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Deutschland Ausbleibende Zahlungen

Geld für Intensivbetten – Krankenhäuser starten Dutzende Klagen

Redakteurin Innenpolitik
Krankenhausbelegung soll neue Orientierungsmarke für Maßnahmen werden

Die 7-Tage-Inzidenz als Messlatte für die Anti-Corona-Strategie hat ausgedient. Stattdessen soll die Belegung der Intensivstationen den Ausschlag für nötige Lockdown-Maßnahmen geben. Doch nicht alle halten das für angebracht.

Quelle: WELT/Christoph Hipp

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Neues Wirrwarr um die Förderung von Intensivbetten infolge von Corona: In Dutzenden Verfahren haben Kliniken mehrere Landesregierungen wegen ausbleibender Zahlungen verklagt. Dabei fehlen bis heute vielerorts Nachweise über Zahl und Ausrüstung der tatsächlich beschafften Betten.

Im Zusammenhang mit der Förderung neu aufgestellter Intensivbetten während der Corona-Pandemie gibt es insgesamt 46 Klageverfahren deutscher Krankenhäuser gegen vier Landesregierungen. Dies geht aus einer WELT-Umfrage bei den Gesundheitsministerien der Länder hervor.

Am aufälligsten ist die Situation in Nordrhein-Westfalen: Dort handelt es sich um insgesamt 27 Klagen, von denen elf Verfahren abgeschlossen sind. Der Streitwert der noch offenen Verfahren beläuft sich dabei auf rund 6,4 Millionen Euro.

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Ein Sprecher des Landesgesundheitsministeriums teilt mit, dass die Krankenhäuser in der Regel gegen „Teil- bzw. Ablehnungsbescheide“ der Landesregierung im Kontext der Finanzierung von Intensivbetten klagten. „Häufig wird die Ermittlung des konkreten Zuwachses an intensivmedizinischen Behandlungskapazitäten in Zweifel gezogen.“ Heißt im Klartext: Die Krankenhäuser können nicht nachweisen, einen Teil der genehmigten Intensivbetten mit der entsprechenden Ausrüstung tatsächlich beschafft zu haben – und klagen nun dagegen, dass ihnen die beantragten Kosten nicht erstattet werden.

Hintergrund: Im März 2020 beschloss die Bundesregierung das sogenannte Covid-19-Entlastungsgesetz. Dieses sieht unter anderem vor, dass Krankenhäuser einen Bonus in Höhe von 50.000 Euro für jedes Intensivbett erhalten, welches sie zusätzlich schaffen oder aus einem bestehenden Bett umwandeln. So sollten mögliche Engpässe auf den Intensivstationen verhindert werden. Die Mittel werden aus der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds finanziert.

Wurden die Betten je aufgestellt?

Zwischen Mitte März und Ende September wurden den Bundesländern hierfür vom zuständigen Bundesamt für Soziale Sicherung 686,1 Millionen Euro überwiesen. Rein rechnerisch ergibt dies 13.722 neue Intensivbetten. Doch bis heute ist unklar, ob all die Betten jemals aufgestellt wurden - und über welche Beatmungsmöglichkeit diese überhaupt verfügten. Die Förderung lief im September 2020 aus.

Auch in Thüringen haben zwölf Krankenhäuser Klage gegen das dortige Gesundheitsministerium erhoben. Der Freistaat habe von den Kliniken „zahlungsbegründende Unterlagen, aus denen hervorgeht, dass Investitionen getätigt wurden“, verlangt, heißt es aus dem Gesundheitsressort. Bisher konnte immerhin mit fünf Krankenhäusern eine außergerichtliche Einigung erzielt werden: Die Kliniken legten die verlangten zahlungsbegründenden Unterlagen vor und erhielten daraufhin die Zahlungen.

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Auch das Land Hessen wird in einem Verfahren darauf verklagt, drei zusätzliche Intensivbetten zu genehmigen; der Streitwert beträgt 150.000 Euro. Niedersachsen ist derzeit dabei, die Unterlagen der Krankenhäuser hinsichtlich der aufgestellten Beatmungsgeräte zu prüfen, heißt es aus dem Gesundheitsministerium. Die Prüfung sei zu circa 70 Prozent abgeschlossen. Nach derzeitigem Stand seien 26 Pauschalen, entsprechend 1,3 Millionen Euro, zurückzufordern.

Und es geht noch weiter: In Bayern sind derzeit sechs Klagen von Krankenhäusern an verschiedenen Verwaltungsgerichten anhängig; der Streitwert beläuft sich auf insgesamt 1,6 Millionen Euro.

Auch hier heißt es aus dem Gesundheitsministerium, die klagenden Kliniken wollten keine Investitionskostennachweise für die Beschaffung der Beatmungsgeräte vorlegen: Sie seien der Ansicht, dass im entsprechenden Gesetz eine derartige Verpflichtung nicht vorgesehen und die Zahlung als „investitionskostenunabhängiger Bonus“ anzusehen sei.

Definitions-Wirrwarr: Was ist ein Intensivbett?

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Um das Chaos perfekt zu machen, kommt noch ein weiteres Problem hinzu: Die Frage, wie ein Intensivbett überhaupt definiert ist. Das Covid-19-Entlastungsgesetz aus dem vergangenen Jahr sah dem Gesetzeswortlaut zufolge lediglich eine nicht weiter spezifizierte „maschinelle Beatmungsmöglichkeit“ vor. Doch was diese Formulierung genau bedeutet, ist bis heute unklar. Denn beatmet wird auf zwei Wegen: nicht-invasiv, also etwa über eine Beatmungsmaske – oder invasiv, zum Beispiel über eine Intubation via Mund oder Nase.

So kam es, dass im vergangenen Jahr jedes Bundesland das Gesetz je nach eigener Interpretation ausgelegte und für sich definierte, welche Art der Betten es förderte – und welche nicht. Später stellte zwar das Bundesgesundheitsministerium (BMG) klar, dass sie mit „maschineller Beatmungsmöglichkeit“ explizit invasive Beatmung meinte.

Doch zu dem Zeitpunkt war es bereits zu spät: Mehrere Bundesländer hatten schon Intensivbetten mit nicht-invasiver Beatmung genehmigt und gefördert. Zum Beispiel Bayern: Dort trifft die aus Sicht des BMG falsche Förderung nach Angaben des Landesgesundheitsministeriums auf ungefähr 50 Intensivbetten zu.

Bis heute hält Bayern jedoch an seiner Definition fest. Das Gesundheitsministerium in München rechtfertigt sich, dass unter gewissen Voraussetzungen die nicht-invasive maschinelle Beatmung ausreiche, um eine Verbesserung des Gesundheitszustands bei der Patientin oder dem Patienten zu erzielen. Diese stelle für den Betroffenen ein geringeres Behandlungsrisiko dar, als etwa eine Intubation über einen Schlauch.

Auch Bremen interpretiert das Gesetz bis heute anders als das Bundesgesundheitsministerium: Aus der beschlossenen Formulierung lasse sich nicht ableiten, dass die zusätzlichen Intensivbetten nur solche umfassen dürften, die über eine invasive Beatmungsmöglichkeit verfügten. „Da sich die Krankheitsverläufe von Covid-19 zum Teil sehr unterscheiden, ist eine ausschließliche Fokussierung auf Intensivbetten mit invasiver Beatmungsmöglichkeit auch unter medizinischen Gesichtspunkten nicht angezeigt“, heißt es auch hier.

Doch müssen nun Teile der Gelder, die die Landesregierungen den Kliniken bewilligt haben, wieder an den Bund zurückgezahlt werden? Das Gesundheitsministerium in Bayern teilt mit: „Je nach Ausgang der Klagen kann dies noch der Fall sein.“ Das Bundesgesundheitsministerium sei entsprechend informiert.

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Kritik am Chaos rund um die Finanzierung der Intensivbetten kommt derweil aus der FDP. Zwar sei die Aufstockung der Kapazitäten notwendig gewesen und habe in der Corona-Krise schnell und möglichst unbürokratisch erfolgen müssen, so der Haushaltsexperte und bayerische Landesgruppenchef der FDP-Bundestagsfraktion, Karsten Klein.

„Dass aber nach einem Jahr noch immer erheblicher Klärungsbedarf hinsichtlich der Anzahl der zusätzlich aufgestellten Intensivbetten und deren Förderfähigkeit besteht, zeigt zum wiederholten Male, dass die Aufgabenverteilung zwischen Bund und Ländern für den Krisenfall unzureichend geregelt ist“, sagt Klein WELT. Hier müsse für die Zukunft unbedingt nachgebessert werden, um ein erneutes „Kompetenzwirrwarr und Kommunikationschaos“ zu verhindern. Die Bundesregierung und vor allem Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hätten es in den unzähligen Ministerpräsidentenkonferenzen unterlassen, bei diesem Thema für Klarheit zu sorgen.

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