Wie reagiert die Belegschaft im Klinikum Links der Weser darauf, dass erstmals offiziell eine Schließung ihres Krankenhauses zur Diskussion steht?
Roman Fabian: Die kürzlich bekannt gewordenen Zukunftsszenarien der Gesundheitssenatorin beinhalten von der Schließung über den Erhalt einer Grundversorgung bis hin zum Neubau drei Optionen. Und wir als Betriebsrat hatten im Vorfeld zwar die Gefahr einer Schließung gewittert, sind aber nun doch entsetzt darüber, dass ausgerechnet eine linke Senatorin das überhaupt ins Auge fasst: die Abwicklung eines gut laufenden Krankenhauses, das seit Jahrzehnten schwarze Zahlen schreibt. Die Kuh, die Milch gibt, schlachten zu wollen, ist schändlich.
Aus den Stadtteilparlamenten links der Weser gab es in den vergangenen Monaten die klare Forderung nach einer Bestandsgarantie für die Klinik. Glauben Sie daran, dass Ihr Krankenhaus mit lokalpolitischer Unterstützung zu retten ist?
Ich glaube ganz fest an eine Zukunft mit der Klinik, und die Beiräte sehen das auch so. Unsere Dachgesellschaft Gesundheit Nord (Geno) kann nicht einfach ihr leistungsfähigstes Krankenhaus schließen, das sollte doch klar sein. Ich erwarte jetzt von den Landesparteien und vom Senat endlich ein deutliches Bekenntnis zum Standort, um größeren Schaden abzuwenden. Denn ohne Planungssicherheit bekommen wir schon bald Probleme, neues Personal anzuwerben. Es ist doch totaler Quatsch, zu denken, man spart mit einer Schließung 200 Millionen Euro Investitionskosten, die für einen Neubau veranschlagt werden.
Sondern?
Man muss die hohen Folgekosten einer Schließung mit einrechnen, um Fachkapazitäten an andere Standorte zu verlagern. Man muss sich außerdem genau anschauen, dass auch an den Standorten Nord und Ost ebenfalls hohe Investitionen nötig sind. Und wir müssen dringend die sehr wahrscheinliche Abwanderung von Fachkräften betrachten. Viele Pflegekräfte schätzen das gute Betriebsklima bei uns und werden sich nicht zwingen lassen, in Mitte oder an anderen Standorten zu arbeiten. Die wandern dann ab und werden der Geno dauerhaft fehlen.
Aber die Geno muss dringend sparen, und Bremen hat auch kein Geld. Wenn alle Kliniken nur ihren eigenen Standort retten wollen, kommt man wohl nicht weiter.
Ich will jetzt keine Neiddiskussion aufmachen, aber wenn überlegt wird, in der Innenstadt Häuser neben der Glocke zu kaufen, scheint noch etwas Geld vorhanden zu sein. Und ja, natürlich gibt es bei uns am Krankenhaus Investitionsbedarf, aber wir als Betriebsrat sind der Überzeugung, dass keine 200 Millionen nötig sind, sondern man unser Haus für deutlich weniger Geld auch sanieren kann. An der Klinik Herford kann man sich anschauen, dass so etwas funktioniert. Wir brauchen jetzt dringend ein vernünftiges Gesamtkonzept für alle Bremer Kliniken anstatt nur einzelne Standorte herauszugreifen.
Roman Fabian ist Betriebsratsvorsitzender am Klinikum LdW und für die Linkspartei Mitglied im Obervielander Beirat.
Das Investorenmodell, nach dem privates Geld für einen Neubau geflossen wäre, taucht in den Optionen der Gesundheitssenatorin nicht auf. Wie steht die Belegschaft dazu?
Wenn tatsächlich kein Geld da ist und jemand anders anbietet, das Geld zur Verfügung zu stellen, muss das doch wenigstens ernsthaft geprüft werden. Eine Option, die uns retten würde, einfach abzulehnen – das haben wir nicht verdient. Wir wissen um die Abneigung von Senatorin Bernhard gegen Partnerschaften mit der Privatwirtschaft, aber das ist in diesem Fall ideologischer Schnupfen. Denn an anderer Stelle toleriert sie derartige Modelle bei der Geno bereits.
Was würde denn aus Ihrer Sicht als Obervielander Beiratsmitglied für den Stadtteil wegbrechen, sollte es tatsächlich zu einer Schließung kommen?
Zunächst einmal verschlechtert sich natürlich die wohnortnahe, gesundheitliche Versorgung. Wir haben bei uns im Stadtteil beispielsweise nur eine einzige kinderärztliche Praxis. Wir dürfen auch die Innere Medizin nicht verlieren, und wir brauchen weiterhin eine Notfallversorgung. Und ein starkes geriatrisches Angebot wird ebenfalls benötigt, immerhin gibt es bei uns im Stadtteil ein außergewöhnlich großes Engagement für demenzkranke Menschen.
Und jenseits der medizinischen Versorgung?
Wir würden unsere größte Arbeitgeberin im Stadtteil verlieren und damit ganz viel Kaufkraft. Und wenn man den Blick weitet auf das Stadtgebiet links der Weser, muss auch geografisch klar sein, dass das linke Weserufer und das angebundene niedersächsische Umland eine gute Versorgung brauchen. Das Rote Kreuz Krankenhaus kann das nicht auffangen. Ich erwarte von Parteien und Senat, dass sie den schleichenden Rückzug von Infrastruktur im Bremer Süden endlich stoppen. Das fängt mit Filialen von Sparkasse und Post an und steigert sich jetzt womöglich bis hin zur Schließung des einzigen städtischen Krankenhauses. Die Geburten finden statt – so oder so. Ich will nicht, dass Kinder nun häufiger im Stau auf einer Weserbrücke zur Welt kommen.
Der Obervielander Beirat wird Anfang 2022 einen Runden Tisch zur Zukunft am Klinikum Links der Weser starten. Ist das nicht zu spät?
Nein, es ist genau der richtige Zeitpunkt. Alle Beteiligten müssen dringend miteinander reden, das hat in letzter Zeit viel zu selten stattgefunden. Es müssen endlich die Kriterien auf den Tisch, weshalb man die eine Klinik infrage stellt und die andere nicht. Ich bin mir sicher: Wenn man alle Faktoren vernünftig auswertet, ist die Abwicklung vom Tisch und man stellt fest, dass man weiterhin alle vier kommunalen Kliniken dringend benötigt. Diese Diskussion muss unbedingt geführt werden anstatt ein Krankenhaus mit großer Intensivstation mitten im Fachkräftemangel und laufender Pandemie in die Enge zu treiben.