Rechtsformänderung: Der Kreistag – hier bei der Abstimmung über die Klinikreform Agenda 2030 im Juli 2017 – würde oberstes Entscheidungsgremium bleiben, sollte das Ortenau-Klinikum vom Eigenbetrieb in eine Kommunale Anstalt des öffentlichen Rechts umgewandelt werden. Foto: Archivfoto: Braun

Versorgung: Klinikverbund soll Anstalt öffentlichen Rechts werden

Offenburg - Die Änderung der Rechtsform des Klinikums ist Thema in der heutigen Sitzung des Klinikausschusses. Dafür ausgesprochen hatte sich das Gremium schon, nun geht es um Formalien. Doch was wird sich durch die Transformation eigentlich ändern?

Der Ausschuss hatte sich bereits im Mai dafür ausgesprochen, die Gesundheitsversorgung im Ortenaukreis auf neue Beine zu stellen. Ein Aspekt davon ist die Änderung der Rechtsform des Ortenau-Klinikums, ein weiterer ist die Bündelung und Stärkung der ambulanten Versorgung in einer "zweiten Säule" (siehe Info).

Der Klinikverbund soll in diesem Zuge von einem Eigenbetrieb des Kreises in eine Kommunale Anstalt des öffentlichen Rechts überführt werden. Unsere Zeitung hat ein Pressegespräch mit Landrat Frank Scherer am Montagmorgen zum Anlass genommen, sich die Veränderungen genauer anzusehen.

Was soll sich konkret verändern?

Das geplante Modell sieht vor, die gesundheitspolitischen Zuständigkeiten des Gesundheits- und Klinikausschusses (GKA) auf den Kreistag und die operativen, nicht politischen Angelegenheiten auf einen Verwaltungsrat zu übertragen – der GKA selbst würde überflüssig und aufgelöst. Der Verwaltungsrat würde dann im Gegensatz zum GKA nicht-öffentlich tagen – er könne die Öffentlichkeit jedoch jederzeit herstellen, betonte Landrat Scherer.

Geht damit nicht ein Stück Demokratie verloren?

"Alle politischen Entscheidungen bleiben im Kreistag", versicherte Landrat Frank Scherer am Montag. Verschuldung und Klinikschließungen wären beispielsweise weiterhin Sache des übergeordneten Gremiums. Politische Angelegenheiten würden damit nach wie vor in einem politischen Kreisgremium (Kreistag), operative Angelegenheiten weiterhin in einem politisch besetzten Anstaltsgremium (Verwaltungsrat) entschieden werden. Der einzige Unterscheid sei, dass der Verwaltungsrat nicht-öffentlich tage. "Es erschließt sich mir nicht, wo da der Demokratie-Verlust ist", so Scherer.

Wer wird die Anstalt des öffentlichen Rechts leiten?

Die Geschäftsführung wird in der Kommunalanstalt als Vorstand bezeichnet. Er soll aus dem bisherigen Geschäftsführer (Vorstandsvorsitzender), dem Medizinischen Direktor und dem Pflegedirektor gebildet werden – also Christian Keller, Peter Kraemer und Rick Pieger.

Wie setzt sich der Verwaltungsrat zusammen?

Aus rechtlichen Gründen hat der Landrat einen festen Sitz in dem neuen Gremium, insgesamt 19 weitere Kreisräte sollen aus der Mitte des Kreistags gewählt werden. Für jede Fraktion sind Sitzplätze gemäß ihres Stimmenanteils im Kreistag vorgesehen. Mit am Tisch säßen auch die Mitglieder der Geschäftsführung der Anstalt, zudem eine Vertretung des Gesamtpersonalrats. Darüber hinaus soll die Geschäftsführung der "zweiten Säule" ständiger Gast sein. Die zusätzlichen Mitglieder haben beratende Funktion.

Wieso ist die Linke Liste nicht mit dabei?

Keinen Sitz im Rat hätte die Linke Liste Ortenau – wohl der größte Kritiker der Klinik-Reform –, da sie mit nur zwei gewählten Vertretern keinen Fraktionsstatus besitzt. Das gehe nicht per se gegen die Linken, versicherte Scherer. In allen deutschen Parlamenten sei geregelt, dass Fraktionen gegenüber fraktionslosen Abgeordneten entsprechend ihrer größeren demokratischen Bedeutung auch besonderen Status haben. Mit der nächsten Wahl könne sich die Situation zudem ja schon ändern, so der Landrat.

Was soll die Veränderungen bewirken?

Politische Entscheidungsprozesse sollen künftig effizienter ablaufen, erläutert Scherer – in einem anstatt wie bisher in zwei Gremien. Zudem sollen sich die Kommunalpolitiker so mehr mit "ihrer Klinik" in deren Verwaltungsrat sie sitzen identifizieren können, sie könnten sich so auch besser in die Themen einarbeiten. Der Verwaltungsrat – der dann auch nicht im Landratsamt sondern im Klinikum tagen werde – soll die Klinik-Mitarbeiter motivieren, weil nicht "die Politik da draußen" entscheiden würden.

Ab wann würden die Änderungen greifen?

Wenn der Kreistag die Verwaltung mit der Umsetzung der Rechtsformänderung beauftragen sollte, so bräuchte es eine Bearbeitungszeit von mindestens einem bis eineinhalb Jahren, erläutert Scherer. Der Jahreswechsel 2022/23 sei ein realistischen Zeitpunkt.

Was kostet die Umwandlung?

Konkretes konnte Scherer dazu nicht sagen. Externe Beratung sei bisher jedoch nicht in Anspruch genommen worden, das stehe womöglich für den "Feinschliff" an. Die Juristen der Kreisverwaltung könnten viel übernehmen, steuerrechtliche Beratung gebe es vom Finanzamt. Vieles könne man auch einfach vom Stuttgarter Klinikum übernehmen, das 2018 zur Kommunalen Anstalt öffentlichen Rechts wurde.

Spielt bei dem Schritt die Privatisierung eine Rolle?

Nein, sagt der Landrat, es handele sich um keinen Schritt in Richtung einer Privatisierung. Im Gegenteil: "Es gibt kein stärkeres Bekenntnis zur öffentlich-rechtlichen Struktur", betont Scherer. Durch die Anstalt des öffentlichen Rechts bleibe der Ortenaukreis dauerhaft der kommunale Träger der Klinik.

Der Klinikausschuss hatte dem Kreistag im Mai auch empfohlen, einen Aufsichtsrat für die "zweite Säule" der Gesundheitsversorgung im Kreis zu schaffen. Das betrifft die ambulanten Angebote wie die Medizinischen Versorgungszentren, die nach der Schließung von Kliniken übernehmen sollen – wie beispielsweise in Gengenbach. Zu den Aufgaben des Aufsichtsrats soll die Beratung und Überprüfung der Geschäftsführung gehören. Mitentscheiden soll er, wenn es um die Bestellung von leitenden Ärzten oder die Errichtung oder Schließung von Zweigniederlassungen geht.