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Finanzprobleme

Muss das Demminer Krankenhaus ums Überleben kämpfen?

Demmin / Lesedauer: 4 min

Über die aktuellen Liquiditätsprobleme sprach Jörg Franze vom Nordkurier mit Axel Chudy, der bei der Kreisverwaltung für Finanzen und die Beteiligungen zuständig ist.
Veröffentlicht:15.09.2021, 05:56

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Wenn Liquidität fehlt, stellt sich die Frage nach einer möglichen Insolvenzgefahr. Steht die Zukunft des Krankenhauses auf dem Spiel?

Ganz klar: Nein. Das Krankenhaus ist langfristig über den Krankenhausplan MV gesichert. Aktuell werden mehr als 30 Millionen Euro in die Infrastruktur des Hauses investiert. Wir haben zwar Probleme wie fast alle Krankenhäuser, was die Rekrutierung von Personal angeht. Aber die aktuelle Situation ist eine reine Frage der Liquidität und hat insbesondere mit der Finanzierung der Krankenhauslandschaft zu tun. Aber ich bin optimistisch, dass wir das lösen werden.

Auf welchem Stand sind Sie denn da in den Gesprächen mit den Krankenkassen? Um welche Streitpunkte dreht es sich dort im Einzelnen?

Grundsätzlich streiten wir uns nicht, sondern sind in Verhandlungen mit den Krankenkassen. Es gibt ein gesetzlich vorgeschriebenes Verfahren, wie Entgelte verhandelt werden. Das passiert prospektiv, also in die Zukunft gerichtet. Wegen gesetzlicher Umstellungen ist es bisher aber noch nicht gelungen, die Verhandlungen für 2020 und 2021 zu einem Ergebnis zu führen.

Über einen Großteil der Punkte wurde bereits Einigung erzielt, an anderen Stellen steht dies noch aus. Dass beide Verhandlungspartner unterschiedliche Positionen vertreten, ist aber normal. Wenn es kein Ergebnis gibt, muss notfalls eine Schiedsstelle angerufen werden. Wir haben uns kurzfristig – da muss man den Krankenkassen auch danken – auf einen gemeinsamen Weg verständigt, dass das Ganze bis zum 1. Januar 2022 erledigt werden soll.

Das heißt, Sie haben auch ein gewisses Verständnis für ihre Gegenseite am Verhandlungstisch, die Krankenkassen?

Es gibt in MV eine geordnete Krankenhauslandschaft, die auch angemessen ist. Die Finanzierung ist eigentlich klar geregelt, aber es gibt Bereiche, die von vornherein nicht auskömmlich finanziert sind. Dazu gehören zum Beispiel Bereiche wie Kinderkrankenpflege oder Gynäkologie, aber auch die Notfallversorgung im ländlichen Raum.

Hier werden Finanzierungslücken teilweise über Zuschläge gestopft, um die wiederum Krankenkassen und Krankenhausträger ringen. Aus der Position des Kämmerers heraus weiß ich: Nur weil jemand viel Geld zur Verfügung stellt, heißt es nicht, dass das auch immer sinnvoll eingesetzt wird. Es ist ganz normal, dass Mittelverwendung und Kapazitäten immer wieder überprüft und in Frage gestellt werden müssen. Das ist die Aufgabe der Krankenkassen.

Es klingt so, als ob dieses Problem dann eigentlich der Gesetzgeber anpacken müsste.

Das Demminer Krankenhaus dient der Grund- und Regelversorgung und muss gerade in unserer ländlichen Gegend dafür ein breites Angebot vorhalten, das aber nicht immer ausgenutzt wird. Wenn nicht so viele Patienten wie erwartet kommen, ist das erst einmal positiv, denn es deutet darauf hin, dass die Menschen gesund sind.

Das bedeutet aber auch, dass das Angebot eben nicht entsprechend genutzt wurde, und wirkt sich auf die Finanzierung aus. Hier sehe ich schon den Gesetzgeber in der Pflicht, damit Krankenhausträger und Kassen in solchen Situationen nicht miteinander feilschen müssen.

Ist die Situation in Demmin denn auch eine Auswirkung der Corona-Zeit und damit zusammenhängender Entwicklungen?

Im positiven wie im negativen Sinne. Zum einen haben wir 2020 ein positives Wirtschaftsergebnis erzielen können. Wir mussten zwar zum Teil nicht ausgelastete Stationen vorübergehend schließen. Dies wurde aber über Zuschläge ausgeglichen. Insbesondere der Aufbau von Intensivbetten für mögliche Coronafälle wurde auskömmlich finanziert, sodass am Ende des Jahres ein positives Betriebsergebnis stand.

Andererseits ist es jetzt so, dass die durchschnittliche Auslastung des Krankenhauses von sonst 75 Prozent zum Teil auf 45 Prozent gesunken ist. Es ist schwer, über die Gründe zu spekulieren, aber Fakt ist, dass diese Minderauslastung sich jetzt deutlich bemerkbar macht.

Das heißt, es ist zu erwarten, dass sich diese Situation wieder normalisiert? Und dass der Landkreis nicht jedes Jahr zusätzliches Geld in sein Krankenhaus stecken muss?

Ich sehe das ganz klar als kurzfristige Herausforderung an, die zum einen mit der Umstellung der Finanzierungsbedingungen, zum anderen mit der Auslastung in Pandemiezeiten zu tun hat. Es geht jetzt darum, die Liquiditätslücke zu schließen und mit den Krankenkassen eine Einigung zu finden. Ein dauerhaftes Problem für den Kreis darf nicht entstehen.

Das Ziel ist ganz klar, im Krankenhaus Demmin ohne dauerhafte Zuschüsse aus dem Kreishaushalt auszukommen. Maximal wäre es möglich, dem Krankenhaus jetzt ein Darlehen zu gewähren, das natürlich verzinst wird und zurückgezahlt werden muss. Das bedarf aber dann einer Beschlussfassung des Kreistages.