Keine neuen Behandlungsmethoden im Krankenhaus

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Die Anwendung neuer Behandlungsmethoden im Krankenhaus zulasten der Krankenkassen nach § 137c SGB V war aufgrund der viel kritisierten Rechtsprechung des BSG, trotz aller Versuche des Gesetzgeber für Erleichterungen zu sorgen, mehr als nur problematisch und stellte auch in der praktischen Versorgung der gesetzlich versicherten Patienten ein Problem dar.

In einer aktuellen Entscheidung vom 25.03.2021 hat das BSG seine ursprüngliche strenge Rechtsprechung zumindest teilweise revidiert, gleichzeitig aber neue Hindernisse geschaffen (BSG, Urteil vom 25.03.2021 – B 1 KR 25/20 R -). Die Entscheidung liegt derzeit nur als Terminsbericht vor.

Gegenstand der Entscheidung war wieder einmal die Vergütung von stationär durchgeführten Liposuktionen. Nach dem Vorinstanzen den Vergütungsanspruch des klagenden Krankenhauses zurückgewiesen hatten, hob das BSG die Entscheidungen auf und verwies den rechtstreit an das LSG zurück.

Nach dem BSG scheitert der Anspruch des Krankenhauses nicht schon daran, dass die Liposuktionen im maßgeblichen Zeitpunkt der Behandlung nicht den Anforderungen an das allgemeine Qualitätsgebot des § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V entsprachen. Soweit das BSG außerhalb von Erprobungsrichtlinien für den Anspruch Versicherter auf Krankenhausbehandlungen auch nach Inkrafttreten des § 137c Abs. 3 SGB V an seiner Rechtsprechung festgehalten hat, dass für die dabei eingesetzten Methoden der volle Nutzennachweis im Sinne eines evidenzgestützten Konsenses der großen Mehrheit der einschlägigen Fachleute erforderlich ist (BSG, Urteil vom 24.4.2018 – B 1 KR 13/16 R –; BSG, Urteil vom 8.10.2019 – B 1 KR 3/19 R –), hat das Gericht nun seine entsprechende Rechtsprechung ausdrücklich aufgegeben. Auch das BSG meint nun, dass § 137c Abs 3 SGB V  eine partielle Einschränkung des allgemeinen Qualitätsgebots beinhalte. Dies folge aus dem Wortlaut der Regelung und der Normgeschichte des § 137c SGB V unter Berücksichtigung der Gesetzesmaterialien.

Die Regelung ist nach dem BSG  jedoch mit Blick auf das Qualitätsgebot, an dem sich auch § 137c SGB V insgesamt ausrichtet und das nicht nur der Wirtschaftlichkeit, sondern auch und gerade dem Schutz der Versicherten vor vermeidbaren Gesundheitsgefährdungen dient, restriktiv auszulegen. Versicherte haben vor Erlass einer Erprobungsrichtlinie Anspruch auf die Versorgung mit Potentialleistungen nur im Rahmen eines individuellen Heilversuchs, wenn es um eine schwerwiegende, die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigende Erkrankung geht, wenn keine andere Standardbehandlung verfügbar ist und wenn die einschlägigen Regelungen der Verfahrensordnung des Gemeinsamen Bundesausschusses für die Annahme des Potentials einer erforderlichen Behandlungsalternative erfüllt sind.

Im Ergebnis korrigiert das BSG seine Rechtsprechung zu neuen Behandlungsmethoden nur marginal, weil es offenbar den Inhalt des § 137c SGB V und die entsprechenden Bemühungen des Gesetzgebers nicht mehr vollständig ignorieren konnte. Das nun eingeräumte formale Zugeständnis, wonach § 137c SGB V für neue Behandlungsmethoden Abweichungen vom Qualitätsgebot erlaube, hilft aber in der Praxis nicht weiter, wenn die nun vorgenommene sehr restriktive Auslegung der Vorschrift durch das BSG dazu führt, dass sie letztlich fast auf die Ausnahmevorschrift des § 2 Abs. 1a SGB V zurückgeführt wird. Insbesondere das aufgestellte und inhaltlich verfehlte Erfordernis der fehlenden Verfügbarkeit einer anerkannten Standardmethode wird faktisch dazu führen, dass § 137c SGB V eine Norm ohne Anwendungsbereich bleibt. Daher wird auch die Änderung der Rechtsprechung des BSG für Praxis der Anwendung neuer Behandlungsmethoden keine Bedeutung haben.

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