Gesundheitswesen – Laboranalysen kosten in der Schweiz bis zu 30 Mal mehr als im Ausland

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GesundheitswesenLaboranalysen kosten in der Schweiz bis zu 30 Mal mehr als im Ausland

In benachbarten Länder zahlt man für dieselbe Leistung viel weniger als in der Schweiz. Das belaste sowohl die Krankenkassen als auch Privatpersonen, findet der Preisüberwacher. Die Politik soll darum einschreiten.

Darum gehts

Schweizer Labore verlangen gemäss einem neuen Vergleich des eidgenössischen Preisüberwachers, Stefan Meierhans, um ein Vielfaches höhere Preise, als das ihre Kolleginnen und Kollegen im benachbarten Ausland tun. So kostet beispielsweise ein Blutbild in einer Schweizer Arztpraxis das 31-fache vom deutschen Preis: nämlich 17.1 Franken statt 60 Rappen. Meierhans, Vertreterinnen und Vertreter von Konsumentenorganisationen und Politikerinnen und Politiker fordern die Behörden deshalb dazu auf, einzuschreiten, wie die Tamedia-Zeitungen berichten.

Reformstau verhindert Kostensenkungen

Die Blutanalyse ist nur ein Beispiel für die hohen Kosten hierzulande. Auch bei Kreatinin-Analysen, bei denen die Nierenfunktion überprüft wird, fallen hierzulande bis zu 18 Mal höhere Kosten an als in Deutschland. Im Schnitt seien die Tarife von zehn untersuchten medizinischen Analysen zwischen 2,3 und 4,5 Mal höher als diejenigen in vergleichbaren Staaten – je nachdem, ob diese in Spitälern oder in Arztpraxen angeboten werden. Die hohen Preise haben auch Auswirkungen auf die Gesundheitskosten hierzulande. Rund eine Milliarde Franken hätten die hiesigen Krankenkassen 2020 sparen können, wären ihnen etwa die gleich tiefen Kosten wie in Deutschland verrechnet worden, rechnet Meierhans vor. Auf Seite der Privathaushalte beläuft sich die Differenz auf eine halbe Milliarde Franken.

Die Kosten sind gemäss dem Preisüberwacher in den vergangenen Jahren regelrecht explodiert. In nur zehn Jahren haben sie sich von 910 Millionen Franken auf 1,6 Milliarden fast verdoppelt. Hinter den hohen Preisen verberge sich ein ausgebliebener Strukturwandel, den andere Staaten bereits vollzogen hätten, kritisiert Meierhans. So seien etwa in Deutschland und in Frankreich Grosslabors entstanden, die dazu beigetragen hätten, dass Abläufe effizienter gestaltet und so Kosten eingespart werden konnten.

Departement von Gesundheitsminister Berset prüft Anpassungen

Die Preise für Laborkosten in der Schweiz werden vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) überwacht. Seit  2009 seien diese jedoch nicht mehr gesenkt worden. Zurzeit arbeite das BAG an einer Analyse – allerdings sei unklar, wann diese vorliegen solle, schreiben die Tamedia-Zeitungen. Klar ist, dass die Preise im benachbarten Ausland bislang offenbar keine Rolle in den Überlegungen der Behörden spielten.  Branchenvertreterinnen und -vertreter verteidigen die hohen Preise hierzulande zudem mit der dezentralen Kostenstruktur des hiesigen Gesundheitswesens, die man nicht mit derjenigen in anderen Ländern vergleichen könne.

Dennoch formiert sich Widerstand. Im Parlament ist eine Motion aus der Mitte-Fraktion hängig, die eine Preissenkung verlangt. Gemäss den Tamedia-Zeitungen hat auch der zuständige Gesundheitsminister Alain Berset (SP) sich dahingehend geäussert, dass die Auslandspreise für Laborarbeiten künftig stärker berücksichtig werden sollen. Preisüberwacher Stefan Meierhans wird in seinen Forderungen deutlich: «Die Ergebnisse unseres Vergleichs sind so klar, dass man besser heute handeln sollte als morgen.»

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