Die finanzielle Lage des Gesundheitsverbunds Kreis Konstanz (GLKN) ist schlecht und das liegt nicht allein an wirtschaftlichen Verlusten durch die Pandemie. 2020 schließt der GLKN erneut mit einem Defizit von 9,8 Millionen ab. Für Geschäftsführer Bernd Sieber ist klar, dass es so nicht weitergehen kann. Ein Gutachten, das Vorschläge zu Strukturveränderungen bringen soll, ist in Arbeit. Wie stellt sich die Lage im Moment dar?

Wie hoch fällt das Defizit aktuell aus?

Für das Jahr 2020 liegt der Verlust bei 9,8 Millionen Euro. Den Liquiditätsbedarf für 2022 schätzt Bernd Sieber auf eine Summe von 13 bis 15 Millionen Euro. „Die Summe hängt noch davon ab, wie die Rettungsschirme, die die Bundesregierung bereits für das erste Jahr der Pandemie bereitgestellt hatte, gelegt werden.“ Der Kreis Konstanz müsste bereit sein, den Verlustbetrag zu decken.

Schon 2019 gab es hohe Verluste. Was ist seither geschehen?

Bei einer Aufsichtsratssitzung entwickelten die Beteiligten mehrere Vorschläge, innerhalb des bestehenden Systems Einsparungen vorzunehmen, berichtet Sieber. Dabei sei ein Einsparpotenzial von etwa einer Million Euro erarbeitet worden. Zum einen ist die Sterilgutversorgung betroffen. Bislang wird an den Standorten Konstanz und Radolfzell jeweils eine vorgehalten. Das soll geändert werden. „Wir haben nun eine große Abteilung zur Sterilgutversorgung in Konstanz geschaffen“, erläutert Sieber. Das spare aktuell noch kein Geld, habe aber den Vorteil, dass man in Zukunft nicht mehr zweimal in Geräte investiere.

Beim Pressetermin  erläutert Geschäftsführer Bernd Sieber die wirtschaftliche Lage des Gesundheitsverbunds.  Bild: Kerstin Steinert
Beim Pressetermin erläutert Geschäftsführer Bernd Sieber die wirtschaftliche Lage des Gesundheitsverbunds. Bild: Kerstin Steinert | Bild: Steinert, Kerstin

Wo gibt es außerdem Einsparmöglichkeiten?

Ein zweiter Bereich ist die Versorgung mit Essen. In Zukunft soll voraussichtlich nur noch am Standort Singen eine Küche betrieben werden. „Sie wird die übrigen Standorte mitversorgen“, sagt Sieber. Gespräche dazu sollen demnächst stattfinden. Außerdem werden an den Standorten Singen und Konstanz jeweils Labore vorgehalten. „Sie bleiben erhalten. Bisher weisen sie aber eine heterogene Struktur auf, die wir vereinheitlichen wollen.“ Das habe den Vorteil, dass man eine wechselseitige Ausfallsicherheit schaffen könne und Wartungskosten einspare.

Ein Strukturgutachten ist in Auftrag gegeben. Wann sind Ergebnisse zu erwarten und wie sieht der Zeitplan aus?

„Die Entscheidungsfähigkeit der Geschäftsführung ist durch die Ergebnisse extrem eingeschränkt“, sagt Sieber. Deshalb habe sie ebenso wie der Landkreis als wichtigster Gesellschafter ein hohes Interesse daran, dass rasch gehandelt werde. Der Kreis hat bereits eine Erhöhung der Kreisumlage beschlossen, die Sanierung drängt also. Auch zur Grundsatzfrage, ob der Gesundheitsverband sanierungsfähig sei, liege noch kein Ergebnis vor. Geplant ist aber, dass das Gutachten im Frühjahr 2022 abgeschlossen und dem Kreistag vorgelegt wird.

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Welchen

Anteil an der Finanzmisere hat die Pandemie, welcher Anteil ist strukturbedingt?

Große Teile der jetzigen Problemlage sind auf Altlasten aus der Neuaufstellung des Gesundheitsverbunds im Jahr 2011 zurückzuführen. Es gebe einen Investitionsstau, der sich an allen Standorten zeige. In Singen, Radolfzell, Engen, Stühlingen und Gailingen hätten alle Gebäude Instandhaltungsbedarf. „Ohne Investitionen wird eine Sanierung nicht möglich sein“, sagt Sieber. Die Pandemie habe ebenfalls einen großen Anteil. Die Materialkosten seien in der Pandemie drastisch gestiegen. „Das wurde durch Rettungsschirme abgedeckt, aber die Preise sind ja nicht gesunken seither.“ Ein weiterer Faktor sei, dass Patienten ihre Eingriffe aus Angst vor einer Ansteckung verschieben. Das schaffe ein großes wirtschaftliches Problem.

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Wie sieht die Lage bei den Pflegekräften aus?

Bernd Sieber sieht beim Pflegepersonal momentan keine größere Kündigungsbereitschaft als vor der Pandemie. Fakt ist aber: Etwa zehn Prozent der Betten können wegen des Personalmangels nicht betrieben werden, das sind 100 Betten. „Wie an allen deutschen Kliniken haben auch wir Fachkräftemangel“, bestätigt Carmen Passe, Pflegedirektorin am Standort Konstanz. Generell sei die Lage besser als an anderen Standorten, die Ausbildung im eigenen Haus helfe dabei. Die Anspannung wegen der vierten Corona-Welle sei beim Personal zu spüren, aber auch wegen der wirtschaftlichen Lage des GLKN. Dennoch sei der Krankenstand aktuell in Anbetracht der Jahreszeit und der Pandemie im normalen Rahmen. Es sei natürlich nötig, beim Personal vorzusorgen. „Wir werben weiter Fachkräfte aus dem Ausland an und denken auch daran, pflegeentlastende Maßnahmen zu erweitern. In der Diskussion ist beispielsweise die Schaffung eines Aushilfspools.“