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Gesundheitswesen Kritik an ungewollter Rotation in Wittenberger Klinik

Pflegekraft beklagt Wechsel in eingespielten Teams und mangelnde Wertschätzung. Was die Unternehmensführung dazu sagt.

Von Irina Steinmann 21.01.2022, 10:00
Die Klinik Bosse in Wittenberg
Die Klinik Bosse in Wittenberg Foto: MZ

Wittenberg/MZ - In der Mitarbeiterschaft der Klinik Bosse gibt es offenbar Unmut über die Arbeitsbedingungen, es geht um hausinterne Versetzungen. Dies jedenfalls legt die Darstellung einer „Pflegekraft“ nahe, die sich in einem ausführlichen Schreiben an die MZ gewandt hat.

Versetzung soll teils dauerhaft gelten

Darin beklagt der oder die Unbekannte, dass „kurz vor Weihnachten, schön in der Adventszeit“ Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in andere Teams wechseln mussten, teils für diverse Monate, teils aber auch dauerhaft. Betroffen von dieser Rotation seien „alle Stationen“. Dadurch würden funktionierende Teams und Freundschaften auseinandergerissen, so die Pflegekraft, die darüber hinaus beklagt, dass mit den Betroffenen zuvor nicht über die Änderungen geredet worden sei, zumal für einige mit dem Wechsel auch bisher nicht zu leistende Schichtdienste verbunden seien. „Wertschätzung gleich Null“, konstatiert die Pflegefachkraft und verweist sarkastisch auf die familienfreundliche Zertifizierung des katholischen Hauses.

Auf MZ-Anfrage hat die Leitung des zu den Alexianern gehörenden Hauses ausführlich Stellung genommen. „Wir haben in unseren Kliniken, der Klinik Bosse Wittenberg und auch dem St. Joseph-Krankenhaus Dessau bei der Personalplanung der Pflegekräfte Veränderungen vorgenommen“, bestätigt Alexianer-Regionalgeschäftsführerin Petra Stein.

Eine Grundlage dafür bilde die Psychiatrie-Personalverordnung. „Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) regelt darin erstmals die personelle Ausstattung psychiatrischer und psychosomatischer Kliniken“, so Stein weiter. „Wir müssen aufgrund dieser Verordnung bei der personellen Besetzung unserer Stationen konkrete Vorgaben erfüllen. Daher müssen die einzelnen Qualifikationen der Mitarbeiter betrachtet werden, was zu Umsetzungen der Pflegekräfte führt.“ Im ärztlichen Bereich der Alexianer-Kliniken seien seit vielen Jahren feste Rotationen vorgeschrieben, nun „nach vielen Jahren der Gleichmäßigkeit“, auch in der Pflege. Verwiesen wird auf die „Möglichkeit“ für die Mitarbeiter, „dass diese einen Perspektivwechsel wahrnehmen können. Das Potenzial einzelner Mitarbeiter können wir so fordern und fördern.“ Man bedauere den „Vorwurf“, dass „nicht auf einzelne Belange Rücksicht genommen wurde“, so die Regionalgeschäftsführerin. „Mit den einzelnen Mitarbeitenden, aber auch mit den Teams wurde gesprochen“, widerspricht sie allerdings der Pflegekraft. „Weiterhin wurden bei diesen Veränderungen auch Versetzungsbedürfnisse einzelner Mitarbeiter berücksichtigt“, was die anonyme Briefeschreiberin aber ebenfalls in Abrede stellt.

Allgemein sei die Personalsituation in der Klinik Bosse „gut“, erklärte Stein auf eine entsprechende MZ-Frage vor dem Hintergrund der andauernden Pandemie. „Im Bereich der Pflege haben wir derzeit zwei offene Stellen. Unsere Mitarbeitenden meistern nun schon fast zwei Jahre die täglichen pandemiebedingten Belastungen.“ Corona macht unterdessen auch an der Pforte der Bosse nicht halt: „Über den Jahreswechsel mussten wir krankheits- und quarantänebedingt eine Station schließen“, so Stein. „Über die gesetzlich festgelegte Impflicht haben wir unsere Mitarbeitenden transparent aufgeklärt“ und auch „weitere Impfangebote in unseren Kliniken geschaffen“, heißt es zum Umgang mit Corona. „Weiterhin statten wir unsere Mitarbeitenden täglich mit FFP2-Masken aus und bieten tägliche Schnelltests an.“

Um die Beschäftigten im Unternehmen zu halten, „berücksichtigen wir persönliche Wünsche der Mitarbeitenden bei der Dienstplanung“, so Stein. Zudem gebe es Angebote beispielsweise im betrieblichen Gesundheitsmanagement, die derzeit pandemiebedingt allerdings nicht stattfinden könnten. Man hoffe, zumindest Teile davon „zeitnah wieder aufgreifen zu können“.

Pflegekraft kündigt Jobsuche an

Die unbekannte Pflegefachkraft sieht unterdessen keine Zukunft mehr für sich in der Klinik an der Wittenberger Hans-Lufft-Straße. „Ich suche mir was Neues oder gehe komplett aus der Pflege raus, wie schon viele vor mir“, schreibt sie und hebt ihr Problem damit auf eine allgemeine Ebene. „Durch Corona ist einiges aufgedeckt worden, was im Argen lag.“ Und weiter, in Anspielung auf wohlfeile Sympathiebekundungen von den Balkonen herab zu Beginn der Pandemie im Frühjahr 2020: „Ein Hoch auf die Pflege... vielleicht hilft Klatschen.“