Der Pflegemangel in Großbritannien hat sich einem Bericht zufolge durch den Brexit deutlich verschärft. Vor allem Behinderte, die Hilfe bei alltäglichen Aufgaben brauchen, hätten Probleme, entsprechende Pflegekräfte zu finden, berichtet der Guardian.

"Normalerweise rekrutieren wir mehr als 100 (Pflegekräfte) pro Jahr. Jetzt sind es um die 50", sagte Peter Henry von der Organisation Origin, die Pflegekräfte für Menschen mit Wirbelsäulenleiden vermittelt. Seit Juli habe sich die Situation dramatisch verschärft. Henry führt das auf das Ende der Bewerbungsfrist für das sogenannte Settlement Scheme zurück. Das Programm soll EU-Bürgern, die bereits vor dem Brexit im Land gelebt haben, weitgehend die gleichen Rechte gewähren wie zuvor.

Nach dem Brexit können Beschäftigte aus der EU ansonsten nicht mehr ohne Visum in Großbritannien arbeiten. Dieses muss von einem Arbeitgeber befürwortet werden. Viele der Pflegekräfte, die bei Behinderten leben und sie pflegen, kommen den Organisationen zufolge aus dem Ausland. Mittlerweile müsse man regelmäßig Anträge zurückweisen, sagte Peter Henry. Auch Katy Etherington, die die Datenbank für persönliche Pflegekräfte PA Pool betreibt, berichtete der Zeitung, britische Bewerber könnten die fehlenden europäischen Kräfte nicht ausgleichen.

Flexiblere Einwanderungsregeln für Pflegebranche gefordert

Die Organisation Disabled People Against Cuts hat bereits vor Monaten von der Regierung gefordert, flexiblere Einwanderungsregeln für die Branche einzuführen. Die Regierung lehnt das bislang ab.

Ein Sprecher des britischen Innenministeriums sagte der Zeitung, die Arbeitgeber sollten sich zunächst auf einheimische Jobsuchende konzentrieren, statt auf zugewanderte Pflegende zu warten. Die Regierung habe außerdem den unabhängigen Migrationsbeirat beauftragt, den Brexit und das damit verbundene Ende der Freizügigkeit auf Pflegeberufe und Berufe im Sozialen Bereich zu untersuchen, sagte der Sprecher.

Seit dem vollzogenen Austritt aus der  Europäischen Union hat sich der Fachkräftemangel in Großbritannien deutlich verschärft. Neben Pflegepersonal fehlt es dem Land unter anderem an Schlachtern und Lkw-Fahrern, weshalb Benzin und einige Lebensmittel in mehreren Regionen des Landes zuletzt knapp geworden waren.

Das Problem der Lkw-Fahrer könnte sich laut einem Bericht von Sky News aber bald in den Personenverkehr verlagern: Wegen besserer Löhne hätten sich zuletzt etliche Busfahrer entschieden, in die Logistik zu wechseln, berichtet der Sender.

Busfahrer hätten genauso wie LKW-Fahrer lange Schichten und nicht genügend Toiletten und Sanitäranlagen zur Verfügung, sagte Bobby Morton von der Gewerkschaft Unite. "Daher denken sich die Leute jetzt, wenn wir weiter unter diesen viktorianischen Bedingungen arbeiten müssen, dann können wir auch für 20 Pfund die Stunde einen Lastwagen fahren, statt für zehn Pfund die Stunde einen Bus", sagte Morton Sky News. "Daher gehen die Busfahrer gerade in Scharen in die andere Branche."