Gesundheitswesen
Luzerner Regierung geht bei ungedeckten Kosten von Kantonsspital und Psychiatrie über die Bücher

Was die Krankenkassen nicht bezahlen, bleibt bei Luzerner Kantonsspital und Psychiatrie als gemeinwirtschaftliche Leistungen übrig. Diese übernimmt der Kanton aber nur zum Teil. Die zuständige Kommission des Kantonsrats verlangt nun Lösungen.

Alexander von Däniken
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Blick ins Notfallzentrum des Luzerner Kantonsspitals.

Blick ins Notfallzentrum des Luzerner Kantonsspitals.

Corinne Glanzmann (8. Juni 2017)

Eigentlich ist die Finanzierung im Schweizer Gesundheitswesen so scharf wie ein Skalpell geregelt: Für ambulante medizinische Behandlungen kommen die Krankenkassen auf, die Kosten für stationäre Aufenthalte in Spitälern und Kliniken teilen sich der Kanton (55 Prozent) und die Krankenkassen (45 Prozent). Doch da sind noch die sogenannten gemeinwirtschaftlichen Leistungen (GWL). Das sind Leistungen, die zwar im Interesse der Öffentlichkeit sind, aber nicht über die obligatorische Krankenversicherung bezahlt werden dürfen. Ihre Definition ist allerdings unscharf. Das Krankenversicherungsgesetz nennt nur beispielhaft die Aufrechterhaltung von Spitalkapazitäten aus regionalpolitischen Gründen einerseits und die Forschung und universitäre Lehre andererseits.

Viele dieser Leistungen werden heute sowohl im Luzerner Kantonsspital (Luks) als auch in der Luzerner Psychiatrie (Lups) nur zum Teil vom Kanton abgegolten, schreibt Jim Wolanin in einem Postulat im Namen der Kommission Gesundheit, Arbeit und soziale Sicherheit. Wolanin ist FDP-Kantonsrat aus Neuenkirch und Präsident der Kommission. Diese fordert von der Regierung, im Zusammenhang mit dem Voranschlag 2022 eine Auslegeordnung der GWL zu machen, welche durch Spital und Psychiatrie erbracht werden müssen. Es brauche zudem einen Vorschlag, wie mittelfristig die finanzielle Unterdeckung bei den GWL behoben werden könne.

Regierung will Unterdeckungen genau überprüfen

Der Regierungsrat beantragt, das Postulat erheblich zu erklären. Er will sich für die Analyse aber mehr Zeit ausbedingen. Erste Erkenntnisse sollen für die Finanzplanung 2023–2026 vorliegen. Dafür sollen die Ergebnisse aus der Beratung des Planungsberichts über die psychiatrische Versorgung im Kanton Luzern mitberücksichtigt werden. Diese Beratung ist für die Dezembersession geplant.

Weiter schreibt die Regierung, dass sie den Kern der Forderung teile, wonach die bestellten gemeinwirtschaftlichen Leistungen korrekt abgegolten werden sollen. «Wir erachten es jedoch weder als sachgerecht noch als realistisch, wenn wir die verbleibenden, von den Unternehmen ausgewiesenen Unterdeckungen ohne detaillierte Prüfung übernehmen würden.» Im Sinne einer Auslegeordnung sollen deshalb das Angebot an GWL und die ausgewiesenen Unterdeckungen analysiert, die Relevanz für die übrigen Listenspitäler geprüft und diese Erkenntnisse mit der Praxis in ausgewählten anderen Kantonen verglichen werden.

Hohe Differenz zwischen bezahlten und ungedeckten Leistungen

Für das Jahr 2020 hat das Luks gemäss Regierungsrat ungedeckte gemeinwirtschaftliche Leistungen von 30,6 Millionen Franken ausgewiesen; davon entfielen 22,7 Millionen Franken auf die Lehre von Unterassistenz- und Assistenzärztinnen und -ärzten sowie 6,2 Millionen Franken auf regionalpolitische Gründe (vor allem Spital Wolhusen). Eine weitere wesentlich unterfinanzierte Leistung aus Sicht des Luks ist die Sanitätsnotrufzentrale (1,2 Millionen). Die Lups hat für 2020 Bereiche mit Unterdeckung im Umfang von 3,3 Millionen Franken ausgewiesen.

Gedeckt hat der Kanton Luzern zum Teil wesentlich tiefere Beträge. Beim Luzerner Kantonsspital waren es letztes Jahr knapp 8,7 Millionen Franken. Davon flossen unter anderem über 3,8 Millionen Franken in die ärztliche Weiterbildung, rund 3,2 Millionen Franken in Leistungen der ländlichen Standorte und eine knappe Million an den Sanitätsnotruf. Bei der Psychiatrie hat der Kanton letztes Jahr rund 9,8 Millionen Franken an GWL bezahlt. Davon flossen unter anderen 2,7 Millionen in die Sozialpsychiatrie bei Erwachsenen, 2 Millionen in die ambulanten Leistungen für Erwachsene und 1,1 Millionen Franken in das Drop-in, die Behandlungsstelle für opioid- oder mehrfachabhängige Menschen. Der Regierungsrat weist auf bereits beschlossene Verbesserungen hin. So seien im Budget 2021 des Kantons bereits GWL-Erhöhungen an Luks und Lups einberechnet worden.

Kommissionspräsident Jim Wolanin freut sich, dass der Regierungsrat bei den GWL Handlungsbedarf sieht und das Postulat unterstützt. «Die Differenz zwischen gedeckten und ungedeckten GWL ist beachtlich, liegt aber – leider, muss man sagen – im Rahmen der Erwartungen.» In Anbetracht der Höhe der ungedeckten gemeinwirtschaftlichen Leistungen sei eine seriöse Prüfung sinnvoll. Weil diese noch nicht für die Behandlung des Budgets 2022 möglich ist, hat die Kommission zwei Mitberichte zur GWL an die Planungs- und Finanzkommission überwiesen. «Diese unterstützt eine Bemerkung, welche vorsieht, dass die GWL analysiert werden und allenfalls das Globalbudget per 2023 entsprechend erhöht wird.» Das zusätzliche Jahr könne darum gut abgewartet werden.