Die Prüfverfahrensvereinbarung auf dem Prüfstand des BSG – Update

Regelungen zur Unterlagenübersendungsfrist des § 7 Abs. 2 und nachträglichen Rechnungskorrek-turmöglichkeit des § 7 Abs. 5 PrüfvV

Im Nachgang zum gleichnamigen Aufsatz in Heft 12/2020 (S. 79 f.) hat das Bundessozialgericht nunmehr unter dem Datum des 18.05.2021 die Rechtsfragen rund um § 7 Abs. 2 und 7 Abs. 5 PrüfvV beantwortet. Dazu im Einzelnen:

Dr. jur. Jens-Hendrik Hörmann, LL. M.

Dr. jur. Jens-Hendrik Hörmann, LL. M.

Rechtsanwalt
Fachanwalt für Medizinrecht

Rechtsanwalt Dr. Hörmann berät und vertritt Krankenhäuser im Krankenhausrecht, insbesondere zur Vergütung stationärer Krankenhausleistungen, (DRG-Abrechnungen, Fallprüfungen) und hiermit in Zusammenhang stehenden Klageverfahren.

§ 17c Abs. 2 KHG als wirksame Ermächtigungsgrundlage

Zunächst sieht das Bundessozialgericht hinsichtlich beider Fragestellungen die Ermächtigungsgrundlage des § 17c Abs. 2 KHG als ausreichend an. Damit dürfen die Selbstverwaltungspartner – die Deutsche Krankenhausgesellschaft und der GKV-Spitzenverband – in der Prüfverfahrensvereinbarung an die Verletzung von Mitwirkungsobliegenheiten einzelner Beteiligter im Prüfverfahren Rechtsfolgen knüpfen, die auch die Durchsetzbarkeit des Vergütungsanspruchs betreffen. Begründet wird dies insbesondere mit der Intention des Gesetzgebers zur Beschleunigung des Prüfverfahrens und ordnungsgemäßen Abrechnung durch die Krankenhäuser.

§ 7 Abs. 2 PrüfvV

§ 7 Abs. 2 PrüfvV regelt zwar keine materiell-rechtliche Ausschlussfrist, stellt jedoch eine materielle Präklusionsvorschrift dar. Damit ist bei nicht fristgerechter Unterlagenübersendung der Vergütungsanspruch zunächst grundsätzlich weiterhin durchsetzbar, aber ist der Krankenhausträger hinsichtlich jener vom MD konkret und nicht nur pauschal angeforderten, jedoch innerhalb der Frist nicht beim MD zugegangenen Unterlagen, nicht mehr berechtigt, diese für die weitere Darlegung des Vergütungsanspruchs heranzuziehen; diese Unterlagen scheiden als Beweismittel aus. Alle anderen als die angeforderten, jedoch nicht fristgerecht beim MD zugestellten Unterlagen können hingegen weiterhin für die Darlegung und den Beweis des Vergütungsanspruchs herangezogen werden. Diese materielle Präklusionsvorschrift wirkt auch im gerichtlichen Verfahren fort.

Das Bundessozialgericht betont ausdrücklich, dass eine pauschale Unterlagenanforderung durch den MD z.B. zur Vorlage „aller Dokumente, die zur Klärung der Frage beitragen können“ oder „sämtlicher prüfungsrelevanter Unterlagen“ nicht ausreicht, um die Frist des § 7 Abs. 2 PrüfvV in Gang zu setzen. Es bedarf einer spezifischen Abforderung konkreter Unterlagen. Sofern also beispielsweise der Arztbrief und der OP-Bericht angefordert werden und im Übrigen dem Krankenhaus anheimgestellt wird, weitere zur Begründung des Anspruchs nicht konkret benannte Dokumente zu übersenden, sind bei nicht fristgerechter Vorlage lediglich der Arztbrief und der OP-Bericht nicht mehr für die weitere Darlegung und den Beweis des Vergütungsanspruchs heranzuziehen; alle übrigen Dokumente können vom Krankenhaus zur Begründung des Anspruchs wegen der lediglich pauschalen Unterlagenanforderung weiter verwendet werden.

Schlussendlich betont das Bundessozialgericht mit Blick auf die Beschränkung auf den unstreitigen Rechnungsbetrag bei nicht rechtzeitiger Unterlagenübersendung an den MD, dass die Krankenkassen Vergütungsansprüche der Krankenhäuser nicht beliebig strittig stellen können.

§ 7 Abs. 5 PrüfvV

Auch § 7 Abs. 5 PrüfvV beinhaltet keine materiell-rechtliche Anspruchsausschlussfrist, sondern ebenfalls eine materielle Präklusionsvorschrift. Im Rahmen des § 7 Abs. 5 führt dies nach Auffassung des Bundessozialgerichts dazu, dass eine nachträgliche Rechnungskorrektur nach Ablauf von fünf Monaten (PrüfvV a.F.) oder bereits zuvor, sofern das Prüfverfahren durch den MD schneller beendet wurde (PrüfvV n.F.), ausgeschlossen ist, sofern sie Teile des Datensatzes betrifft, der bereits Gegenstand des MD-Prüfverfahrens war. Eine nachträgliche Rechnungskorrektur bleibt zulässig, sofern Teile von Datensätzen betroffen sind, die noch nicht Gegenstand des Prüfverfahrens waren
(z.B. nachträgliche Kodieränderung bei initial lediglich angefragter primärer oder sekundärer Fehlbelegung).

Bei schlichter Umsetzung des MD-Gutachtens durch die Krankenhäuser – sei es hinsichtlich erhöhter, erniedrigter oder gleichbleibender Rechnungsbeträge mit anderer Zusammensetzung – bleibt im Rahmen einer teleologischen Reduktion – mithin einer Einschränkung des überschießenden Wort-
lauts – die nachträgliche Korrektur ebenfalls zulässig. Damit sind jene Fälle, in denen der MDK Höherbegutachtungen vornimmt und Krankenhäuser diese lediglich umsetzen und anschließend Rechnungskorrekturen übermitteln, weiterhin zulässig.

Fazit

Erstmals hat sich das Bundessozialgericht entscheidungserheblich und zugleich richtungsweisend mit zwei der wohl wichtigsten Fristenregelungen der Prüfverfahrensvereinbarung seit ihrem Bestehen beschäftigt. Auf Basis und unter besonderer Beachtung dessen, die Ermächtigungsgrundlage des § 17c Abs. 2 KHG für derart weitreichend anzusehen, dass hieran empfindliche Rechtsfolgen nach Pflichtverletzungen der Beteiligten im Prüfverfahren geknüpft werden können, kann nunmehr hinsichtlich der noch neu zu verhandelnden Prüfverfahrensvereinbarung ab dem Jahr 2022 die Ausgestaltung der (weiteren) Regelungen erfolgen. Dazu sind die Selbstverwaltungspartner bzw. die Schiedsstelle sodann nunmehr berufen.