Unterfinanzierung und Liquiditätsengpass bedroht die Krankenhausversorgung in Hessen mitten in der Pandemie

Der Vorstand des Klinikverbunds Hessen e. V. fordert umgehendes Handeln der Politik

 |  Wetzlar

Der Vorstand des Klinikverbunds Hessen e. V. hat in seiner Sitzung am 28.10.2021 über die aktuelle Situation seiner Mitgliedskrankenhäuser beraten. „Die meisten unserer Mitgliedskrankenhäuser sehen ihre finanzielle Lage für die kommenden Monate kritisch oder fürchten sogar eine Insolvenzgefahr“, erklärt Clemens Maurer, Vorstandsvorsitzender des Klinikverbunds Hessen. Aufgrund der Pandemie seien die allgemeinen Fallzahlen und damit auch die Krankenhauserlöse eingebrochen und nach wie vor deutlich unter dem Niveau der Jahre vor der Pandemie. Dies resultiere zum großen Teil daraus, dass die Krankenhäuser Intensivbetten und Normalstationen sperren müssten, um sie ggf. mit Covid-Patienten belegen zu können, und dass hierfür notwenige Personal aus anderen Bereichen abgezogen werden müsse. Dadurch seien die Krankenhäuser in ihren Leistungsmöglichkeiten und damit ihren Einnahmen stark beeinträchtigt, während die Kosten weiter anstiegen. Aufgrund der Vorhalteverpflichtung sei es den Krankenhäusern faktisch schon heute nicht möglich, Nicht-Covid-Patienten in vollem Umfang zu behandeln.

Gleichzeitig nehme das Pandemiegeschehen und damit auch die Anzahl der COVID-Fälle im Krankenhaus wieder deutlich zu. Dies führe zu neuen Belastungen insbesondere der Intensivstationen und des dort tätigen Personals. Aufgrund belastungs- und frustrationsbedingter Fluktuation stünde jedoch immer weniger qualifiziertes Personal für die Intensivversorgung zur Verfügung. Die Pflegekräfte seien enttäuscht, dass dem Applaus der ersten Monate keine spürbare Verbesserung ihrer Arbeitsbedingungen folgte

Trotz dieser Situation habe die Bundespolitik beschlossen, die Krankenhäuser bei der Bewältigung der Pandemie nicht weiter zu unterstützen: Freihaltepauschalen gäbe es seit Juli nicht mehr, und mit Dezember endeten die Ausgleichsregelungen für Mindererlöse. Gleichzeitig werde die allgemeine Krankenhausvergütung wegen des Pflegebudgets erneut abgesenkt. Zusätzlich zu diesen Belastungen für die Krankenhäuser führe eine weitere Entscheidung der Bundespolitik ab Januar zu einer existenziellen Bedrohung vieler Kliniken: „Wenn mit dem Jahreswechsel die Zahlungsfrist der Krankenkassen für Krankenhausbehandlungen von 5 Tagen ausläuft und in Hessen wieder auf 30 Tage angehoben wird, stehen im Januar viele Krankenhäuser quasi ohne Einnahmen da“, betont Maurer weiter. Dies könnten etliche der öffentlichen Kliniken und ihrer kommunalen Träger kaum kompensieren, wie die Ergebnisse einer Umfrage des Klinikverbunds Hessen unter den Mitgliedern belegen.

Dazu komme die Unterfinanzierung der Pflegepersonalkosten, die durch den festgelegten Pflegeentgeltwert in keiner Weise gedeckt seien. „Eigentlich sollte mit dem Pflegepersonalstärkungsgesetz das Pflegepersonal besser finanziert werden, aber der Abschlag, den die Krankenkassen derzeit zahlen, deckt die Pflegekosten nur zu einem Bruchteil, so dass die Kliniken ihr Pflegepersonalkosten jahrelang vorfinanzieren müssen – aus abgesenkten DRG-Erlösen, in denen ausdrücklich kein Cent mehr für die Pflege enthalten ist“ erläutert Reinhard Schaffert, Geschäftsführer des Klinikverbunds Hessen. Durch immer neue Nachweisforderungen und Strittigstellung der Zuordnung von Kosten zögerten die Kassen die Verhandlungen hinaus, so dass es in Hessen noch kein einziges genehmigtes Pflegebudget für das Jahr 2020 oder 2021 gebe. „Gleichzeitig soll die Vergütung der Krankenhäuser über die Fallpauschalen erneut um 175 Millionen Euro abgesenkt werden, “, betont Schaffert.

Die kurzfristige Reduzierung der Zahl der Krankenhäuser aufgrund wahlloser, durch solche politischen Entscheidungen verursachter Klinikinsolvenzen könne nicht das Ziel einer vernünftigen Gesundheitspolitik sein. Vielmehr müsse eine zukunftsweisende Strategie der Gesundheitsversorgung in Hessen und Deutschland fachlich fundiert und politisch transparent diskutiert werden. „An einer solchen sachlichen Debatte beteiligen auch wir uns als Klinikverbund Hessen und laden dazu ein, dies bei unserem Kongress „Zukunft Gesundheit“ am 16. Februar 2022 in Wiesbaden zu diskutieren“, meint Schaffert.

Um die akute Gefährdung der Krankenhausversorgung abzuwenden, fordert der Vorstand des Klinikverbunds Hessen e. V. daher:

  • umgehend die verkürzte Zahlungsfrist für Krankenhausleistungen beizubehalten
  • die Vorhaltung von Covid-Behandlungsbereichen zu vergüten
  • den Abschlag für die Pflegepersonalkosten („vorläufiger Pflegentgeltwert“) an die tatsächlichen Kosten anzupassen
  • auch für das Jahr 2022 einen vollständigen Ausgleich der Mindererlöse gegenüber 2019 zu ermöglichen
  • und auf die Absenkung der Krankenhausvergütungen im Fallpauschalenkatalog zu verzichten.

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