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Der Bettenturm am Charité-Campus in Mitte ist europaweit bekannt. Das Institut des in der Pandemie international gefragten Topvirologen Christian Drosten gehört ebenfalls zur Universitätsklinik.

© Paul Zinken/dpa

Streit um Krankenhaus-Strategie nach der Pandemie: Charité-Vorstand suspendiert Pflegedirektorin

In der Führung der Berliner Charité gibt es Streit – der Vorstand stellt Pflegedirektorin Heepe und ihre Stellvertreterin mit sofortiger Wirkung frei.

Der Vorstand der Berliner Charité tauscht seine Pflegedirektion aus. Mit sofortiger Wirkung sind Pflegedirektorin Judith Heepe und ihre Stellvertreterin Jenny Wortha von ihren Aufgaben entbunden worden. Darüber wurden Chefärzte, Instituts- und Stationsleitungen der landeseigenen Universitätsklinik am Montag im Intranet informiert.

Nach Tagesspiegel-Informationen sollen vorübergehend Franziska Landgraf und Nagi Salaz die Pflegedirektion leiten. Ein Charité-Sprecher teilte auf Anfrage mit, der Vorstand habe sich "für einen Neuanfang in der Pflegedirektion" entschieden und sowohl Heepe als auch ihre Stellvertreterin Wortha "von ihren Aufgaben entbunden".

Der Charité-Aufsichtsrat, dem Wissenschafts- und Gesundheitssenatorin Ulrike Gote (Grüne) vorsitzt, werde später "über eine endgültige Neubesetzung entscheiden, bis dahin werden die Aufgaben kommissarisch übernommen".

Heepe war seit 2015 im Amt und hatte sich wegen der bundesweiten Pflegenot 2018 auch in Mexiko und Albanien nach Fachkräften umgesehen. Zuletzt hatte es zwischen Heepe und dem Vorstand, der sich seit der Coronakrise neu zusammensetzt, Spannungen gegeben: Carla Eysel, im Vorstand für Personal zuständig, und Martin Kreis, Chef der Krankenversorgung, wollen strategische Änderungen in Struktur und Abläufen des Krankenhauses.

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Unbestätigten Informationen aus der Charité zufolge soll Heepe den neuen Tarifvertrag kritisiert haben. Andere Quellen sagen, ihr gehe es vielmehr um Autonomie der Pflege, die durch die Strategie des Vorstands gefährdet sei. Mit Verweis auf das laufende Verfahren äußern sich beide Seiten nicht zu Details.

Der Charité-Vorstand und die Personalvertreter aus der Pflege setzen derzeit jenen Tarifvertrag um, der 2021 durch einen spektakulären Streik erkämpft wurde. Auf jeder Station gilt nun je nach Zahl und Schwere der Fälle ein höherer Personalschlüssel. Wird dieser unterschritten, stehen den betroffenen Beschäftigten freie Tage oder Ausgleichszahlungen zu.

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Während eine Intensivpflegekraft im Schnitt zuvor 2,5 Fälle pro Schicht versorgte, sollen es nun 1,8 sein. Wie genau die Pflegekräfte einer Station belastet waren, hat die Charité-Leitung für Januar exakt dokumentieren lassen – diese Daten könnten zu internem Streit führen, schon weil sich so erstmals alle Pflegekräfte vergleichen können.

Die Charité ist mit 3000 Betten die größte Hochschulklinik Europas. An den drei Hauptstandorten in Mitte, Wedding und Steglitz arbeiten insgesamt 19.000 Beschäftigte, darunter ‪4700 Pflegekräfte und ebenso viele Ärzte, Laboranten, Forscher. Die Charité und die ebenfalls landeseigenen Vivantes-Kliniken sollen enger kooperieren. Dies geht auf den früheren Senatschef Michael Müller (SPD) und die Idee der "Gesundheitsstadt 2030" zurück.

An der Charité wurden in der Pandemie die meisten Covid-19-Intensivpatienten der Region versorgt. Deshalb hatten die Chefärzte auf den Höhepunkten der Pandemie viele der planbaren Operationen verschoben.

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