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Krankenhausreform im Ortenaukreis

Aus Oberkircher Klinik wird ein Zentrum für Gesundheit

Der Ortenaukreis macht Dampf bei seiner milliardenteuren Krankenhausreform. Jetzt ist der Oberkircher Klinikstandort an der Reihe, und der wütende Protest im Renchtal ebbt langsam ab.

Klinikgebäude
Vor der Schließung: Wenn der Kreistag im Mai zustimmt, wird das Oberkircher Krankenhaus noch in diesem Jahr vom Netz gehen. Betroffen sind 110 Mitarbeiter. Bis 2023 entsteht in dem Gebäude ein Zentrum für Gesundheit. Foto: Benedikt Spether

Das Land werde die Agenda 2030 zur Reform der Klinikstruktur im Ortenaukreis wie versprochen fördern. Das versicherte Landrat Frank Scherer in einem Pressegespräch zur geplanten Schließung des Oberkircher Krankenhauses noch in diesem Spätsommer.

Erst kürzlich habe er einen Brief von Sozialminister Manfred Lucha erhalten, in dem dieser handschriftlich an den Rand angefügt habe „Die Geschichte wird gemacht“, so Scherer auf die Frage, was die Zusagen Luchas angesichts der laufenden Koalitionsverhandlungen noch wert seien.

Der Ortenaukreis will bekanntlich, je nach Berechnungsmethode, zwischen einer und eineinhalb Milliarden Euro in seine neue Klinikstruktur stecken. Geplant sind Neubauten in Offenburg und Achern sowie eine Grundsanierung und Erweiterung des Lahrer Hauses, die allein schon einen dreistelligen Millionenbetrag kosten wird.

Die Kritik des Runden Tischs ist nicht gerechtfertigt.
Matthias Braun, Oberbürgermeister

Vor den Neubauten aber stehen Schließungen. Das Haus in Gengenbach ist bereits seit 2019 vom Netz, Oberkirch folgt Ende September 2021, wenn der Kreistag der klaren Beschlussempfehlung des Klinikausschusses von diesem Donnerstag mit einer Enthaltung und drei Gegenstimmen folgt. Und auch Ettenheim wankt, nachdem Umsatzbringerin Charlotte Hase mit ihrem gesamten Team gen Freiburg entschwunden ist.

Geplant ist ein „Zentrum für Gesundheit“ in Oberkirch. Das Votum des Ausschusses – der Beschluss des Kreistags soll im Mai folgen – ist an die Einrichtung einer Notfallsprechstunde und die Installation eines so genannten Durchgangsarztes für Arbeitsunfälle in Oberkirch gekoppelt.

„Ohne diese beiden Punkte geht es nicht“, versicherte Landrat Scherer. Der Kreis lässt sich dies und die Folgenutzung rund zehn Millionen Euro kosten. Die Betten sollen auf die Kliniken in Offenburg und Achern verteilt werden.

Neun von zehn Mitarbeitern in Oberkirch werden bleiben

„Wir rechnen damit, dass wir 90 Prozent unseres Personals behalten“, sagte Klinik-Geschäftsführer Christian Keller. Den Mitarbeitern habe man durchgängig Angebote für eine Weiterbeschäftigung an anderen Standorten gemacht, wo sie dringend gebraucht werden. Der Konzern habe versucht, jedem seinen gewünschten Arbeitsort anzubieten. Für alle Pflegekräfte sei eine Lösung gefunden worden.

Das Oberkircher Haus hatte zuletzt nur noch wenige Patienten, die rund 50 verbliebenen Betten der einzigen dort erhaltenen Abteilung waren etwa zur Hälfte ausgelastet. Oberkirch diente auch, bei Überbelegung, zur Entlastung des Acherner Krankenhauses. Das Defizit von anfangs mehr als drei Millionen Euro im Jahr hatte sich zuletzt deutlich auf etwa 1,4 Millionen Euro absenken lassen.

Personalprobleme immer drängender

Landrat Scherer betonte am Donnerstag, dass die Entscheidung, Oberkirch nun deutlich vor 2030 vom Netz zu nehmen, auch aber nicht in erster Linie von finanziellen Erwägungen getrieben sei.

Als ausschlaggebend nannte er nicht zuletzt Fragen einer optimalen medizinischen Versorgung und die anhaltenden Personalprobleme: „Es kommt immer wieder zu Engpässen, die wir oft mit Leiharbeitskräften kompensieren müssen“. Vor allem die Anwerbung junger Assistenzärzte sei ein fast aussichtsloses Unterfangen, da diese im Zuge ihre Ausbildung große Standorte mit einem möglichst breiten Leistungszentrum bevorzugen.

Genesungsbetten als Übergangslösung in Oberkirch

Der Oberkircher Oberbürgermeister Matthias Braun (CDU), der lange für den Erhalt des Hauses gekämpft hatte, stellte sich hinter die Entscheidung.

Die von den Kreisräten aus dem Renchtal im Dezember 2020 eingebrachten Ergänzungsanträge seien praktisch wörtlich in das Konzept übernommen worden. Man beschreite den Weg zu einem attraktiven Zentrum für Gesundheit, „aber wir wollen weitere Angebot etablieren. Dazu gibt es auch bereits erste Gespräche“.

Braun kritisierte ein Schreiben des Runden Tischs Oberkirch an die Kreisräte, in dem zum Teil falsche Behauptungen aufgestellt würden. So stehe natürlich der Notarzt weiter zur Verfügung, und auch die internistische Versorgung bleibe, anders als behauptet, erhalten: „Wir habe in Oberkirch acht internistische Praxen“. Das Schreiben des Runden Tischs sei „nicht gerechtfertigt“.

Notfallpraxis wird eingerichtet

Geplant sind in Oberkirch unter anderem 44 Pflegebetten, die teilweise als so genannte „Genesungsbetten“ modellhaft für Patienten genutzt werden sollen, die in den Akutkliniken entlassen werden, aber der Nachsorge bedürfen.

Dazu werden ambulante Operationen angeboten, eine Notfallpraxis soll an zwei Stunden täglich zur Verfügung stehen.

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