Bundessozialgericht

Verhandlung B 1 KR 17/21 R

Krankenversicherung - Krankenhausvergütung - MDK-Prüfverfahren - materiell-rechtliche Ausschlussfrist

Verhandlungstermin 22.06.2022 12:15 Uhr

Terminvorschau

Evangelische Stiftung V. ./. Novitas BBK
Die Beteiligten streiten über die Vergütung einer Krankenhausbehandlung.

Das klagende Krankenhaus behandelte eine Versicherte der beklagten Krankenkasse (KK) im Jahr 2015 stationär und rechnete hierfür 32 940,89 Euro ab. Die KK zahlte diesen Betrag zunächst, leitete anschließend jedoch eine Überprüfung der kodierten Prozeduren und Zusatzentgelte sowie der oberen Grenzverweildauer durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) ein. Der MDK forderte das Krankenhaus auf, “sämtliche Behandlungsunterlagen, die geeignet sind, die Fragestellung der Krankenkasse bezogen auf den Prüfanlass vollumfänglich zu beantworten, bzw die zur Beurteilung der Voraussetzungen, Art und Umfang der Leistung sowie zur Prüfung der ordnungsgemäßen Abrechnung benötigt werden“ zu übersenden, auf jeden Fall aber den Entlassungsbericht und für den Fall, dass Interventionen durchgeführt worden seien, auch die OP- bzw Interventionsberichte. Der MDK teilte der KK mit, die Überschreitung der oberen Grenzverweildauer sei medizinisch nicht begründet und die Prozeduren und Zusatzentgelte seien nicht belegt. Die KK verrechnete den sich daraus ergebenden Differenzbetrag von 17 125,02 Euro mit unstreitigen Forderungen des Krankenhauses. Im Klageverfahren zog das SG die Patientenakte bei, auf deren Grundlage der MDK die Abrechnung nicht mehr beanstandete. Das SG hat die KK zur Zahlung der ausstehenden Vergütung von 17 125,02 Euro nebst Zinsen verurteilt. Das LSG hat die Berufung der KK zurückgewiesen: Aus den vorliegenden Unterlagen ergebe sich, dass die durchgeführte Behandlung notwendig gewesen und zutreffend abgerechnet worden sei. Dies sei zwischen den Beteiligten inzwischen auch unstreitig. Dem Krankenhaus sei zwar nicht der Nachweis gelungen, dass sie die angeforderten OP- und Entlassungsgerichte übersandt habe. § 7 Abs 2 PrüfvV 2014 stehe dem Vergütungsanspruch aber nicht entgegen. Die Berücksichtigung der erst im Klageverfahren vorgelegten Unterlagen zur Begründung des Anspruchs sei nicht ausgeschlossen.

Die KK rügt mit ihrer Revision eine Verletzung von § 39 Abs 1 Satz 3 und § 109 Abs 4 Satz 2 SGB V, § 17c Abs 2 KHG und § 7 Abs 2 Satz 2 bis 4 PrüfvV 2014.

Vorinstanzen:
Sozialgericht Dortmund - S 39 KR 1429/16, 27.06.2017
Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen - L 16 KR 505/17, 03.12.2020

Die Vorschau zu dem Verhandlungstermin des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in der Terminvorschau 22/22.

Terminbericht

Die Revision der beklagten KK hatte im Sinne der Zurückverweisung der Sache an das LSG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung Erfolg.

Wie der Senat bereits entschieden hat, enthält § 7 Abs 2 Satz 2 bis 4 PrüfvV 2014 eine materielle Präklusionsregelung. Unterlagen, die der MDK im Rahmen eines ordnungsgemäßen Prüfverfahrens angefordert, das Krankenhaus aber nicht innerhalb der Frist von vier Wochen vorgelegt hat, dürfen auch in einem späteren Gerichtsverfahren nicht mehr zur Begründung des Vergütungsanspruchs herangezogen werden. Voraussetzung ist, dass die Unterlagen vom MDK ihrer Art nach konkret bezeichnet wurden. Die Voraussetzungen der Präklusion liegen hier vor. Die PrüfvV 2014 ist im Jahr 2015 zeitlich und sachlich anwendbar, soweit es um eine Auffälligkeitsprüfung (Wirtschaftlichkeitsprüfung) geht. Nach den Feststellungen des LSG bezog sich diese Prüfung hier auf die Überschreitung der oberen Grenzverweildauer und die Zusatzentgelte. Der MDK hat den Entlassungsbericht sowie die OP- und Interventionsberichte ihrer Art nach konkret bezeichnet. Diese hat das Krankenhaus nach den bindenden Feststellungen des LSG nicht fristgerecht übersandt. Die Berichte dürfen daher auch im Gerichtsverfahren zur Begründung des Vergütungsanspruchs nicht berücksichtigt werden. Die weitere pauschale Unterlagenanforderung, führte dagegen nicht zu einem Ausschluss dieser Unterlagen. Soweit der Prüfauftrag auch die sachlich-rechnerische Prüfung der Prozeduren umfasste, findet die PrüfvV und damit eine Präklusionsregelung keine Anwendung.

Im wiedereröffneten Berufungsverfahren muss das LSG feststellen, ob und ggf in welcher Höhe dem streitigen Vergütungsanspruch unter Außerachtlassung der präkludierten Unterlagen eine dem Wirtschaftlichkeitsgebot entsprechende Leistungserbringung zugrunde liegt.

Sämtliche Berichte zu den Verhandlungsterminen des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in dem Terminbericht 22/22.

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