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  • AutorenbildDr. iur. Claudia Mareck

Bundeskartellamt: Abschlussbericht „Sektoruntersuchung Akutkrankenhäuser“

Das Bundeskartellamt hat Anfang September 2021 seinen Abschlussbericht gem. § 32e GWB zur Sektoruntersuchung Krankenhäuser vorgelegt und die Bedeutung des Wettbewerbs für die Qualität der Versorgung der Bevölkerung mit akutstationären Leistungen bestätigt. Der Bericht fußt auf einer bereits im Sommer 2016 durchgeführten Abfrage (wir berichteten), mit welcher genauere Erkenntnisse zur Funktionsweise des Krankenhausmarktes gewonnen werden sollten, um die Fusionskontrolle bei Zusammenschlüssen von Krankenhäusern zu optimieren. Im Rahmen der Sektoruntersuchung nimmt das Bundeskartellamt nicht bestimmte, einzelne Krankenhausträger in den Blick, sondern zielt auf die Bewertung des Wirtschaftszweiges insgesamt. Dabei wurde sowohl der Krankenhausmarkt als auch die wettbewerbliche Auswirkung der Rolle niedergelassener Ärzte bewertet.


Das Bundeskartellamt hält folgende Ergebnisse fest:


Zu den regulatorischen Rahmenbedingungen im Krankenhausmarkt

  • Die regulatorischen Besonderheiten haben Auswirkungen auf die Markt- und Wettbewerbsprozesse.

  • Durch das Krankenhausplanungsrecht wird der Versorgungsauftrag des Krankenhauses bestimmt.

  • Weitere regulatorische Rahmenbedingungen ergeben sich aus Mindestvorgaben des Bundes und der Bundesländer insbesondere zur Qualität.

  • Die Krankenhäuser erhalten einheitliche Entgelte, basierend auf Fallpauschalen und Zusatzentgelten, eine gesonderte Vereinbarung mit den Krankenkassen erfolgt bei besonderen Versorgungsverträgen.

Zu dem Wettbewerb zwischen Krankenhäusern

  • Krankenhäuser verfügen auch im Rahmen der geltenden Regulierung (über das Krankenhausplanungs- und -finanzierungsrecht) über große Verhaltensspielräume zur Bestimmung des Leistungsangebots und der Qualität.

  • Insbesondere über das Leistungsangebot und die Qualität der Leistung akquirieren sie Patienten, welche die Auswahlentscheidung zwischen mehreren Krankenhäusern treffen.

  • Der Preis stellt keinen Wettbewerbsparameter im Krankenhaus dar, da rund 98% der stationären Krankenhausfälle über DRG (ggf. Zusatzentgelt) abgerechnet werden. Der Preis beeinflusst weder die Auswahlentscheidung der Patienten, noch führt er zu Patientenwanderungen z.B. durch Einweisung durch die Krankenkassen. Das gleiche Bild zeigt sich bei ambulanten Krankenhausleistungen.

  • Da die Planungsbehörden den Krankenhäusern regelhaft kein spezifisches Leistungsspektrum zuweisen, sondern nur Fachgebiete und Subdisziplinen im Feststellungsbescheid ausgewiesen sind, verfügen Krankenhäuser über eine erhebliche Entscheidungsbefugnis zur konkreten Ausgestaltung ihrer Leistung. 85% der stationären Behandlungen lassen sich nicht eindeutig einer Fachrichtung zuordnen, sondern können in unterschiedlichen Fachrichtungen erbracht werden. Auch die Festlegung der Anzahl der Planbetten hindert nicht daran, Behandlungsschwerpunkte auszubilden. Werden Zentren oder Schwerpunkte zugewiesen, führt dies lediglich zur Abrechnung von Zuschlägen und nicht zum Ausschluss der Leistungserbringung.

  • Die Regelungen des GBA zur Mindestmenge beschränken den Verhaltensspielraum der Krankenhäuser nur marginal, da nicht einmal 1,4% aller stationären Krankenhausbehandlungen betroffen sind.

  • Die Regelungen zur Qualitätssicherung auf Bundes- und Landesebene führen lediglich zu Mindeststandards und schließen den Qualitätswettbewerb nicht aus.

  • Durch die Auswahlentscheidung der Patienten bestehen für Krankenhäuser wirtschaftliche Anreize zu Innovation und Investition sowie zu einem effizienten Einsatz knapper Mittel.

  • Der Wettbewerb zwischen Krankenhäusern sichert den hohen Qualitätsstandard und die Effizienz in der Ressourcennutzung.

  • Patienten suchen zu einem Großteil das nächstgelegene Krankenhaus auf (ca. 50%), 33% wählen ein Krankenhaus im Umkreis von 10 km zum Wohnort, ca. 81% der Patienten fahren nicht weiter als 35 km.

  • Unter den Einweisern ist das Verhältnis zu den niedergelassenen Ärzten wesentlich, da über diese rund 50% aller somatischen Patienten eingewiesen werden. Auf den Rettungsdienst entfallen 20%, auf Selbsteinweisungen oder Einweisungen durch nahe Angehörige ca. 16%. Auch in ländlichen Kreisen wählen mehr als 40% der Patienten ein anderes als das nächstgelegene Krankenhaus.

  • Krankenhäuser vernetzten sich zunehmend mit dem ambulanten Sektor.

Zum Verhältnis zwischen kartellrechtlicher Fusionskontrolle und Krankenhausplanung

  • Krankenhausplanung und Fusionskontrolle ergänzen sich und stellen gemeinschaftlich eine qualitativ hochwertige Versorgung der Patienten mit stationären Krankenhausleistungen sicher.

  • Die Krankenhausplanung bestimmt das Versorgungsangebot.

  • Die Fusionskontrolle führt zu Innovation, Investition und hoher Qualität durch Sicherung der Trägervielfalt.

  • Der planerische Versorgungsauftrag des Krankenhauses und zulässige Kooperationen finden bei der Zusammenschlusskontrolle als Wettbewerbsbedingungen Berücksichtigung.

Zu den Auswirkungen für die wettbewerbliche Prüfung in der Fusionskontrolle

  • Im Rahmen der sachlichen Marktabgrenzung wird generell weiterhin am Sortimentsgedanken für akutstationäre Krankenhausleistungen festgehalten. Unter Beteiligung einer Fachklinik kann eine Angrenzung nach Teilmärkten gerechtfertigt sein.

  • Die räumliche Marktabgrenzung wird weiterhin auf der Grundlage der Falldaten der Krankenhäuser erfolgen. Bei Eintritt in das Hauptprüfverfahren erfolgt flankierend eine Befragung von Einweisern.

  • Für die Prognose zur wettbewerblichen Auswirkung ist erstes Indiz weiterhin der Marktanteil. Zusätzlich werden die unterschiedlichen Fahrstrecken der Patienten und das unterschiedliche Behandlungsspektrum berücksichtigt. In Hauptprüfungsverfahren können sog. Umlenkungsquoten Berücksichtigung finden.

  • Als zukünftige gesetzgeberische Maßnahme wird die jährliche Meldung anonymisierter Daten nach § 21 Abs. 3 Satz 8 KHEntgG für alle bundesweiten Krankenhausstandorte gefordert, um die räumliche Marktabgrenzung zu optimieren. Die bisherige Datenübermittlung soll zwecks Prüfung von Qualitätsverbesserungen um die Angaben zu den Haupt- und Nebendiagnosen sowie zur Art der durchgeführten Operationen und Prozeduren ergänzt werden. Sofern die Codierung „N“ im Rahmen des 21er-Datensatzes auf den Rettungsdienst beschränkt wird, kann die Bedeutung besser eingeschätzt werden. Selbsteinweiser und Patienten ohne Einweisung sollen mit einer gesonderten Kategorie „S“ verschlüsselt werden.

Wir freuen uns, dass Rechtsanwältin Dr. Claudia Mareck mit ihrer Dissertation „Kartellrechtliche Fusionskontrolle im Krankenhausmarkt –Eine kartellrechtliche Bewertung unter krankenhausrechtlichen Gesichtspunkten“ (2020) mehrfach in dem Abschlussbericht des Bundeskartellamts zur Sektoruntersuchung Akutkrankenhäuser Erwähnung gefunden hat.


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