Zusammenfassung
1. Dem ärztlichen Leiter eines MVZ kommt eine besondere Pflichtstellung hinsichtlich des ordnungsgemäßen Ablaufs der vertragsärztlichen Versorgung im MVZ zu; er hat die Verantwortung für die ärztliche Steuerung der Betriebsabläufe und eine Gesamtverantwortung gegenüber der KÄV. Der ärztliche Leiter garantiert mit seiner Unterschrift, dass die Abrechnung ordnungsgemäß, d.h. vollständig entsprechend der Leistungslegende erbracht wurde.
2. Bei der Pflicht zur peinlich genauen Abrechnung handelt es sich um eine Grundpflicht und eine der tragenden Säulen des vertrauensbasierten Vertragsarztsystems. Kooperationsformen müssen so gelegt werden, wie dies dem Zulassungs-/Genehmigungsstatus entspricht.
3. Das gleichzeitige Einlesen bzw. das Doppeleinlesen der Versichertenkarte in einem MVZ und das Vorhandensein umfangreicher Dokumente wie Aufklärungsbögen für den operativen Eingriff in dem anderen MVZ sind untypisch für zwei wirtschaftlich unabhängige Einrichtungen.
4. Es ist zumindest von Fahrlässigkeit auszugehen, wenn ein ärztlicher Leiter unter mehreren Aspekten gegen seine Pflicht zur peinlich genauen Abrechnung verstoßen hat.
5. Es ist so zu dokumentieren, dass ein fachkundiger Außenstehender ohne weiteres in der Lage ist zu beurteilen, ob die jeweiligen Leistungsbestandteile erfüllt sind.
6. Für den Disziplinarausschuss einer KÄV besteht ein Auswahlermessen zwischen den einzelnen Disziplinarmaßnahmen. Ein Disziplinarbescheid ist nicht rechtswidrig, wenn zwar einige der ihm zugrunde liegenden Vorwürfe entfallen, die übrigen aber die ausgesprochene Maßnahme nach Art und Höhe rechtfertigen und die im Bescheid dargelegten Ermessenserwägungen dem nicht entgegenstehen.
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SG München, Gerichtsbescheid v. 22.1.2021 – S 38 KA 165/19. Zur disziplinarrechtlichen Verantwortung des ärztlichen Leiters eines medizinischen Versorgungszentrums (MVZ). MedR 39, 1031–1034 (2021). https://doi.org/10.1007/s00350-021-6047-z
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