06.08.2021

Rettungsschirme nicht ausreichend – Gesundheitseinrichtungen leiden in der Pandemie

Scheffold: Wenn nicht nachgesteuert wird, drohen in 2021 Defizite bei 63 % der Krankenhäuser und 73 % der Reha-Kliniken

„Die Pandemie ist noch nicht zu Ende und es ist auch noch zu früh für eine abschließende Bilanz. Eines ist aber jetzt schon klar: Die Geschäftsführer der Gesundheitseinrichtungen im Land halten die Instrumente der Rettungsschirme für 2021 nicht für ausreichend. Dies ergibt sich aus den laufenden Geschäftszahlen. Wenn sich die negativen Erwartungen weiter konkretisieren, muss schnell nachgesteuert werden“, fordert der neue Vorstandsvorsitzende der Baden-Württembergischen Krankenhausgesellschaft (BWKG), Heiner Scheffold, mit Blick auf die zentralen Ergebnisse des BWKG-Indikators 1/2021. Im Rahmen des BWKG-Indikators werden die Geschäftsführer der BWKG-Mitgliedseinrichtungen regelmäßig zu ihrer Einschätzung der wirtschaftlichen Situation und zur Gewinnung von Fachkräften befragt.

„Wenn fast drei Viertel der Reha-Kliniken in 2020 rote Zahlen ausgewiesen haben und das Gleiche für 2021 erwarten, ist das ein Alarmsignal“, so Scheffold weiter. Deshalb habe die BWKG schon in den letzten Wochen vehement auf Verbesserungen beim Reha-Rettungsschirm für 2021 gedrängt. Die Wirkung der jüngst vorgenommenen Verbesserungen müsste eng überwacht werden. „Wenn das nicht ausreicht, sind schnell weitere Hilfen notwendig“, so der Vorstandsvorsitzende, der auch Landrat des Alb-Donau-Kreises ist, weiter. Die Belegung der Reha-Kliniken ist dramatisch eingebrochen, von 88,3 % im Jahr 2019 auf 68,3 % in den ersten fünf Monaten des Jahres 2021.

„Bei den Krankenhäusern haben die Rettungsschirme von Bund und Land die Situation im Jahr 2020 stabilisiert, aber die Erwartungen für 2021 sind sehr negativ“, betont Scheffold. 35,5 % der Krankenhäuser haben das Jahr 2020 mit einem Defizit abgeschlossen. Für 2021 rechnen aber rund 63 % der Krankenhäuser mit roten Zahlen. „Grund hierfür ist der unzureichende Ganzjahresausgleich, der eine viel zu niedrige Auffanglinie hat. Aktuell ist vorgesehen, dass die Krankenhäuser im Jahr 2021 bei 98 % der stationären Leistungen von 2019 aufgefangen werden. Nicht berücksichtigt sind dabei allerdings die Einbußen bei den Privatpatienten und zudem bei den Ambulanzen und anderen Geschäftsfeldern (z.B. Parkhäuser, Cafeteria, ambulante Physiotherapie), die ebenfalls einen wichtigen Beitrag zur Finanzierung des Krankenhausbetriebs leisten. „Als der Rettungsschirm für 2021 konstruiert wurde, bestand noch die Hoffnung, dass die Belegungsrückgänge der ersten Monate des Jahres noch in 2021 ausgeglichen werden können. Aufgrund der Entwicklung der Pandemie ist das für die allermeisten Häuser aber schlicht unmöglich“, erläutert der BWKG-Vorstandsvorsitzende. „Hier sind Nachbesserungen dringend notwendig. Andernfalls ist zu befürchten, dass die Defizite der Krankenhäuser im Land ungebremst steigen. Das darf nicht sein“, ist sich Scheffold sicher.

„In den Pflegeeinrichtungen zeigt sich die Situation mit Defizitquoten von rund 35 % nicht ganz so dramatisch. Dies ist dem Pflegerettungsschirm zu verdanken, der die Aufrechterhaltung der Versorgungsstrukturen unter schwierigen Bedingungen ermöglicht hat“, so der BWKG-Vorstandsvorsitzende. Nach wie vor leiden die Pflegeeinrichtungen aber unter dem Fachkräftemangel. Nahezu neun von zehn Einrichtungen (86%) haben Schwierigkeiten, offene Stellen im Pflegedienst zu besetzen.   

„In der Altenpflege wird es immer wichtiger, auch qualifizierte Hilfskräfte zu haben. Hierzu gibt es eine einjährige Helferausbildung und es wäre eine große Hilfe, wenn diese – wie schon die dreijährige Fachkraftausbildung – solidarisch über einen Fonds finanziert werden könnte“, macht Scheffold deutlich. Momentan werden die ausbildenden Einrichtungen einschließlich deren Bewohnerschaft und Klienten einseitig durch die Ausbildungskosten belastet. „Hier kann das Land tätig werden und den Pflegeheimen mit der Einrichtung eines Ausbildungsfonds schnell helfen“, ergänzt Scheffold.

Auch die Krankenhäuser und Reha-Kliniken kämpfen mit dem Fachkräftemangel: Bei den Krankenhäusern geben 88 % an, dass es schwierig oder eher schwierig ist, Pflegefachkräfte zu finden. Bei den Reha-Einrichtungen sind es mit 97,1 % sogar so viele wie noch nie. „Es muss alles getan werden, um bestehende Ausbildungshemmnisse zu beseitigen“, fordert Scheffold. Hierfür müssten zum einen die Reha-Einrichtungen als ausbildende Einrichtungen zugelassen werden und zum anderen müsse es endlich möglich sein, ambulante Ausbildungsbestandteile auch in den Krankenhausambulanzen abzuleisten. „Mit diesen Verbesserungen könnte das Land viel für die generalistische Pflegeausbildung tun“, so der Vorstandsvorsitzende abschließend.

 

Bei der Umfrage zum BWKG-Indikator befragt die BWKG die Geschäftsführer der Mitgliedseinrichtungen (Krankenhäuser, Reha-Kliniken und Pflegeeinrichtungen in Baden-Württemberg) zu ihrer Einschätzung der wirtschaftlichen Situation und der Arbeitsmarktentwicklung. Normalerweise werden die Geschäftsführer zweimal im Jahr befragt, in 2020 dies aber coronabedingt entfallen. Das Ergebnis des BWKG-Indikators 1/2021 ist als Anlage beigefügt.

 

Ihre Ansprechpartner:

Matthias Einwag
Hauptgeschäftsführer
Tel: 0711 25777-21, einwag@bwkg.de
 

Annette Baumer
Referentin für Presse und Politik
Tel.: 0711 25777-45, baumer@bwkg.de