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Neuer Klinik-Chef: "Sollten uns nicht kannibalisieren"

Frank Ohi ist neuer Kaufmännischer Vorstand des Dresdner Uniklinikums. Er tritt mit der Vision eines regionalen Krankenhausverbundes seinen Job an.

Von Sandro Pohl-Rahrisch
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Frank Ohi (45) ist ab 1. April neuer Kaufmännischer Vorstand des Dresdner Universitätsklinikums.
Frank Ohi (45) ist ab 1. April neuer Kaufmännischer Vorstand des Dresdner Universitätsklinikums. © UKD/Christoph Reichelt

Dresden. Das Dresdner Universitätsklinikum bekommt am Donnerstag einen neuen Kaufmännischen Vorstand. Frank Ohi übernimmt die Position. Der Betriebswirt hat in den vergangenen zehn Jahren das Elblandklinikum mit den Krankenhäusern in Radebeul, Meißen und Riesa neu ausgerichtet. Ohi ist 45 Jahre alt und wird das Klinikum zusammen mit dem Medizinischen Vorstand Michael Albrecht leiten. Er beginnt seinen neuen Job mit einer großen Idee. Über diese hat er am Mittwoch mit der SZ gesprochen.

Herr Ohi, in Dresdens Krankenhauslandschaft tut sich zurzeit einiges. Das Städtische Klinikum mit den beiden Häusern Friedrichstadt und Neustadt will sich neu aufstellen. Erzeugt dieser Schritt Druck auf das Uniklinikum?

Natürlich kämpfen wir um Mitarbeiter und Patienten wie alle anderen Krankenhäuser in der direkten Umgebung auch. Ich habe da aber eine besondere Sicht darauf: Ich denke, wir sollten zukünftig nicht das Thema Konkurrenz in den Vordergrund stellen, sondern partnerschaftlich für die Krankenversorgung in Dresden und der Region zusammenstehen – so, wie wir es in der Corona-Krise auch gemacht haben, als Covid-19-Patienten über die Leitstelle am Dresdner Uniklinikum auf die Krankenhäuser im Cluster Dresden-Ostsachsen verteilt wurden. Die kommenden zehn, fünfzehn Jahre sollten wir so gestalten, dass wir uns nicht gegenseitig kannibalisieren.

Warum?

Die Zahl der verfügbaren Fachkräfte auf dem Arbeitsmarkt wird zurzeit eher niedriger. Daher müssen wir kluge Konzepte finden, wie wir auf diese Fachkräfte zugreifen können. Damit betreten wir Neuland. Aber das sollte aus meiner Sicht der Fokus aller Krankenhäuser sein, um die Patienten bestmöglich zu behandeln.

Corona als Ausgangspunkt also, um einen Klinikverbund aufzubauen?

Lassen Sie es mich so formulieren. Unsere Partnerschaft hat sich bewährt. Wir haben in der Krise ein entsprechendes System aufgebaut, das sehr gut funktioniert. Es hat den Praxistest bestanden. So schnell bekommt man einen Krankenhaus-Verbund normalerweise nicht organisiert.

In anderen Ländern ist es durchaus üblich, Patienten vernünftig aufzuteilen. So, dass es für die Krankenhäuser wirtschaftlich sinnvoll ist, aber auch für die Patienten. Diese Überlegung möchten wir jetzt gern anstoßen und weiterdenken, um in den kommenden Monaten vielleicht neue Wege zu gehen. Dazu sind wir schon in Gesprächen, auch mit dem Städtischen Klinikum Dresden.

Wie sehr hat die Corona-Krise denn finanzielle Folgen für das Uniklinikum?

Der Jahresabschluss wird Mitte 2021 veröffentlicht. Aber es ist so, dass wir wirtschaftlich auf dem richtigen Weg durch die Krise sind. Das Haus ist sehr gut aufgestellt, auch durch die Arbeit der Vorstände bisher. Für mich ist das ein guter Startpunkt. Das ist nicht alltäglich in der Krankenhauslandschaft.

Trotzdem mussten viele planbare Eingriffe verschoben werden. Eingriffe, mit denen ein Krankenhaus Geld verdient. Was heißt das für die Mitarbeiter?

Die Krise hat gezeigt: Die Mitarbeiter sind das wichtigste Pfund. Wir müssen schauen, dass wir uns in der Mitarbeiterzahl weiterentwickeln. Die Krise hat uns auch gezeigt, wie unheimlich wichtig es ist, genügend Mitarbeiter in spezialisierten Bereichen zu haben. Dieses Personal zu gewinnen, wird in Zukunft schwieriger. Es wird die Aufgabe der Vorstände sein, die bestmöglichen Bedingungen zu schaffen, Mitarbeiter zu halten und neue Fachkräfte zu akquirieren. Da geht es neben tariflichen Entwicklungen auch um die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, um Ausgleichs-Tage, um Betriebliches Gesundheitsmanagement und so weiter. Das natürlich immer alles im Rahmen der wirtschaftlichen Möglichkeiten.

Keiner weiß, wann die Krise überstanden sein wird. Wie will das Uniklinikum mit dieser wirtschaftlichen Unsicherheit umgehen?

Keiner von uns kann aktuell sagen, wann die Krise vorbei sein wird. Wir müssen deshalb einen Weg finden, zunächst mit ihr zu leben. Es gibt da einige Projekte, unter anderem zur Begleitung von Long-Covid-Patienten. Da geht darum, die Begleiterkrankungen zu behandeln, die Covid-19 auslöst. In diesem Zusammenhang planen wir, Post-Covid-Ambulanzen zu etablieren, die nicht nur akut erkrankte Patienten versorgen, sondern sich auch um die Bedürfnisse jener Patienten kümmern, die nach der Erkrankung noch an unterschiedlichen Symptomen leiden. Da kommt erneut die Verbundlösung ins Spiel. Wir wollen das gern flächendeckend anbieten.

Natürlich habe ich die Hoffnung, dass sich die Krise abschwächen wird. Dass wir in Zukunft ganz ohne Corona arbeiten werden, sehe ich derzeit aber nicht.

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