Beschaffungsplanung und KHZG-Ausschreibungen

Auch wenn die Fördermittelbescheide größtenteils noch auf sich warten lassen, beschäftigen sich derzeit viele Krankenhäuser vorausschauend mit der Beschaffungsplanung – nicht zuletzt vor dem Hintergrund, dass das Krankenhauszukunftsgesetz (KHZG) explizit eine Förderung bereits begonnener Vorhaben ermöglicht.

Überblick über die wichtigsten Schritte des Beschaffungsprozesses

Auch wenn die Fördermittelbescheide größtenteils noch auf sich warten lassen, beschäftigen sich derzeit viele Krankenhäuser vorausschauend mit der Beschaffungsplanung – nicht zuletzt vor dem Hintergrund, dass das Krankenhauszukunftsgesetz (KHZG), entgegen dem allgemeinen Grundsatz des Verbots des vorzeitigen Maßnahmenbeginns, explizit eine Förderung bereits begonnener Vorhaben ermöglicht. Wir geben einen Überblick über die wichtigsten Schritte des Beschaffungsprozesses und praxisnahe Hinweise zur Auftragsvergabe im Kontext der KHZG-Förderung.

Im Rahmen der Beschaffungsplanung stellen sich vor der konkreten Beauftragung diverse Fragen in der praktischen Handhabung, zum Beispiel:

  • Welche Beauftragungen müssen ausgeschrieben werden?
  • Muss eine Ausschreibung gemäß EU-Vergaberecht erfolgen?
  • Welche Wertgrenzen sind für welche Beauftragungsinhalte maßgeblich?
  • Ist eine Ausschreibung notwendig, wenn aufgrund von technologischen Alleinstellungsmerkmalen nur die Beauftragung eines bestimmten Herstellers bzw. die Beschaffung eines bestimmten Produktes möglich erscheint?
  • Wie kann der Nachweis für eine Beauftragung nach dem Gebot der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit geführt werden?

Dass hierbei je nach der rechtlichen Situation des Krankenhausträgers unterschiedliche, insbesondere länderspezifische Regelungen und befristete Corona-Sonderregelungen greifen, macht es in der Praxis nicht einfach, den Überblick zu behalten.

Schritt 1: Bedarfsermittlung
Der erste Schritt der Beschaffungsplanung besteht üblicherweise darin, die Bedarfe gemäß der Projekt- und Einführungsplanung inhaltlich und zeitlich zu strukturieren sowie Zusammenhänge und Bündelungen zu identifizieren. Dabei gilt es nicht zuletzt, auch strategisch abzuwägen und zu entscheiden, ob Einzelkomponenten beschafft werden sollen oder die Bereitstellung funktionsfähiger Gesamtsysteme beauftragt werden soll. Zu den förderfähigen Einzelkomponenten zählen insbesondere

  • Softwarelizenzen sowie dazugehöriger Service und Wartungsleistungen (begrenzt auf die ersten 3 Jahre)
  • Hardwarekomponenten sowie dazugehöriger Service und Wartungsleistungen (begrenzt auf die ersten 3 Jahre)
  • Dienstleistungen im Kontext der KHZG-Umsetzung


Sollte sich im Rahmen der Bedarfsplanung im Gesamtzusammenhang zeigen, dass eine kombinierte Beschaffung von KHZG-förderfähigen und nicht förderfähigen bzw. nicht zur Förderung beantragten Bestandteilen sinnvoll ist, zum Beispiel weil sich erst hieraus eine prozessuale Funktionsfähigkeit ergibt, ist darauf zu achten, dass die „KHZG-Bestandteile“ kaufmännisch bei der Beauftragung bzw. späteren Rechnungsstellung abgegrenzt werden können, so dass eine zweckmäßige KHZG-Mittelverwendung im Rahmen der Nachweisführung möglich ist. 

Schritt 2: Beschaffungsverfahren – bestehen Ausschreibungspflichten?
Im zweiten Schritt gilt es etwaige Ausschreibungspflichten zu prüfen. Gemäß der Förderrichtlinie zum KHZG sind bei der Vergabe von Aufträgen die Vorgaben des nationalen und des europäischen Vergaberechts durchgehend zu berücksichtigen. Dass Krankenhäuser in öffentlicher Trägerschaft als öffentliche Auftraggeber im Sinne des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) dem Vergaberecht unterliegen, liegt auf der Hand. Je nach Auftragsvolumen kommt für sie das oberhalb der jeweils einschlägigen Schwellenwerte anzuwendende europarechtlich geprägte Vergaberecht (GWB, Vergabeverfahrensordnung (VgV) usw.) oder das kommunale Landeshaushaltsrecht mit seinen Ausführungs- bzw. Verwaltungsvorschriften, Runderlassen mit Verfahrensvorschriften und Wertgrenzen zur Anwendung.

Doch auch Krankenhäuser in privater oder freigemeinnütziger Trägerschaft können über das öffentliche Haushalts- und Zuwendungsrecht an das Vergaberecht gebunden sein. Die Rechtsgrundlage kann sich aus Gesetz und Rechtsverordnung ergeben. Zudem kann der Fördermittelgeber durch Auflagen im Zuwendungsbescheid die „Spielregeln“ bestimmen und damit auch festlegen, ob und in welcher Ausprägung das Vergaberecht Anwendung findet. Krankenhäuser in kirchlicher Trägerschaft sind überdies gegebenenfalls an ein kirchliches Vergaberecht gebunden, das durch den Zuwendungsbescheid weder abgeschwächt noch ausgehebelt wird, wenn es strengere Vorgaben macht.

Ganz genau lassen sich etwaige Ausschreibungspflichten daher erst mit Vorliegen des konkreten Zuwendungsbescheides prüfen. Gleichwohl ist anzunehmen, dass die meisten Länder die länderspezifischen Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung (ANBest-P) zum Bestandteil des Zuwendungsbescheids machen werden. Diese beinhalten stets in Ziffer 3 Regelungen zur Vergabe von Aufträgen, die im Detail über divergierende Vorgaben mit unterschiedlichen Schwellenwerten und referenzierten Vorgaben verfügen. Nordrhein-Westfalen hat sich bereits konkret positioniert und die sogenannten ANBest-P-Corona als Bestandteil des Zuwendungsbescheids angekündigt. Dies hat für Krankenhäuser in privater und freigemeinnütziger Trägerschaft zur Folge, dass bei einem Zuwendungsbetrag ab 100.000 € Aufträge nur nach wettbewerblichen Gesichtspunkten zu wirtschaftlichen Bedingungen vergeben werden können und als Nachweis in der Regel mindestens drei Angebote eingeholt werden müssen. Krankenhäuser in öffentlicher Trägerschaft sind hiervon ausdrücklich ausgenommen.

In den meisten Fällen wird das kommunale Haushaltsrecht zur Anwendung kommen mit der Folge, dass ein förmliches Verfahren nach der Unterschwellenvergabeordnung (UVgO) bzw. nach der Vergabe- und Vertragsordnung für Leistungen (VOL/A) durchzuführen ist. Die Anwendung der UVgO bzw. der VOL/A machen viele Länder von einen Auftragswert von über 50.000 € bzw. 100.000 € abhängig, oder – wie zum Beispiel Bayern – von einem entsprechenden Zuwendungsbetrag. Im Saarland sind hingegen bei einem Auftragswert unterhalb der EU-Schwellenwerte drei Angebote zum Nachweis der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit ausreichend.

Ist ein förmliches Verfahren nach der UVgO bzw. der VOL/A durchzuführen, kann der Auftraggeber grundsätzlich frei zwischen einer öffentlichen Ausschreibung, d. h. einer Aufforderung zur Angebotsabgabe an einen offenen Bieterkreis, und einer beschränkten Ausschreibung mit Teilnahmewettbewerb wählen. Letztere ist vorzugswürdig, wenn eine besondere Eignung vorausgesetzt wird, die der Auftraggeber in Form vorgeschalteter Teilnahmeanträge prüft, und auf dieser Grundlage anschließend entschieden wird, welche Bieter zur Angebotsabgabe aufgefordert werden.

Eine Abweichung vom Grundsatz der öffentlichen Bekanntmachung mit der Folge, dass Angebote direkt bei bestimmten, in der Regel mindestens drei Anbietern angefordert werden können, ist nur unter bestimmten Voraussetzungen wie zum Beispiel bei Unterschreitung länderspezifischer Wertgrenzen oder bei Vorliegen besonderer vom Gesetz definierter Ausnahmetatbestände möglich. Das Vorliegen eines solchen Ausnahmetatbestandes ist stets im Einzelfall zu prüfen und im Vergabevermerk strukturiert und nachvollziehbar zu begründen, da bei einem Verstoß gegen den Transparenzgrundsatz eine Rückforderung der Fördermittel droht.

So können Aufträge zum Beispiel im Wege der beschränkten Ausschreibung ohne Teilnahmewettbewerb vergeben werden, wenn eine öffentliche Bekanntmachung scheitert, oder diese einen Aufwand verursachen würde, der zu dem erreichten Vorteil oder dem Wert der Leistung im Missverhältnis stehen würde (vgl. § 8 Abs. 3 UVgO bzw. § 3 Abs. 4 VOL/A).

Eine Verhandlungsvergabe von Aufträgen gemäß § 8 Abs. 4 UVgO bzw. eine freihändige Vergabe gemäß § 3 Abs. 5 VOL/A ist möglich, wenn zum Beispiel

  • der Auftrag konzeptionelle oder innovative Lösungen umfasst, oder aufgrund konkreter Umstände nicht ohne vorherige Verhandlungen vergeben
  • oder die Leistung nur von einem bestimmten Unternehmen erbracht oder bereitgestellt werden kann.

Dabei darf die Verhandlungsvergabe nicht mit der Direktvergabe gleichgesetzt werden, obgleich sie sich im Falle von Dringlichkeit oder eines Alleinstellungsmerkmals faktisch zu einer Direktvergabe verdichten kann.

Gerade bei komplexen Projekten im IT-Bereich kann die Beschaffung eines bestimmten Produkts ohne Durchführung einer Ausschreibung aufgrund eines Alleinstellungsmerkmals gerechtfertigt sein (z.B. bei einer Erweiterung des bereits im Einsatz befindlichen Krankenhausinformationssystems (KIS)). Eine direkte Angebotsanforderung bedarf dann aber einer sachlichen Rechtfertigung durch den Auftragsgegenstand und setzt voraus, dass bereits im Voraus ein Vergabevermerk mit nachvollziehbaren objektiven und auftragsbezogenen Gründen erstellt wurde.
 

In jedem Fall muss alles, was in einem funktionalen Zusammenhang miteinander steht bzw. allein nicht nutzbar ist, zwingend zusammen vergeben werden. Eine Aufteilung von Projekten, um vergaberechtliche Bestimmungen zu umgehen, ist nicht zulässig.


Betreibt ein Träger Krankenhäuser an Standorten in verschiedenen Bundesländern, ist eine gebündelte Ausschreibung und Vergabe zulässig, wenn diese Möglichkeit vom Zuwendungsbescheid eröffnet wird und die strengsten landesrechtlichen Vorgaben beachtet werden. Dabei müssen die Investitionen bzw. Kosten nachvollziehbar auf die einzelnen Krankenhäuser aufgeteilt werden.

Schritt 3: Anforderungen/Leistungsbeschreibung
Unabhängig davon, welches Beschaffungsverfahren relevant ist bzw. zum Einsatz kommt, ist bei der konkreten Beschaffung zu berücksichtigen, dass im Kontext des KHZG bestimmte Anforderungen an die Beschaffenheit der IT-Lösung gestellt werden. Neben funktionalen Anforderungen, die sich mit Blick auf die unterschiedlichen Fördertatbestände ergeben, sind Anforderungen an die Interoperabilität, die Informationssicherheit und den Datenschutz zu berücksichtigen.
 

Bei der Vorbereitung der Ausschreibung bzw. Beauftragung empfiehlt es sich daher, entsprechende Leistungsmerkmale in Form eines Leistungskataloges zu dokumentieren und diesen bei der Ausschreibung bzw. der Produktprüfung zugrunde zu legen.


Besteht die Absicht, die Bereitstellung eines Gesamtsystems zu beauftragen (Stichwort Werkvertrag), kommt einer vollständigen und überprüfbaren Zusammenstellung eines Leistungskataloges bzw. eine Lastenheftes eine besondere Bedeutung im Rahmen der Ausschreibungsvorbereitung zu. Auch hier sind neben den funktionalen Anforderungen Kriterien der Informationssicherheit, des Datenschutzes sowie der Interoperabilität im Kontext der Gesamtlösung zu definieren, die nicht zuletzt Relevanz für die spätere Abnahme der Systembereitstellung haben und zudem entscheidend bei der Nachweisführung der adäquaten KHZG-Mittelverwendung sind.

Praxis-Hinweis

Wir empfehlen, die gewählten Verfahren zur Auftragsvergabe angemessen zu dokumentieren, insbesondere bei Verzicht auf eine öffentliche Ausschreibung und bei einer freihändigen Vergabe. Wir verfolgen die KHZG-Entwicklungen und die Ausprägungen der Bestimmungen im Zusammenhang mit den Fördermittelbescheiden fortwährend. Gerne unterstützen wir Sie bei Ihren Beschaffungsvorbereitungen.
 

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