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Uniklinikum Mannheim: Nach Hygieneskandal – BGH bestätigt Urteil gegen Ex-Geschäftsführer

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Universitätsklinikum Mannheim
Haupteingang zum Universitätsklinikum Mannheim (Archivfoto). © MANNHEIM24/Eliran Kendi

Mannheim – Nach dem unfassbaren Hygieneskandal am Uniklinikum wurde der Ex-Geschäftsführer im April verurteilt. Jetzt hat der Bundesgerichtshof die Strafe bestätigt:

Update vom 25. Oktober: Das Landgericht Mannheim hat den 73-jährigen Angeklagten D. wegen vorsätzlichen Betreibens von Medizinprodukten entgegen § 14 Satz 2 des früheren Medizinproduktegesetzes zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt und die Vollstreckung der Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt. Nach den Feststellungen des Landgerichts ließ der Angeklagte in seiner Eigenschaft als alleiniger Geschäftsführer der Universitätsklinikum Mannheim GmbH im Zeitraum von 2007 bis 2014 aus Gründen der Kostenersparnis durch das Klinikpersonal Medizinprodukte im Klinikbetrieb einsetzen, die den geltenden Hygienebestimmungen nicht ansatzweise entsprachen.

Trotz wiederholter Beanstandungen des Regierungspräsidiums Karlsruhe sowie mannigfaltiger Beschwerden aus der Beleg- und Ärzteschaft des Klinikums wegen gravierender hygienischer Mängel bei der Aufbereitung und Aufbewahrung von Sterilgut nebst Hinweisen auf die hierdurch bestehende Gefährdung der Patientensicherheit ergriff er keine ausreichenden Maßnahmen zur Beseitigung der – teilweise mit bloßem Auge sichtbaren – Mängel und ließ Medizinprodukte wie beispielsweise Operationsbesteck ohne vorherige ordnungsgemäße Desinfektion weiterhin im Klinikbetrieb einsetzen. Hierdurch wurden im ausgeurteilten Zeitraum (2011 bis 2014) mindestens 50.000 Patienten in ihrer Gesundheit gefährdet. 

Der Senat hat das auf die allgemeine Sachrüge gestützte Rechtsmittel des Angeklagten verworfen; das Urteil des Landgerichts ist somit insgesamt rechtskräftig. 

Uniklinikum Mannheim: Krankenhaus-Manager nach Hygieneskandal verurteilt

Erstmeldung vom 27. April: Knapp sechseinhalb Jahre nach dem denkwürdigen Skandal am Uniklinikum Mannheim ist die juristische Aufarbeitung vorerst abgeschlossen: Der ehemalige Klinik-Geschäftsführer ist vor dem Landgericht Mannheim zu zwei Jahren und drei Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt worden. Er habe als Betreiber von Medizinprodukten gegen das Medizinproduktegesetz in besonders schwerem Fall verstoßen und zwischen 2007 und 2014 die Gesundheitsgefährdung von Tausenden Patienten in Kauf genommen, argumentierte das Gericht am Montag (26. April). Drei Monate der Strafe gelten als vollstreckt. Überdies soll der 72-Jährige 75.000 Euro an verschiedene Projekte des Uniklinikums zahlen.

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Mannheim: Ehemaliger Geschäftsführer des Klinikum Mannheim verurteilt

Erstmals gelangen gruselige Details 2014 durch einen anonymen Tipp an die Öffentlichkeit. Jahrelang sollen im Universitätsklinikum Mannheim Chirurgen offenbar mit verschmutzten Instrumenten operiert haben. Am OP-Besteck sollen angeblich sogar Blut und Knochensplitter geklebt haben. Diese Berichte haben die Uniklinik Ruf, Patienten und Millionen-Einnahmen gekostet. Überdies werden anschließend hohe Investitionen in die Sterilisation fällig. Die Uniklinik nimmt im Jahr rund 18.000 Eingriffe vor.

OB und Aufsichtsratsvorsitzender Dr. Peter Kurz (SPD) und Ärztlicher Direktor Prof. Dr. Frederik Wenz.
Hygiene-Skandal: OB und Aufsichtsratsvorsitzender Dr. Peter Kurz (re., SPD) und Ärztlicher Direktor Prof. Dr. Frederik Wenz stehen Rede und Antwort (22. Dezember 2014). © MANNHEIM24/Peter Kiefer

Wie die Deutsche Presse-Agentur berichtet soll sich der Klinikmanager bereits 2007 um die Abarbeitung einer behördlichen Mängelliste nicht gekümmert haben. „Er hat als Geschäftsführer einer sehr großen Klinik seine Hausaufgaben vorsätzlich nicht gemacht“, resümierte der Vorsitzende Richter Ulrich Bunk. Die Reinigung von Operationsbesteck habe er an Untergebene weitergeleitet: Diese hätten kaum Ahnung gehabt, seien nicht eingewiesen, nicht kontrolliert und nicht mit den nötigen Mitteln ausgestattet worden.

Mannheim: Verteidiger des Klinik-Managers will Urteil anfechten

Der Verteidiger des Ex-Präsidenten der Deutschen Krankenhausgesellschaft will den Urteilsspruch anfechten: „Das Urteil ist so falsch wie ein Urteil nur sein kann.“ Das Gericht habe den Fokus auf Vorsatz zuungunsten der Fahrlässigkeit gelegt, kritisiert er.

Das Mannheimer Landgericht.
Klinik-Manager am Mannheimer Landgericht verurteilt. (Symbolfoto) © MANNHEIM24

Der Anwalt des Angeklagten hat beantragt, das Verfahren einzustellen, da seinem Mandanten nur Fahrlässigkeit vorzuwerfen sei und die fahrlässige Tat verjährt sei. Der Angeklagte hat sich damit gerechtfertigt, dass er von den ihm unterstellten Führungskräften nicht über Missstände informiert worden sei.

Die Staatsanwaltschaft zeigt sich hingegen zufrieden mit dem Urteil, hat sie doch auf zwei Jahre auf Bewährung plädiert. Sie sieht als eines der Motive für die sträfliche Untätigkeit des Ex-Klinikmanagers den Kostendruck im Gesundheitswesen an.

Mannheim: Urteil gegen ehemaligen Klinikum-Manager ist umstritten

Trotz des Ärgers um die damiligen Zustände im Klinikum Mannheim ist der Schuldspruch umstritten: Denn die Folgen für Patienten wie Wundinfektionen nach Operationen haben nicht zweifelsfrei mit Versäumnissen in der Sterilgutaufbereitung in Verbindung gebracht werden können.

Dennoch zähle die Möglichkeit von Gesundheitsschädigungen, betont Richter Bunk. Hinzu komme die fehlende Fachkunde eines Großteils der damaligen Mitarbeiter in der Abteilung für Sterilgutaufbereitung, auf die der Ex-Manager schon 2002 als Vize-Geschäftsführer aufmerksam gemacht worden sei. Alles in allem seien einzelne Maßnahmen zu spät und zu wenig systematisch vorgenommen worden.

Das Mannheimer Universitätsklinikum mit rund 5.000 Mitarbeitern ist nach eigenen Angaben bundesweit das einzige in kommunaler Hand: Während die Fakultät der Universität Heidelberg und damit dem Land zugerechnet wird, gehört die Krankenversorgung zur Stadt. (esk mit dpa)

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