Hannover - Eine bessere medizinische Betreuung mit weniger Krankenhäusern in Niedersachsen: Diesen Spagat wollen die Regierungsfraktionen SPD und CDU schaffen. Rückenwind für die Strukturreform im Krankenhauswesen gibt es von jenen, die die medizinischen Leistungen bezahlen, den SPD und CDU bis zum Herbst durch den Landtag bringen wollen. „Um bedarfsgerecht Angebote bereitstellen zu können, brauchen wir ein neues Planungsrecht“, sagt Dirk Engelmann, Leiter de Landesvertretung Techniker-Krankenkasse (TK). Die Versorgung müsse sich stärker am Bedarf ausrichten.
Mehr Digitalisierung
Im Krankenhausbereich seien aus Sicht der sogenannten Kostenträger drei Dinge wichtig. Erstens: ein verlässliches Planungsrecht; zweitens: keine neuen Klinik-Standorte und drittens: die Sicherung der Investitionsmittel.
Der Bund müsse das Tempo bei der Digitalisierung im Gesundheitswesen hochhalten. Aus Engelmanns Sicht ist es unverständlich, dass „E-Rezept“ und die elektronische Patientenakte immer noch nicht flächendeckend eingeführt worden seien. Für eine sektorübergreifende Versorgung der Menschen – sei es in regionalen Gesundheitszentren oder Krankenhäusern – müsse eine Planung und Abrechnung „nach den gleichen Prinzipien“ erfolgen.
Gesundheitsregionen
Nach den Plänen der Regierungsfraktionen soll es künftig in Niedersachsen acht Gesundheitsregionen mit je einem Maximalversorger mit mindestens 600 Betten geben. Das sind derzeit die Uni-Medizin in Oldenburg, Göttingen, die MHH in Hannover sowie die Kliniken in Braunschweig, Osnabrück, Rotenburg/Wümme und „Georgsheil“ als neues Großklinikum für Ostfriesland. Lüneburg könnte noch dazu kommen, erfüllt derzeit aber noch nicht die Kriterien.
Auf der zweiten Stufe stehen die sogenannten Schwerpunktversorger, die mindestens vier medizinische Fachrichtungen, darunter die Gynäkologie, anbieten müssen. Ganz unten rangieren die Grund- und Regelversorger mit Chirurgie und Notfallstation. Sie müssen in 30 Minuten erreichbar sein. Die Fachleute der Groko gehen davon aus, das von den 168 Krankenhäusern bis zu 40 schließen müssen. Es sei „ein Irrglaube“, dass jedes Krankenhaus erhalten bleiben muss“, sagte Uwe Schwarz (SPD). Das unterschiedliche Niveau sei in der Corona-Krise deutlich geworden. 40 Prozent der niedersächsischen Krankenhäuser hätten 94 Prozent der Covid-Patienten behandelt.
Die Lage der Kassen
Zwar hat der Bund die gesetzlichen Krankenkassen für dieses Haushaltsjahr mit 28,5 Milliarden Euro aus Steuermitteln kofinanziert. Gleichwohl bleibe die Lage der Kassen mit Blick auf 2023 angespannt, sagte Engelmann. Das hänge auch mit den Belastungen aus der Corona-Pandemie zusammen. Die Auswirkungen der vierten Welle durch die Omikron-Variante seien noch nicht abzuschätzen.
Engelmann sprach sich gegen den Vorschlag des bayerischen Gesundheitsministers Klaus Holetschek (CSU) und anderer Politiker aus, wonach Ungeimpfte einen höheren Beitrag zur gesetzlichen Krankenkasse zahlen sollten. Es gebe in der gesetzlichen Krankenversicherung kein „Verursacherprinzip“, betonte Engelmann. Er sei gleichwohl aber für die Einführung der allgemeinen Impfpflicht.
Zum Hintergrund: Bundesweit hat die Krankenkasse TK elf Millionen Versicherte; in Niedersachsen sind es knapp 930 000. Der Beitragssatz liegt bei 15,8 Prozent. Für Leistungen hat die TK im Jahr 2020 mehr als 2,7 Mrd. Euro ausgegeben; 2019 waren es noch 2,59 Mrd. Euro.