L 8 KR 722/18

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
1. Instanz
SG Kassel (HES)
Aktenzeichen
S 12 KR 546/17
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 8 KR 722/18
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 1 KR 30/21 B
Datum
Kategorie
Urteil

Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Kassel vom 5. November 2018 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert wird endgültig auf 3.324,54 € festgesetzt.

Tatbestand

Im Streit steht die Vergütung der stationären Behandlung der bei der Beklagten gesetzlich krankenversicherten C. C. (C.) vom 20. März bis 10. April 2017 in dem von der Klägerin betriebenen Krankenhaus in A-Stadt.

Hierfür wurde der Beklagten von der Klägerin am 20. April 2017 unter anderem auf der Grundlage der Fallpauschale (Diagnosis Related Groups – DRG) A13F (Beatmung mehr als 95 Stunden, ohne bestimmte OR-Prozedur, ohne komplizierte Konstellation, ohne intensivmedizinische Komplexbehandlung), welche aus der Kodierung des u.a. in Ansatz gebrachten Operationen- und Prozedurenschlüssel (OPS) 8-98f.11 (Aufwendige intensivmedizinische Komplexbehandlung [Basisprozedur]…) resultierte, ein Gesamtbetrag von insgesamt 19.350,71 € in Rechnung gestellt. Der Rechnungsbetrag wurde von der Beklagten zunächst vollumfänglich beglichen. 

Am 4. Mai 2017 wurde im Auftrag einer anderen Krankenkasse ein Gutachten vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) zu den strukturellen Mindestanforderungen des OPS-Kodes 8-98f auf der Grundlage einer Prüfung im Krankenhaus der Beklagten am 12. April 2017 erstattet. Danach sei dort das Mindestmerkmal des OPS-Kodes 8-98f „24-stündige Verfügbarkeit folgender Verfahren im eigenen Klinikum: …Radiologische Diagnostik mittels CT, DSA oder MRT“ nicht erfüllt. Diesbezüglich sei im Gebäude des Krankenhauses die überörtliche radiologische Gemeinschaftspraxis D. ansässig, die für das Krankenhaus die radiologische Diagnostik erbringe. Bereits am 17. September 2013 habe das DIMDI (Deutsches Institut für medizinische Dokumentation und Information) auf eine frühere Anfrage u.a. hinsichtlich des Verfahrens der radiologischen Diagnostik mittels CT, DSA oder MRT mitgeteilt, dass diese Bedingung des OPS-Kodes nicht durch eine Kooperation mit anderen Kliniken gewährleistet werden könne. Zur Klärung der Frage, ob die im Wortlaut des OPS 8-98f aufgezählten diagnostischen und therapeutischen Leistungen im Rahmen der Komplexbehandlung auch anzurechnen seien, wenn "im eigenen Klinikum" keine eigene Fachabteilung oder Funktionsabteilung bestehe, habe man am 20. Mai 2016 nochmals eine Anfrage an das DIMDI gestellt und von diesem als Antwort erhalten, dass das entsprechende Mindestmerkmal der radiologische Diagnostik nicht erfüllt sei, wenn die Praxis oder ein MVZ rechtlich nicht direkt zum eigenen Klinikum gehöre. Da diese Mitteilung bezüglich an einer Klinik ansässiger Praxen bzw. MVZ nicht eindeutig gewesen sei, habe sich der MDK aktuell erneut an das DIMDI gewandt und am 19. April 2017 die Antwort erhalten, dass die 24-stündige Verfügbarkeit "im eigenen Klinikum" voraussetze, dass die dort aufgeführten Verfahren auch organisatorisch zu dem Klinikum gehörten und eine radiologische Praxis in einem Klinikum diese Bedingungen nicht erfülle. Insoweit seien am Standort A-Stadt der Klägerin die strukturellen Mindestanforderungen zur Kodierung des OPS-Kodes 8-98f seit dem 1. Januar 2016 nicht erfüllt. 

Mit Zahlungsavis vom 27. Juni 2017 verrechnete die Beklagte einen Teilbetrag i.H.v. 3.324,54 € mit unstreitigen, anderweitigen Vergütungsforderungen der Klägerin, so dass von dem ursprünglichen Rechnungsbetrag i.H.v. 19.350,71 € lediglich ein Teilbetrag in Höhe von 16.026,17 € beglichen wurde.

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Klage vor dem Sozialgericht Kassel vom 13. Oktober 2017. Die Sichtweise des MDK zur Auslegung des Mindestmerkmals "24-stündige Verfügbarkeit …im eigenen Klinikum“ sei zu eng. Die zu Grunde liegende Stellungnahme des DIMDI vom 19. April 2017 enthalte keine Begründung und habe keinen rechtlich verbindlichen Charakter. Das DIMDI stelle lediglich die Aussage in den Raum, dass die im OPS-Kode 8-98f aufgeführten Verfahren auch organisatorisch zu dem Klinikum gehören müssten. Warum dies der Fall sein solle, lasse das DIMDI offen. Die Hinzuziehung der überörtlichen radiologischen Gemeinschaftspraxis D. zur Leistungserbringung im Klinikum der Klägerin am Standort A-Stadt bedeute eine enge organisatorische Einbindung in die Krankenhausbehandlung. Der OPS-Code 8-98f stelle ausschließlich auf "Verfahren" ab und habe keinen Personenbezug. Eine Hinzuziehung von niedergelassenen Ärzten werde zur Durchführung der radiologischen Diagnostik im OPS-Kode 8-98f dort bereits dem Wortlaut nach nicht ausgeschlossen. Maßgeblich sei, dass das Verfahren im Krankenhaus selbst ("im eigenen Klinikum") durchgeführt werden könne. DSA, CT und MRT befänden sich mit Standortbindung im Hauptgebäude des Klinikums in A-Stadt. Die Praxisräume befänden sich im Hauptgebäude des Klinikums in unmittelbarer Nähe zur Notaufnahme, zur Intensivstation und zum Herzkatheter-Labor. Das Klinikum der Klägerin halte somit am Standort A-Stadt die entsprechenden Ressourcen hierfür vor, so dass die radiologische Diagnostik "im eigenen Klinikum" erfolge. Der OPS 8-98f enthalte selbst keine Definition des Begriffs "Verfügbarkeit im eigenen Klinikum". Im Rahmen anderer OPS-Kodes bedeute "verfügbar", dass binnen 30 Minuten die erforderliche Maßnahme durchgeführt werden müsse bzw. ein Kooperationspartner innerhalb dieser Zeitspanne einsatzbereit sein müsse. Daher könne die Verfügbarkeit auch als Leistungserbringung durch niedergelassene Ärzte bei kurzfristiger Einsatzbereitschaft im Klinikum der Klägerin am Standort A-Stadt gegeben sein. Nach objektiver Beurteilung sei daher das hier streitige Mindestmerkmal des OPS 8-98f als erfüllt anzusehen und der Zahlungsanspruch der Klägerin begründet. Im Übrigen sei die Aufrechnung nicht wirksam erfolgt, da sie den Vorgaben des § 10 Prüfverfahrensvereinbarung (PrüfvV) 2017 nicht genüge. Entgegen § 10 S. 2 PrüfvV 2017 habe die Beklagte zwar den Erstattungsanspruch, nicht aber den Leistungsanspruch, mit dem aufgerechnet werden sollte, genau benannt. Das Zahlungsavis der Beklagten liste eine Vielzahl von Behandlungsfällen, Rechnungsdaten und -beträgen auf. Der Aufstellung lasse sich aber nicht ohne weiteres entnehmen, welche Leistungsansprüche im Einzelnen unstreitig und welche streitig seien. Dies genüge nicht der Vorgabe des § 10 S. 2 PrüfvV 2017, den unstreitigen Leistungsanspruch, mit dem der Erstattungsanspruch aufgerechnet werden solle, genau zu benennen. Deshalb sei die von der Beklagten vorgenommene Aufrechnung auch mangels hinreichender Bestimmtheit unwirksam.

Mit Gerichtsbescheid vom 5. November 2018 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der OPS-Kodes 8-98f sei vorliegend nicht erlösrelevant, da die Klägerin nicht die Strukturvoraussetzungen erfülle, um den OPS-Kodes 8-98f kodieren zu können. Als Mindestmerkmal des OPS 8-98f werde bereits begriffsnotwendig eine "eigene", also von der Klägerin an ihrem Standort in A-Stadt in Eigenregie selbst geführte Radiologie vorausgesetzt. Ein rein örtlicher Bezug sei hierzu nicht ausreichend. Die von der Klägerin angeführten Beispiele in anderen OPS-Kodes rechtfertigten es nicht, einen örtlichen Bezug ausreichen zu lassen. Von einer Übertragungsmöglichkeit auf einen Kooperationspartner oder einer 30minütigen Erreichbarkeit sei hier ausdrücklich keine Rede. Die Voraussetzung "im eigenen Klinikum" sei nur so zu verstehen, dass die Klinik die Radiologie zur erlösrelevanten Kodierung des OPS 8-98f unter ihrer Federführung als eigenen Betriebsteil selbst vorhalten müsse. Damit habe die Klägerin den OPS 8-98f zu Unrecht erlösrelevant kodiert, mit der Folge der von der Beklagten insoweit festgestellten Überzahlung in Höhe von 3.324,54 €. Insoweit habe der Beklagten in der vorgenannten Höhe ein entsprechender öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch zugestanden, der sie zur erfolgten Aufrechnung berechtigt habe.  Die weiteren unstreitigen Vergütungsansprüche der Klägerin und die von der Beklagten aufgerechneten öffentlich-rechtliche Erstattungsansprüche seien gegenseitig und gleichartig, die öffentlich-rechtlichen Erstattungsansprüche fällig und die weiteren Vergütungsansprüche der Klägerin auch erfüllbar gewesen. Die PrüfvV komme nicht zur Anwendung, da es sich bei einer Strukturprüfung nicht um eine Auffälligkeitsprüfung nach der PrüfvV handele.

Gegen den ihr am 9. November 2018 zugestellten Gerichtsbescheid wendet sich die Klägerin mit der Berufung vom 4. Dezember 2018.

Die Klägerin ist weiterhin der Ansicht, dass der OPS 8-98f ausschließlich auf „Verfahren“ abstelle und keinen Personenbezug habe, sodass die Hinzuziehung von niedergelassenen Ärzten zur Durchführung der radiologischen Diagnostik bei kurzfristiger Einsatzbereitschaft im Klinikum nicht ausgeschlossen sei.

Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Kassel vom 5. November 2018 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 3.324,54 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB hieraus seit dem 20. Mai 2017 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Sie sieht sich durch die Entscheidung des Sozialgerichts in ihrer Auffassung bestätigt, dass der OPS 8-98f begriffsnotwendig eine „eigene“, vorliegend also am Standort A-Stadt in Eigenregie selbst geführte Radiologie voraussetze.

Die Beteiligten haben ihr Einverständnis zu einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung erklärt. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte, der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten sowie der Patientenakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Der Senat konnte im Einverständnis der Beteiligten den Rechtsstreit ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 153 Abs. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG). 

Die zulässige Berufung der Klägerin ist in der Sache nicht begründet. 

Der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Kassel vom 5. November 2018 ist nicht zu beanstanden. Der Klägerin steht der geltend gemachte Restanspruch in Höhe von 3.324,54 € aus der Rechnung vom 20. April 2017 nicht zu, da insoweit die Voraussetzungen für eine Vergütung nach der DRG A13F mangels Kodierbarkeit des OPS 8-98f.11 nicht vorliegen.
Wegen der rechtlichen Voraussetzungen des Vergütungsanspruchs der Klägerin gegenüber der Beklagten aufgrund der von ihr durchgeführten Krankenhausbehandlung der Versicherten A. und seiner Berechnung auf der Grundlage des DRG-Systems wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden und von den Beteiligten nicht in Abrede gestellten Ausführungen des Sozialgerichts Bezug genommen und von einer erneuten Darstellung abgesehen (§ 153 Abs. 2 SGG). 

Die Diagnosen (Haupt- und Nebendiagnosen) sind zwischen den Beteiligten ebenfalls nicht streitig und werden vom Senat, wie sie sich aus der Rechnung ergeben, der Entscheidung zu Grunde gelegt. Es steht weiterhin zwischen den Beteiligten nicht im Streit und ist für den Senat auch ansonsten nicht fraglich, dass sich ein Anspruch der Klägerin auf die streitgegenständliche Forderung von 3.324,54 € nur dann ergeben kann, wenn von dieser zu Recht die Prozedur 9-98f nach dem einschlägigen OPS kodiert werden konnte. 

Streitig ist insoweit, ob die Klägerin die strukturellen Voraussetzungen der „24-stündigen Verfügbarkeit…im eigenen Klinikum“ des Verfahrens „Radiologische Diagnostik mittels CT, DSA oder MRT“ für die Kodierung des OPS 8-98f erfüllt.

Die Prozedur 9-98f ist in der vorliegend maßgeblichen OPS-Version des Jahres 2017 wie folgt beschrieben:

8-98f     Aufwendige intensivmedizinische Komplexbehandlung (Basisprozedur)
Exkl.: 
Intensivüberwachung ohne akute Behandlung lebenswichtiger Organsysteme oder kurzfristige (< 24 Stunden) Intensivbehandlung
Kurzfristige (< 24 Stunden) Stabilisierung von Patienten nach operativen Eingriffen Hinw.: Mindestmerkmale:
•    Kontinuierliche, 24-stündige Überwachung und akute Behandlungsbereitschaft durch ein Team von Pflegepersonal und Ärzten, die in der Intensivmedizin erfahren sind und die aktuellen Probleme ihrer Patienten kennen
•    Behandlungsleitung durch einen Facharzt mit der Zusatzweiterbildung "Intensivmedizin", der den überwiegenden Teil seiner ärztlichen Tätigkeit auf der Intensivstation ausübt
•    Eine ständige ärztliche Anwesenheit auf der Intensivstation muss gewährleistet sein. Der Arzt der Intensivstation kann zu einem kurzfristigen Notfalleinsatz innerhalb des Krankenhauses (z.B. Reanimation) hinzugezogen werden
•    24-stündige Verfügbarkeit folgender Verfahren im eigenen Klinikum:
o    Apparative Beatmung
o    Nicht invasives und invasives Monitoring
o    Kontinuierliche oder intermittierende Nierenersatzverfahren
o    Radiologische Diagnostik mittels CT, DSA oder MRT
o    Interventionelle Kardiologie mit Akut-PTCA
o    Endoskopie
•    24-stündige Verfügbarkeit von einem der folgenden drei Verfahren:
o    Intrakranielle Druckmessung
o    Transösophageale Echokardiographie
o    Mikrobiologische Diagnostik
•    Mindestens 7 von den 9 folgenden Fachgebieten sind innerhalb von maximal 30 Minuten im Krankenhaus als klinische Konsiliardienste (klinikzugehörig oder aus benachbarten Kliniken) verfügbar: Innere Medizin, Kardiologie, Gastroenterologie, Neurologie, Anästhesiologie, Viszeralchirurgie, Unfallchirurgie, Gefäßchirurgie, Neurochirurgie
•    Innerhalb von maximal 30 Minuten im Krankenhaus verfügbare Leistungen von: Laboratorium, Radiologie, Blutbank
•    Tägliche Verfügbarkeit (auch am Wochenende) von Leistungen der Physiotherapie
•    Die Anzahl der Aufwandspunkte errechnet sich aus der Summe des täglichen SAPS II (ohne Glasgow Coma Scale) über die Verweildauer auf der Intensivstation (total SAPS II) plus der Summe von 10 täglich ermittelten aufwendigen Leistungen aus dem TISS-Katalog über die Verweildauer auf der Intensivstation
•    Die zu verwendenden Parameter des SAPS II und des TISS sind im Anhang zum OPS zu finden
•    Spezielle intensivmedizinische Prozeduren, wie Transfusion von Plasma und Plasmabestandteilen, Plasmapherese und Immunadsorption, Maßnahmen im Rahmen der Reanimation u.a. sind gesondert zu kodieren
•    Dieser Kode ist für Patienten, die bei stationärer Aufnahme das 14. Lebensjahr vollendet haben, anzugeben…
(Es folgen weitere Unter-Kodierungen in Abhängigkeit von den Aufwandspunkten)

Diese Voraussetzungen für die Kodierung der Prozedur 9-98f waren für den streitgegenständlichen Behandlungsfall nicht erfüllt, da im Klinikum der Klägerin keine 24-stündige Verfügbarkeit des Verfahrens Radiologische Diagnostik mittels CT, DSA oder MRT bestand.

Der seit dem Jahr 2013 im OPS 8-98f lautende Passus „…24-stündige Verfügbarkeit folgender Verfahren…" ist zum Jahr 2016 um die Ergänzung „im eigenen Klinikum" erweitert worden. Damit ist eine Klarstellung dahingehend erfolgt, dass die durch Kooperation mit einem anderen Leistungserbringer hergestellte 24-stündige Verfügbarkeit nicht den Anforderungen des OPS entspricht. Dies ergibt sich auch aus dem übrigen Wortlaut des OPS im Zusammenhang. Der OPS 8-98f unterscheidet zwischen Verfahren, Fachgebieten oder Leistungen, die zwingend im abrechnenden Klinikum selbst jederzeit oder innerhalb eines bestimmten Zeitraums zur Verfügung stehen müssen und solchen, die aufgrund einer Vereinbarung mit einer anderen Klinik von dieser für die abrechnende Klinik erbracht werden können (sog. Konsiliardienste). Solche Konsiliardienste werden im OPS-Kode 8-98f wie folgt ausdrücklich aufgeführt: „Mindestens 7 von den 9 folgenden Fachgebieten sind innerhalb von maximal 30 Minuten im Krankenhaus als klinische Konsiliardienste (klinikzugehörig oder aus benachbarten Kliniken) verfügbar: Innere Medizin, Kardiologie, Gastroenterologie, Neurologie, Anästhesiologie, Viszeralchirurgie, Unfallchirurgie, Gefäßchirurgie, Neurochirurgie." Eine Ausnahme von der jederzeitigen 24 stündigen Verfügbarkeit enthält der OPS 8-98f im Passus: „Innerhalb von maximal 30 Minuten im Krankenhaus verfügbare Leistungen von: Laboratorium, Radiologie, Blutbank". Hinsichtlich der „Radiologische Diagnostik mittels CT, DSA oder MRT“ ist die Möglichkeit der Inanspruchnahme eines Konsiliardienstes sowie die Aufweichung des Kriteriums „24-stündige Verfügbarkeit … im eigenen Klinikum“ durch den Zusatz „Innerhalb von maximal 30 Minuten im Krankenhaus verfügbar“ hingegen nicht erfolgt. Für den Senat ergeben sich aus dem Wortlaut sowie dem Gesamtzusammenhang der Regelungen des OPS 8-98f keine Zweifel, dass lediglich in den ausdrücklich in den mit dem Zusatz „innerhalb von maximal 30 Minuten im Krankenhaus als klinische Konsiliardienste“ versehenen Verfahren, Fachgebieten oder Leistungsarten die Möglichkeit eröffnet sein soll, auf Fremdleistungen durch Konsiliarärzte einer anderen Klinik zugtreifen zu können. Eine Abrufbarkeit des behandelnden Arztes mit einer zeitlichen Verzögerung von 30 Minuten kann mit der „24-stündige Verfügbarkeit“ nicht gleichgesetzt werden, da es ansonsten der Aufnahme der Tatbestände mit der expliziten Benennung der Verfügbarkeit „innerhalb von maximal 30 Minuten“ nicht bedurft hätte. Bei Verfahren, in denen diese Möglichkeit nicht ausdrücklich im Wortlaut des OPS erwähnt ist, führt dies zum Ausschluss der Kodierbarkeit des OPS 8-98f. Der Klägerin ist insoweit zuzustimmen, als der OPS 8-98f. hinsichtlich der vorliegend streitgegenständlichen Strukturvoraussetzung auf die genannten radiologischen Verfahren abstellt. Allerdings ist dem Verfahren betreffenden Verfahren auch ein Personenbezug immanent. Der Begriff „Verfahren" beinhaltet neben der Vorhaltung entsprechender Räumlichkeiten und Apparate auch das erforderliche Fachpersonal und die von diesen durchzuführenden Prozeduren. Bereits sprachlich beschränkt sich ein medizinisches „Verfahren“ nicht allein auf einen bestimmten Raum oder bestimmte Instrumente. Wer z.B. von dem Verfahren einer Operation spricht, meint damit nicht lediglich den Operationssaal oder bei der Operation zum Einsatz kommende Werkzeuge, sondern die Prozedur als solche einschließlich der hierbei handelnden Personen (Urteil des Senats vom 30. Januar 2020 - L 8 KR 37/19 -, juris Rn. 50 f., nachgehend Bundessozialgericht - BSG - Beschluss vom 14. Dezember 2020 - B 1 KR 16/20 B -, juris).

Vorliegend sind die mit der radiologischen Diagnostik betrauten Ärzte nicht im Klinikum der Klägerin beschäftigt gewesen, sondern gehören der radiologischen Gemeinschaftspraxis D. an, so dass es sich bei der von diesen durchgeführten Diagnostiken mittels CT, DSA oder MRT nicht um ein „Verfahren im eigenen Klinikum“ gemäß dem Wortlaut des OPS 8-98f handelt. Für die Erfüllung der Voraussetzung „Durchführung des medizinischen Verfahrens im eigenen Klinikum“ reicht es nach den vorstehenden Ausführungen nicht aus, dass die betreffenden Behandlungsmaßnahmen von klinikfremden Ärzten in den Räumlichkeiten der Klinik bzw. wie vorliegend in gesonderten Räumen im gleichen Gebäude durchgeführt werden. Schon rein begrifflich weist „im eigenen Klinikum“ auf die Inhaberschaft bzw. rechtliche Zugehörigkeit hin, so dass die betreffenden Verfahren der Radiologie von klinikeigenen Ärzten in den eigenen Räumen und Mitteln der Klinik durchzuführen sind. 

Hieran vermögen auch die Regelungen des vorgelegten Vertrages zwischen der Klägerin und den Ärzten der Gemeinschaftspraxis vom 17. Oktober 1990 nichts zu ändern. Der Senat sieht diesbezüglich keine Veranlassung von der Einschätzung des MDK im Gutachten vom 4. Mai 2017 sowie der zu Grunde liegenden Stellungnahme des DIMDI vom 19. April 2017 abzuweichen.

Der Verwertbarkeit des Gutachtens des MDK vom 4. Mai 2017 steht vorliegend auch nicht entgegen, dass dieses bereits vor der Prüfanzeige vom 5. Mai 2017 erstellt worden ist. Der streitgegenständliche Behandlungsfall als solcher und insbesondere die der Rechnung zugrunde gelegten Diagnosen und Behandlungsmaßnahmen wurden von der Beklagten nicht in Abrede gestellt und waren nicht Gegenstand der Beanstandung der Rechnung. Folglich bedurfte es insoweit auch keiner Abrechnungsprüfung im Einzelfall durch den MDK. Von der Beklagten wurden vorliegend keine Einwände in Bezug auf den konkreten Behandlungsfall, sondern allein grundsätzliche Einwände bezüglich der Merkmale des OPS 9-98f aufgrund der personellen Ausstattung bzw. Organisationsstruktur der Klinik der Klägerin geltend gemacht (vgl. Urteil des Senats vom 30. Januar 2020 a.a.O., Rn. 52).

Unabhängig davon, ob die PrüfvV mangels Durchführung einer Einzelfallprüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit oder Wirtschaftlichkeit der konkreten Behandlung überhaupt Anwendung findet, verstößt die von der Beklagten per Zahlungsavis durchgeführte Aufrechnung nicht gegen die Vorgaben des § 10 Abs. 2 PrüfvV (in der vorliegend anwendbaren Fassung vom 3. Februar 2016). Danach kann die Krankenkasse einen nach § 8 PrüfvV im Anschluss an die MDK-Prüfung mitgeteilten Erstattungsanspruch mit einem unstreitigen Leistungsanspruch des Krankenhauses aufrechnen. Dabei sind der Leistungsanspruch und der Erstattungsanspruch genau zu benennen. Diesen Ansprüchen genügt die von der Beklagten durchgeführte Mitteilung des ursprünglichen sowie des diesbezüglich korrigierten Rechnungsbetrages mit Zahlungsavis vom 27. Juni 2017. Hierfür ist es ausreichend, die alte und die als korrekt erachteten Vergütung als Negativ- und Positivposten in einem Zahlungsavis einzustellen und diesbezüglich - wie vorliegend durch Rechnungsdatum, Rechnungsnummer und Aufnahmenummer - eindeutig dem betreffenden Behandlungsfall zuzuordnen (vgl. BSG, Urteil vom 30. Juli 2019 – B 1 KR 31/18 R –, BSGE 129, 1-10, SozR 4-7610 § 366 Nr 2, Rn. 19). 

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), die Entscheidung über den Streitwert auf §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz (GKG).

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.

Rechtskraft
Aus
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