Krankenhaus-Fusionen gegen Pflegenotstand? Expertenratsmitglied mit ungewöhnlicher Forderung

Krankenschwestern betreuen in einem Krankenhaus einen Patienten auf einer Intensivstation.

Pflegekräfte betreuen in einem Krankenhaus einen Patienten auf einer Intensivstation (Symbolbild).

Ob Altenpflege oder Krankenhäuser: Die Pflegebranche leidet schon seit vielen Jahren unter Personalengpässen und die Personalnot wird sich in den nächsten Jahren weiter verschärfen. Dabei liegt es nicht am Geld, denn die Krankenkassen müssen beispielsweise den Kliniken Kosten für mehr Pflegepersonal am Bett ungedeckelt erstatten. Es gibt schlichtweg zu wenig Pflegekräfte, sodass die Arbeitsbelastung für die wenigen Pflegerinnen und Pfleger hoch ist.

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Für eine geringfügige Entlastung sollten die 2019 eingeführten Pflegepersonaluntergrenzen sorgen. Sie legen unter anderem für Intensivstationen fest, wie viele Patienten eine Pflegekraft höchstens betreuen darf. Doch Zahlen des Spitzenverbands der gesetzlichen Krankenkassen (GKV) zeigen, dass vielerorts diese Grenzen nicht eingehalten werden (Stand: 2. Quartal 2021):

  • Neurologische Schlaganfallstationen: 20,3 Prozent der Schichten sind unterbesetzt
  • Intensivstationen: 15,8 Prozent der Schichten sind unterbesetzt
  • Stationen der Neurologie: 14,2 Prozent der Schichten sind unterbesetzt
  • Stationen der Unfallchirurgie: 13,4 Prozent der Schichten sind unterbesetzt
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Intensivmediziner Karagiannidis: Kliniken müssen fusionieren

Der Intensivmediziner und Mitglied im Corona-Expertenrat der Bundesregierung, Christian Karagiannidis, sagte im RND-Interview: „Alleine von den 1300 Intensivstationen klagen 750 über zu wenig Personal.“ Mehr als jede zweite Intensivstation habe somit „aktuell manifeste Personalprobleme“ und könne deswegen nicht alle Betten betreiben. „Das ist in den letzten Monaten kein Deut besser geworden.“ Karagiannidis hat ein umfassende Aufarbeitung der Corona-Pandemie gefordert. „Wir müssen uns nach der Omikron-Welle zusammensetzen und eine genaue Analyse vornehmen, ohne anzuklagen.“ Das vielleicht größte Problem sei die geringe Zahl der Pflegekräfte.

Der Experte schlägt mit Blick auf den Pflegenotstand vor: „Um die Arbeitsbelastung der Pflegekräfte zu reduzieren, brauchen wir einen besseren Personalschlüssel.“ Eine Pflegekraft könne auf Dauer nicht mehr so viele Patientinnen und Patienten betreuen. „Dafür müssen wir die Kliniken so aufstellen, dass sich die Pflegekräfte mit einem besseren Schlüssel mehr an einem Standort konzentrieren. Das bedeutet, wir müssen zeitnah Kliniken fusionieren.“

Karagiannidis erklärte, dies betreffe „vor allem kleinere Kliniken, in denen Pflegekräfte zum Beispiel nachts alleine arbeiten müssen“. Durch die Fusionierung würden sich Synergieeffekte erzeugen lassen, die dann die individuelle Arbeitslast reduzieren könnten.

Mit Blick auf eine neue Corona-Welle im Herbst, rief der Experte zu einer Kursänderung auf: „Wir brauchen für den Herbst eine neue Teststrategie. Wir müssen davon wegkommen, dass wir weiterhin so extrem viel testen, denn das sorgt für ökologische und ökonomische Probleme.“ Konkret schlug er vor, „im Herbst nicht mehr auf Verdacht zu testen, sondern Tests nur noch für vulnerable Gruppen und Personen mit Corona-Symptomen anzubieten“. Karagiannidis sprach sich zudem dafür aus, mehr Abwasserscreenings und ein Monitoring der Patienten mit Atemwegsinfektionen“ vorzunehmen. Auch Masken werde man im Herbst wieder benötigen.

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