Weiden in der Oberpfalz
24.01.2022 - 19:24 Uhr
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Neue Köpfe an der Spitze und alte Sorgen bei der Kliniken Nordoberpfalz AG

Die Kliniken Nordoberpfalz AG hat ihre Führungsspitze komplett ausgewechselt. Ganz oben haben externe Manager das Sagen. Die müssen sich gleich mal beweisen. Denn neben der Strategie bereiten Impfpflicht und Omikron Kopfzerbrechen.

Nicht jeder Pfeil am Eingang des Klinikums Weiden steht für einen Sanierungsfall. Ein neues Team an der Spitze soll aber trotzdem Dutzende Projekte innerhalb von Organisation und Pflege umsetzen.

Stand Montagvormittag waren von den über 3000 Mitarbeitern der Kliniken Nordoberpfalz quer durch die Abteilungen 203 noch ungeimpft. Ihnen droht de facto ab 16. März Arbeitsverbot. "Wenn es dabei bleibt, ist es nicht so dramatisch", sagt Alleinvorstand Michael Hoffmann. "Wichtig ist, dass in dieser Zeit die Krankheitsquote beim Pflegepersonal nicht zu hoch ist, sonst wird es schwierig."

Das Damoklesschwert heißt Omikron-Welle. Die ist noch gar nicht richtig in den Klinikbetten angekommen. Sollte sie auf Pflege-Engpässe treffen, hilft nur noch ein Notfallmanagement wie in der ersten Corona-Welle 2020. Kleinere Teams müssten dann zusammengelegte Stationen betreuen, erklärt Hoffmann. Das verlangt Einsatz bis zum Anschlag.

Es muss allerdings nicht so weit kommen, sagt Klinken-Sprecher Michael Reindl. Von den 203 Ungeimpften hätten 13 bereits einen Impftermin. Viele andere hätten zugesagt, sich den Totimpfstoff Novavax verabreichen zu lassen, sobald er verfügbar sei. Wann das so weit ist, weiß jedoch derzeit niemand. Und obwohl viele damit drohen oder manche Stellenanzeigen davon zeugen, dass Pflegekräfte wegen der Impfpflicht in medizinischen Berufen ihren Job hinschmeißen, hat deswegen bei der Kliniken AG noch niemand gekündigt.

Dafür dreht sich das Personalkarusell einige Etagen weiter oben zurzeit schwungvoll. Medizinische Direktorin Michaela Hutzler hat ihren Posten verloren und Kaufmännischer Direktor Michael Gleißner wechselt zurück ins Controlling. Das alles sind Nachwehen des Vorstandswechsels von Thomas Egginger zu Michael Hoffmann vor einem Vierteljahr.

Unabhängig davon geht die Zeit von Personalchef Martin Neuhaus im März zu Ende. Der 48-Jährige hatte im Oktober 2021 aus freien Stücken gekündigt. Neuhaus war über 15 Jahre Personalchef der Kliniken Nordoberpfalz und einer der Hauptorganisatoren des Nofi-Laufs. Er wolle sich noch einmal beruflich verändern, die Kündigung erfolge in keinem direkten Zusammenhang mit dem Vorstandswechsel, so Neuhaus in einer Mitteilung an die Mitarbeiter im Herbst. Der Schritt falle ihm nicht leicht, er habe seine Tätigkeit immer "mit viel Herzblut und Engagement" ausgeführt.

Nur ein Eigengewächs

Hoffmann war bis zum Wechsel nach Weiden Manager bei der Unternehmensberatung Oberender aus Bayreuth, die die Kliniken AG seit Jahren berät und die chronisch defizitären Häuser auf Sanierungskurs bringen soll. Dabei sollen ihm nun zwei ehemalige Kollegen helfen, die von Oberender an die Kliniken AG ausgeliehen sind: Barbara Hane als Finanzchefin und Jens Brockmann als "Leitung Krankenhaus- und Sanierungsmanagement". Hane kommt aus Hannover und hat dort unter anderem die Finanzen der Medizinischen Hochschule sowie das Rechnungswesen der Helios-Kliniken für Niedersachsen verantwortet. Sie soll zunächst bis Mitte 2023 in Weiden bleiben. Brockmann bringt Erfahrung aus verantwortlichen Positionen in Häusern wie Gelsenkirchen, Bergisch-Gladbach oder Osnabrück mit. Er ist von Oberender bis Herbst abgeordnet.

Als einziges Eigengewächs der AG steht ihnen Timo Sonntag zur Seite, der bislang Leiter der Kliniken in Tirschenreuth, Kemnath und Erbendorf war. Das soll er bleiben, Brockmann wird sich hingegen um das Haupthaus in Weiden kümmern.

Bekannter sind die Namen im medizinischen Sektor. Die Ebene der Medizinischen Direktion ist aufgelöst. Die Aufgaben teilen sich nun eine Ärztliche Leitung und eine Pflegedienstleitung. Der Ärztliche Leiter ist dabei nicht freigestellt. Die Aufgabe soll Radiologie-Chefarzt Dr. Christian Paetzel nebenamtlich übernehmen. Die Pflegedienstleitung ist noch nicht besetzt. Kommissarisch soll dies Wolfgang Weig ausfüllen, derzeit Bereichsleiter auf der Intensivstation. "Er macht einen sehr guten Eindruck", sagt Hoffmann. Die Stelle des Personalchefs ist ausgeschrieben.

Mehr Pflegepersonal

Die Herausforderungen für die Neuen sind enorm: Die Oberender-Leute müssen gleich mal das von ihrer Firma mit konzipierte Sanierungskonzept aufdröseln, das bisher 16 Themenblöcke mit 70 Einzelposten umfasst. Die für Ende April angepeilte schwarze Null im Betriebsergebnis 2024 ist wohl erst 2025 möglich, deutet Michael Hoffmann an. Weitere Darlehen der drei kommunalen Träger Weiden, Neustadt und Tirschenreuth, um eine Pleite abzuwenden, sind aber nach derzeitigem Stand nicht nötig. Dennoch: "Wir sind weniger weit, als wir es uns gewünscht haben. Corona hat uns einen ordentlichen Strich durch die Rechnung gemacht", räumt Hoffmann ein.

Beispiel Zentrale Notaufnahme: Noch immer klagen Patienten und Rettungsdienste über zu lange Wartezeiten. Eine Ursache ist dort speziell in Coronazeiten Pfleger- und Ärztemangel. Beispiel OP-Roboter Da Vinci: Das erst vor wenigen Jahren angeschaffte Gerät ist ein Verlustbringer. Immerhin sei aber die Studienlage, die die Nützlichkeit des Instruments belegt, inzwischen besser. Zudem würden Chefärzte um Geld werben, um den Roboter zu halten. Ob das gelingt? "Wir werden im März wieder darüber sprechen", sagt der Vorstand.

Das Jahresergebnis 2021 der Kliniken soll erst in zwei Wochen vorliegen. Drei Dinge zeichnen sich dabei aber schon jetzt ab:

  • Es enthält weniger Corona-Ausgleichszahlungen aus dem Gesundheitsministerium. Das sei jedoch keine Katastrophe.
  • Es gibt einen Strategiewechsel bei der Personalpolitik. Statt eines weiteren Abbaus ist geplant, vor allem im Pflegebereich einzustellen. Bis Ende 2021 sahen die Pläne 2026 Vollzeit-Äquivalente vor, Ende 2022 sollen es 2059 sein. "Wir wollen einen ganzen Schwung Pflegeschüler übernehmen. Es müssen mehr Leute an die Patientenbetten", betont Hoffmann. Der derzeitige Aufsichtsratschef, Oberbürgermeister Jens Meyer, ergänzt: "Es ist nicht das Ziel, dass diejenigen, die bleiben, mehr Arbeit haben, sondern es sollen Prozessabläufe optimiert werden."
  • Für all dies soll Geld aus dem Verkauf des ehemaligen Kreiskrankenhauses Neustadt/WN kommen. Er steht unmittelbar bevor. Das Bieterverfahren läuft noch. In der Immobilie auf dem Felixberg sind unter anderem das Hospiz und die Krankenpflegeschule der Kliniken AG untergebracht. Beide sollen dort bleiben, unterstreicht der Vorstand. Die entsprechenden Räume würden dann angemietet.

Zwei weitere Ziele hat das Management inzwischen revidiert. Etliche der über ein Dutzend Berater sind nach wie vor im Haus. Von ihnen will sich die Führung zwar nach wie vor verabschieden, doch das sei nicht so einfach. Hoffmann: „2019 gab es unter Gesundheitsminister Spahn zum Teil jeden Monat ein neues Gesetz, das uns betraf. Um das umzusetzen, brauchen Sie Juristen und andere Spezialisten.“

Vom Tisch ist ferner die Umwandlung von der AG in eine GmbH. „Die Entscheidung ist verschoben, das Unternehmen braucht jetzt erst mal Ruhe“, sagt Jens Meyer. Hoffmann hält den Schritt ohnehin für unnötig. „Da müssen Sie die Finanzbuchhaltung und die Organisation ändern, das kostet viel Geld.“

Von einer Neuerung sind Vorstand und Aufsichtsrat dagegen recht angetan. Der wegen eines gefälschten Impfpasses gekündigte Chefarzt werde derzeit vom Oberarzt der Station ersetzt. „Er hat alle nötigen Scheine, und seine Motivation ist beeindruckend,“ schwärmt Hoffmann.

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Barbara Hane ist die neue Verantwortliche für die Finanzen der Kliniken AG.
Jens Brockmann ist neuer Leiter des Krankenhauses Weiden.

„Wir sind weniger weit, als wir es uns gewünscht haben. Corona hat uns einen ordentlichen Strich durch die Rechnung gemacht.“

Michael Hoffmann, Vorstand der Kliniken Nordoberpfalz AG zum Sanierungskonzept

Michael Hoffmann, Vorstand der Kliniken Nordoberpfalz AG zum Sanierungskonzept

 
 

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