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Stadt unterstützt Krankenhaus Klinikum wegen Corona ins Defizit gerutscht

Einen Zuschuss in Höhe von 1,5 Millionen Euro hat die Stadt aus ihrem Corona-Fonds an das kommunale Krankenhaus überwiesen. Die Klinik fuhr den Verlust ein, weil Ende Juni Bundeshilfen wegfielen.
02.11.2021, 17:28 Uhr
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Klinikum wegen Corona ins Defizit gerutscht
Von Gerwin Möller

Das Delme Klinikum leidet unter der Pandemie – zumindest finanziell. Weil das Krankenhaus für Covid-Patienten Kapazitäten im Isolierbereich und für die Intensivstation bereithalten muss, wurden aufschiebbare Behandlungen verlegt. So entstandene Mindereinnahmen bekam die Klinik durch Ausgleichszahlungen des Bundes ersetzt. Weil die Belastungen für die Krankenhäuser mittlerweile zurückgegangen sind und die Rückkehr zum Normalbetrieb auch wieder zu mehr Einnahmen führt, ist die Auszahlung der Bundesgelder Ende Juni eingestellt worden. Im Delme Klinikum fanden in Juli und August aber weiterhin etwa 6,5 Prozent weniger Patienten Aufnahme als geplant, somit hat sich ein Minus aufgebaut.

Klinikgeschäftsführer Florian Friedel hatte Mitte September den Verwaltungsausschuss der Stadt Delmenhorst über einen außerplanmäßigen Verlust von rund 1,5 Millionen Euro informiert. Fürs Defizit macht er auch "erhebliche Mehrkosten" im Labor und für die Hygieneausrüstung verantwortlich. Zwar habe sich im September die Belegung wieder erholt, "im Oktober hatten wir fast wieder eine normale Belegung", den Verlust aus Juni/August werde man aber nicht wieder aufholen. Eigentlich sei ein solcher Verlust durch die Eigenkapitalsituation auffangbar, so Friedel. "Bilanziell ist das verkraftbar." Friedel weist aber auf die Inanspruchnahme von zwei Millionen Euro hin, die schon für den Krankenhausneubau geflossen seien. Das Klinikum soll bis 2026 für rund 180 Millionen Euro einen Neubau für 290 Betten bekommen. Aus Hannover fließen rund 150 Millionen Euro in das Projekt. Etwa 30 Millionen Euro soll das Krankenhaus im Rahmen seiner Wirtschaftsplanung selbst aufbringen. Und eben die genannten zwei Millionen Euro, weil sie für Bereiche verplant sind, die als nicht förderungsfähig gelten. "Aus diesem Grund gewährt die Stadt nun aus den für die Corona-Krise gebildeten Rücklagen einen Zuschuss in Höhe der prognostizierten pandemiebedingten Planabweichung", sagt Friedel gegenüber unserer Redaktion.

Der Geschäftsführer pocht darauf, dass das Delme Klinikum "stärker als die meisten anderen Krankenhäuser der gleichen Versorgungsstufe von Corona betroffen war". Gleichzeitig habe man aber anders als viele andere Krankenhäuser bisher noch keine zusätzlichen Mittel durch die Kommune als Träger in Anspruch nehmen müssen. "Insbesondere der Umstand, dass das Krankenhaus den entstehenden Verlust bilanziell verkraften kann, zeigt, wie robust wir aufgestellt sind", sagt der Klinikmanager.

Das Delme Klinikum ist aus dem früheren Städtischen Klinikum und dem katholischen St.-Josef-Stift hervorgegangen. Die beiden defizitären Häuser waren 2016 an der Wildeshauser Straße zusammengelegt worden. 2017 meldete die Klinik Insolvenz an, ihr Minus lag damals bei mehr als zwölf Millionen Euro. 2018 wurde die Einrichtung von der Stadt Delmenhorst  übernommen, damals wurden rund 14 Millionen Euro für ein Konsolidierungskonzept hingelegt. Das Krankenhaus hatte seitdem nur einen kurzen Zeitraum, um Rücklagen aufzubauen, so Friedel. "Nur wenn sich die Belegung mindestens auf dem jetzt im Oktober erreichten Niveau hält, werden wir auch in der Zukunft den weiteren Sanierungskurs ganz vorrangig aus eigener Kraft fortsetzen können."

Von der Bundesebene erwartet Friedel, dass das vom scheidenden Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) gegebene Versprechen, dass kein Krankenhaus wegen Corona ins Defizit rutschen werde, auch von der neuen Regierung eingelöst wird. "Zur Sicherstellung der stationären Versorgung brauchen die Krankenhäuser verlässliche Finanzierungszusagen und Planungssicherheit", so Friedel. "In den zurückliegenden Monaten fühlen wir Krankenhäuser uns von der Bundespolitik im Stich gelassen." Dies führe nun dazu, dass auf kommunaler Ebene die bundespolitischen Versäumnisse aufgefangen werden müssten.

"Wir sind gerade in einem Zeitraum zwischen den Zeiten", sagt die Delmenhorster Bundestagsabgeordnete Susanne Mittag (SPD) auf Nachfrage und meint damit die Verhandlungen über eine Koalition von SPD, Grünen und FDP in Berlin. Für Versprechen von Jens Spahn sei alleine dieser zuständig. Aussagen, wie sich eine Ampelregierung verhalten werde, könne sie noch nicht vornehmen und bittet dafür um Verständnis. Da sie sich derzeit in Berlin befinde, habe sie gerade keine Gelegenheit, mit dem Klinik-Geschäftsführer Rücksprache zu halten. Der ebenfalls von unserer Redaktion befragte Christan Dürr, FDP-Abgeordneter im Bundestag, fand keine Zeit, sich bis Redaktionsschluss zu äußern.

Zur Sache

Klinik mit 830 Beschäftigten

Anfang Juli wurde das Josef-Hospital in Delme Klinikum Delmenhorst (DKD) umbenannt. Das 2018 rekommunalisierte Haus ist damit wieder eindeutig als Krankenhaus der Stadt erkennbar. Aktuell hat das Haus 290 Planbetten. Am Klinikum für die Grund- und Regelversorgung für rund 120.000 Menschen in der Region arbeiten 830 Beschäftigten, die sich auf 685 Vollzeitstellen verteilen. Über eine Betriebsvereinbarung sind die Mitarbeiter übrigens an künftigen Gewinnen des Klinikums beteiligt. Sollte das DKD verkauft werden, würden die Beschäftigten ebenfalls wie Gesellschafter am Erlös teilhaben.

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