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Krankenhausgestaltungsgesetz NRW – Grundlegende Neuausrichtung der Krankenhausplanung

Im Rahmen einer Pressekonferenz des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen wurden am 20. August 2021 die Grundzüge der neuen Krankenhausplanung in Nordrhein-Westfalen vorgestellt.

Ziel der neuen Krankenhausplanung ist es, durch besonders leistungsfähige Strukturen eine innovative, qualitätsorientierte, bedarfsgerechte und flächendeckende stationäre Versorgung sicherzustellen – von den Metropolregionen bis zum ländlichen Raum.

Neue Planungssystematik

Es werden künftig sogenannte Leistungsbereiche und Leistungsgruppen ausgewiesen, die die medizinischen Fachgebiete und Unterdisziplinen abbilden. Das neue Planungssystem führt einheitliche und überprüfbare Qualitätsvorgaben je Versorgungsangebot für alle Krankenhäuser ein. Die Krankenhausplanung wird nicht mehr wie bislang vorrangig die „starre Plangröße Bett" zu Grunde legen, sondern von den tatsächlichen Fallzahlen in den verschiedenen Leistungsbereichen ausgehen. Damit orientiert sich die Krankenhausplanung stärker als bisher am tatsächlichen Versorgungsgeschehen.

Diese Systematik wurde in § 12 Abs. 3 Satz 1 KHGG NRW verankert. Die Leistungsbereiche bilden den übergeordneten medizinischen Rahmen. Sie dienen der Strukturierung der Leistungsgruppen, über die einem Krankenhaus der Versorgungsauftrag zugeteilt wird. Jedem Leistungsbereich werden dazu eine oder mehrere Leistungsgruppen zugeordnet. Der Zuschnitt der Leistungsbereiche orientiert sich an den Weiterbildungsordnungen für Ärztinnen und Ärzte der Ärztekammern Nordrhein und Westfalen-Lippe.

Rahmenvorgaben

Details zu Inhalten und zur weiteren Systematik der Leistungsbereiche und Leistungsgruppen werden in den Krankenhausplan aufgenommen, auf den § 12 KHGG NRW an dieser Stelle Bezug nimmt.

Des Weiteren sollen im neuen Krankenhausplan für die einzelnen Leistungsgruppen Parameter wie geographische Bezugseinheit für die Planung, parallel vorzuhaltende weitere Leistungsgruppen, vorzuhaltende apparative Ausstattung, fachärztliche Besetzung, sonstige Struktur- und Prozessvorgaben, Mindestfallzahlen, prognostizierter Bedarf für Nordrhein-Westfalen im Planungshorizont, Bettennutzungsgrad je Leistungsgruppe, Verweildauer je Leistungsgruppe ggf. auf Basis empirischer Statistiken, Zielwert der durchschnittlichen Versorgungskapazität je Leistungsgruppe und Krankenhausstandort im Planungshorizont (Orientierungswert) festgelegt werden, § 13 KHGG NRW.

Regionale Planungskonzepte

Auf der Grundlage der Rahmenvorgaben nach § 13 KHGG NRW legt das zuständige Ministerium insbesondere die nach Leistungsbereichen und Leistungsgruppen differenzierten Versorgungskapazitäten abschließend fest. Hierzu erarbeiten die Krankenhausträger und die Verbände der Krankenkassen gemeinsam und gleichberechtigt ein regionales Planungskonzept.

Zu den Verhandlungen über ein regionales Planungskonzept können die Krankenhausträger, die Verbände der Krankenkassen und die zuständige Behörde auffordern. Die Verhandlungen sind innerhalb von einem Monat nach Aufforderung einzuleiten. Die Aufnahme der Verhandlungen ist der zuständigen Behörde in Textform unverzüglich anzuzeigen. Die Verhandlungen sind spätestens sechs Monate nach ihrer Aufnahme abzuschließen.
Die Beteiligten nach § 15 Abs. 1 KHGG NRW und die betroffenen Krankenhäuser werden zu dem regionalen Planungskonzept von dem zuständigen Ministerium gehört. Werden im Einvernehmen mit dem Krankenhausträger nicht bettenführende Angebote aufgegeben oder Gesamtbettenreduzierungen vorgenommen, muss der Änderung des Feststellungsbescheides grundsätzlich kein Anhörungsverfahren vorausgehen. Soweit regionale Planungskonzepte nicht vorgelegt werden, entscheidet das zuständige Ministerium von Amts wegen nach Anhörung der Beteiligten, wenn der Krankenhausplan fortgeschrieben werden soll.

Die regionalen Planungskonzepte und zuvor genannten Entscheidungen (§ 15 Abs. 4 KHGG NRW) werden durch Feststellungsbescheid nach § 16 KHGG NRW an den Krankenhausträger Bestandteil des Krankenhausplans.

Aktuelle Auswirkungen – zeitliche Umsetzung

Aufgrund der neuen Planungspraxis werden die aktuellen Feststellungsbescheide zeitnah auf den Prüfstand gestellt werden. Bisherige Feststellungen werden nicht einfach auf das neue System „umgeschrieben" werden können. Es ist damit zu rechnen, dass in naher Zukunft eine Vielzahl von Krankenhausträgern durch die zuständige Behörde zu Verhandlungen über ein regionales Planungskonzept aufgefordert wird.

Durch diese Umsetzung ist zu befürchten, dass die neue Planungspraxis dazu führt, dass einzelne Kliniken bezogen auf ihr aktuelles Leistungsspektrum Einschränkungen des Versorgungsauftrages hinnehmen müssen. Dies wird sicherlich in besonderem Maße in denjenigen Regionen gelten, für die das eingangs erwähnte Gutachten Überversorgungen festgestellt hatte. Ballungszentren in Nordrhein-Westfalen stehen dabei im Fokus. Die hiervon betroffenen Klinikträger sollten zügig ihr jeweiliges Leistungsspektrum überprüfen und bei Verhandlungen über ein regionales Planungskonzept äußerste Vorsicht walten lassen. Bereits in diesem Verfahrensstadium werden Feststellungen getroffen, die weitreichende Folgen für das zukünftige Leistungsspektrum der jeweiligen Kliniken haben.

Seitens des Ministeriums wurde im Rahmen der eingangs erwähnten Pressekonferenz mitgeteilt, dass die finale Beratung des neuen Krankenhausplans im Landesausschuss für Krankenhausplanung in den nächsten Wochen erfolgen wird. Im Anschluss wird der Entwurf des neuen Plans im Herbst im Landtag dem Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales vorgelegt. Anschließend kann der neue Krankenhausplan in Kraft treten, woraufhin die Landesregierung das Ziel verfolgt, Anfang nächsten Jahres die nötigen regionalen Planungsverfahren anstoßen zu können.