Musterzimmer im Klinik-Neubau. Wegen Corona blieben 2021 viele Betten leer. Foto: Rath

Stehen die Krankenhäuser Landkreis Freudenstadt vor dem finanziellen Corona-Kollaps? Landratsamt und Kreistag schlagen Alarm.

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Kreis Freudenstadt - Der Kreistag verabschiedete am Montag eine Resolution an Bund und Land, einstimmig. Unmissverständliche Botschaft: Die Intensivstationen stehen vor der Überlastung und die Krankenhäuser mit dem Rücken an der Wand. Davon seien zwei Drittel aller Kliniken im Land betroffen.

9,6 Millionen Euro Verlust

Der Landkreis könne den Verlust seiner Krankenhäuser Landkreis Freudenstadt (KLF) gGmbH nicht alleine auffangen. Ohne ausreichend Geld aus einem Hilfsprogramm drohe die Pleite der ohnehin chronisch unterfinanzierten KLF. "So geht es nicht weiter", sagte Landrat Klaus Michael Rückert.

Hintergrund: Corona trieb die Kosten in die Höhe, auf der anderen Seite fielen viele andere Behandlungen und damit Einnahmen weg. "Wir erwarten aufgrund der anhaltenden Corona-Lage für 2021 das größte operative Defizit in der Geschichte unseres Krankenhauses", heißt es in dem Positionspapier. Ohnehin pumpe der Kreis 5,6 Millionen Euro in diesem Jahr in die KLF. Jetzt sei der Zuschussbedarf auf 9,6 Millionen Euro gestiegen. "Das ist für uns nicht leistbar."

Investitionen in Neubau

Derzeit erhält das Kreiskrankenhaus Freudenstadt einen Teilneubau für 90 Millionen Euro, wovon der Kreis 36 Millionen selbst aufbringen muss. Zwar sollen die Abläufe in einer modernen Klinik besser werden und die laufenden Kosten dadurch sinken. Aber alleine diese Investition bringe den kleinen Landkreis an den Rand seiner finanziellen Leistungsfähigkeit.

Im vorigen Jahr fuhr die KLF wegen Corona ebenfalls in die tiefroten Zahlen (wir berichteten). Allerdings glichen Bund und Land das Minus aus. Wie es in diesem Jahr aussieht, scheint noch unklar: Zwar spanne das Land ebenfalls einen Rettungsschirm für die Kliniken auf. Diesmal sollen laut Rückert aber erst mal die Landes- und Unikliniken abgesichert werden. Was danach noch im Topf sei, solle zur Rettung der kommunalen Häuser eingesetzt werden.

Viele Eingriffe verschoben

Damit will sich der Kreis Freudenstadt jedoch nicht zufrieden geben. "Das Land hat die Krankenhäuser dazu angewiesen, 40 Prozent ihrer Intensivbetten zur Behandlung von Covid-19-Patienten vorzuhalten", heißt es in der Resolution weiter. Deshalb hätten Operationen abgesagt und planbare Eingriffe verschoben werden müssen, was zu weiteren Einnahmeausfällen geführt habe. Auch der Bund müsse sein Versprechen einlösen, dass kein Krankenhaus durch die Pandemie schlechter gestellt werden dürfe.

Klausur im neuen Jahr

Über die Krise hinaus müssten Bund und Land "die Attraktivität von Klinikberufen und deren Arbeitsbedingungen" dauerhaft verbessern sowie die Klinikfinanzierung neu ordnen. Das Land müsse seiner Verpflichtung einer "ausreichenden Investitionskostenfinanzierung" nachkommen. Sonst könnte die angestrebte Digitalisierung der Medizin nicht finanziert werden. Die bislang landesweit dafür vorgesehenen fünf Millionen Euro sei "ein Tropfen auf den heißen Stein".

Kreistag und Verwaltung wollen Anfang nächsten Jahres in Klausur gehen, um zu besprechen, wie es mit der KLF grundsätzlich weitergehen soll.