräfte sogar zum Einsatz auf andere Statio­nen des Kranken­hau­ses beordert. Als Konse­quenz verba­ten sich die Unter­zeich­ner des Schrei­bens, dass sie das Klini­kum in ihrer Freizeit wegen kurzfris­ti­gen Einsprin­gens anruft. Der Perso­nal­rat der Einrich­tung hatte sich hinter die Initia­tive gestellt.

Beschäf­tigte protes­tie­ren gegen Kündi­gung – Verdi vermu­tet Exempel-Statu­ie­rung als Motiv

Nachdem sich in den Monaten danach nichts Nennens­wer­tes an der Situa­tion geändert hatte, machte die Gruppe einen weite­ren Schritt in die Öffent­lich­keit. In einem Beitrag für die „Lokal­zeit“ des WDR-Studios Münster­land machten sie ihrem Ärger und ihren Sorgen Luft. „Wir haben im Moment Arbeits­be­din­gun­gen, die uns krank machen und unsere Patien­ten gefähr­den“, sagte darin ein Pfleger aus der Gruppe, Jesper Kraut­mann (Name geändert). Die Corona-Pande­mie verstärke die Misere noch: Die zusätz­li­che Auslas­tung der Station führe zu Überstun­den, zeitweise wäre eine Pflege­kraft für 13 Patien­ten verant­wort­lich.

Mittel­fris­tig führten diese Arbeits­be­din­gun­gen dazu, dass Kräfte abwan­der­ten und sich immer weniger Nachwuchs­kräfte für den Beruf begeis­ter­ten, fürch­tete Kraut­mann. Es wäre schon vorge­kom­men, dass Patien­ten aus der Inten­siv­sta­tion entlas­sen wurden, obwohl es sinnvoll gewesen wäre, dass sie noch ein bis zwei Tage verblie­ben wären. Das Kranken­haus hatte dagegen darauf verwie­sen, dass die Perso­nal­stärke immer noch über dem gesetz­li­chen Minimum liege. Zudem habe man den Wegfall der Leihar­beits­kräfte durch Festan­stel­lun­gen zumin­dest teilweise kompen­siert.

In der Zeit nach dem Beitrag griff das Klini­kum zur außer­or­dent­li­chen Kündi­gung. Über die genauen Gründe, auf die sich die Kündi­gung stützt, schweigt sich die Kranken­haus-Leitung aus. Unter­des­sen haben sich Kolle­gin­nen und Kolle­gen solida­risch mit dem gekün­dig­ten Pfleger erklärt und einen Protest­brief verfasst. Man habe nach dem Schritt in die Öffent­lich­keit miter­le­ben müssen, „wie ein geschätz­tes Mitglied unserer Gruppe über mehr als eine Woche hinweg massiv unter Druck gesetzt und letzt­lich außer­or­dent­lich und frist­los gekün­digt wurde“, heißt es in dem offenen Brief. Thomas Meißner, ver.di-Gewerkschaftssekretär im Bereich Gesund­heits­we­sen, vermu­tete, dass die Klinik­lei­tung mit der Kündi­gung ein Exempel statu­ie­ren wolle.

Quelle: WDR, wsws.org, Münster­sche Zeitung, Westfä­li­sche Nachrich­ten