In Norden kümmert sich ab sofort ein Hausarzt um Patienten in der Notaufnahme der Ubbo-Emmius-Klinik, die zwar unter akuten Beschwerden leiden, jedoch nicht stationär behandelt werden müssen. Bis zu einem Viertel der Erkrankten in der Notaufnahme gehören nämlich eigentlich in hausärztliche Behandlung, schätzt der Chefarzt des Interdisziplinären Notfallzentrums, Dr. Alexander Dinse-Lambracht. Bei rund 18.000 Patienten pro Jahr wären das mehr als 4500 Patienten. Reicht da ein Arzt mit acht Stunden an zwei Vormittagen in der Woche aus? Wohl kaum.

Die Erfahrung der Ärzte zeigt schon jetzt, dass viele Patienten mit Beschwerden nicht zum Hausarzt, sondern eher in die Notaufnahme gehen. Bei einem Stechen in der Brust, Atemnot oder dauerhaften motorischen Störungen ist diese sicherlich auch die richtige Anlaufstelle. Doch immer häufiger suchen auch Menschen mit weniger akuten Beschwerden die Notfallstation auf, weil Hausarztpraxen voll sind und es gerade für Neubürger fast aussichtslos ist, überhaupt noch irgendwo einen Termin zu bekommen. Ganz zu schweigen von der Tatsache, dass sich Norden in den Sommermonaten mit 20.000 Urlaubsgästen quasi verdoppelt – und das zusätzlich zum schon jetzt hohen Altersdurchschnitt.

Der positive Aspekt des Projekts, die Notfälle als solche behandeln zu können und weniger dringliche Patienten an einen Hausarzt zu verweisen, steht außer Frage. Entlastung für Ärzte auf der einen, ein zusätzliches Angebot für Patienten auf der anderen Seite. Doch ist es nicht nur eine Verschiebung eines viel größeren Problems? Die Zahl der Ärzte in Norden und auch darüber hinaus ist schon lange nicht mehr ausreichend. Mit der neuen Notfall-Triage-Praxis besteht die Gefahr, dass die Zahl der Patienten in der Notaufnahme noch weiter steigt.