Landkreis Aurich - Die geplante Zentralklinik ist im Wahlkampf angekommen: Einige Mitglieder aus der Auricher Politik haben ihre Ablehnung gegen die Zentralklinik erneuert, um die von der Stadt Emden und dem Landkreis Aurich geplante Einrichtung in Georgsheil zu verhindern. Die SPD-Mitglieder Erika Biermann (SPD) und Stefan Scheller (SPD) unterstützen eine Forderung aus der Emder GfE (Gemeinsam für Emden) nach einem dritten Bürgerentscheid zum Bau der Zentralklinik. Eine Mehrheit ist dafür im Emder Stadtrat aktuell nicht in Sicht, ebensowenig im Landkreis Aurich. Für den Auricher SPD-Kreistags- und Stadtratsabgeordneten Wiard Siebels ist das innerhalb seiner Partei eine Einzelmeinung. „Es mag rechtlich gehen, aber es gibt zum aktuellen Zeitpunkt kein Interesse, das Thema neu aufzurollen“, sagte er. Die Planungen für die Zentralklinik seien auch bereits fortgeschritten. 

Die Bindungsfrist für den zweiten Bürgerentscheid 2019 in Emden endete im Mai dieses Jahres. Noch 2019 stimmten 54,75 Prozent der Emder für die Klinik. 2017 waren jedoch 62 Prozent der Emder gegen die Zentralklinik. Die Auricher Kreisbürger sprachen sich schon beim ersten gemeinsamen Bürgerentscheid für die Zentralklinik aus.

Für Biermann und Keller sind die Kosten-Schätzungen für Klinik, Infrastruktur, Kläranlage oder Verkehrsanbindung maßgebend. Ungeklärt bleibe die Frage der Notfallversorgung an den bisherigen Standorten. Scheller ist Mitglied im Ortsrat Brockzetel/Wiesens. Er sieht hier viele Befürworter für den Erhalt der Auricher Klinik, weil der Weg nach Georgsheil viel zu weit wäre. „Und ein Bus nach Georgsheil ist nicht in Sicht. Da hat sich nicht viel getan“, sieht Scheller immer noch Defizite im ländlichen Personennahverkehr

Mit ihrer Skepsis sind Keller und Biermann nicht allein: Richard Rokicki von der Auricher Wählergemeinschaft (AWG) hält Georgsheil als Standort ebenfalls für eine Fehlplanung. Er sieht die Kosten noch weiter davonlaufen, nachdem zunächst von 250 Millionen Euro und aktuell von 650 Millionen Euro Baukosten ausgegangen werde. „Wir landen noch bei einer Milliarde Euro“, orakelt Rokicki, der sich wegen Corona kleine Klinik-Einheiten wünscht.

Reinhard Warmulla von der Linken würde einen neuen Bürgerentscheid ebenfalls begrüßen, wenn es rechtlich möglich sei. Die explodierenden Baukosten sieht Warmulla als „ein Einfallstor für Privatisierung“. Er plädiert zusätzlich für eine internistische und chirurgische Notfallversorgung über 24 Stunden an allen sieben Tagen der Woche in Aurich und Norden. Busverbindungen müssten ausgebaut werden. Die Rückkehr zum Bahnverkehr auf dem Gleis Aurich-Emden, das an der Zentralklinik vorbeiführe, sei wichtig.

Hans-Gerd Meyerholz erklärt für Gemeinsam für Aurich (GfA), dass sich die Mehrzahl der Emder bei einer neuerlichen Befragung gegen die Zentralklinik aussprechen würde. „Eine intensive Zusammenarbeit der drei Häuser in Aurich, Emden und Norden mit Spezialisierung in einzelnen Fachbereichen ist aus unserer Sicht die einzig richtige Lösung“, so Meyerholz. Auch in der Landesspitze sei betont worden, dass die Pandemie ohne kleinere Klinikeinheiten nicht hätte bewältigt werden können. Außerdem würden in Leer oder Wittmund bereits kleinere Kliniken bezuschusst, warum nicht auch in Aurich, Norden und Emden.

Für die Auricher CDU ist das Thema ebenfalls vom Tisch. „Wir können doch nicht immer wieder diskutieren oder gar Bürgerbefragungen durchführen, um festzustellen, dass es dafür keine Mehrheit gibt“, erklärte Arnold Gossel, der im Stadt- und Kreistag ein Mandat hat. Gossel hätte die Zentralklinik gerne in Aurich gesehen. „Letztlich war doch zu entscheiden zwischen der sicherlich schmerzhaften wirtschaftlichen Schädigung der Städte Aurich, Norden und Emden und der Gesundheitsversorgung unseres ganzen Landkreises und Emden, ja sogar von ganz Ostfriesland. Der Standort Georgsheil ist deshalb ein - schmerzhafter- Kompromiss.“ Die Fragestellung müsse nun nicht sein, „wie kann ich die Zentralklinik verhindern, sondern wie können wir das Projekt zu einem großen Erfolg verhelfen“, betonte Gossel. Die Grünen wollen sich in der Frage noch einmal abstimmen, sagte die Rats- und Kreistagsabgeordnete Gila Altmann.

Günther Meyer
Günther Meyer Ostfriesland-Redaktion/Aurich