WELTGo!
Journalismus neu erleben und produktiver werden
Ihr Assistent Journalismus neu erleben und produktiver werden
WELTGO! ENTDECKEN
  1. Home
  2. Wirtschaft
  3. Streiks von Pflegepersonal: Lauterbach gibt ein Versprechen ab

Wirtschaft Gesundheitsministerkonferenz

Mit einem Versprechen schafft es Lauterbach, das Pflegepersonal zu besänftigen

„Wir werden ihre Forderung erfüllen vor der Sommerpause“

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat auf einer Demonstration der Gewerkschaft Verdi in Magdeburg eine Einführung fester Personalvorgaben in der Krankenhauspflege zugesagt. „Diese Demo ist berechtigt und findet meine volle Unterstützung“, erklärte Lauterbach.

Quelle: WELT

Autoplay
Hier können Sie unsere WELT-Podcasts hören
Um eingebettete Inhalte anzuzeigen, ist deine widerrufliche Einwilligung in die Übermittlung und Verarbeitung von personenbezogenen Daten notwendig, da die Anbieter der eingebetteten Inhalte als Drittanbieter diese Einwilligung verlangen [In diesem Zusammenhang können auch Nutzungsprofile (u.a. auf Basis von Cookie-IDs) gebildet und angereichert werden, auch außerhalb des EWR]. Indem du den Schalter auf „an“ stellst, stimmst du diesen (jederzeit widerruflich) zu. Dies umfasst auch deine Einwilligung in die Übermittlung bestimmter personenbezogener Daten in Drittländer, u.a. die USA, nach Art. 49 (1) (a) DSGVO. Mehr Informationen dazu findest du hier. Du kannst deine Einwilligung jederzeit über den Schalter und über Privatsphäre am Seitenende widerrufen.
Der Auftakt der Gesundheitsministerkonferenz ist geprägt von Protesten. Durch den Fachkräftemangel spitzt sich die Lage in den Kliniken drastisch zu. Gesundheitsminister Lauterbach muss beruhigen – und macht einen überraschenden Vorstoß.

Worum geht es

In den sechs Universitätskliniken des Bundeslandes Nordrhein-Westfalen will man derzeit kein Patient sein. Jochen A. Werner, medizinischer Direktor am Universitätsklinikum Essen, spricht von einer „Notsituation“ und einem „gefährdeten Patientenwohl“. Grund für den Ausnahmezustand: Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi bestreikt die achte Woche in Folge die sechs Universitätskliniken des größten Bundeslandes in Deutschland.

Gleichzeitig will man in den sechs Kliniken derzeit wohl auch nicht als Pfleger oder im Transportdienst arbeiten. „Der Transportdienst ist so unterbesetzt, dass in den Operationssälen teilweise Sauerstoffflaschen fehlen“, sagt Verdi-Landesfachbereichsleiterin Katharina Wesenick. Sie fordert eine Entlastung der Pflegekräfte durch eine Schicht-genaue Mindestbesetzung des Personals und einen Tarifvertrag für alle Gruppen in den Universitätskliniken in NRW.

Lesen Sie auch

Dass der Konflikt zwischen Krankenhausmanagement und dem Pflegepersonal nicht auf ein einzelnes Bundesland beschränkt ist, zeigte sich am Mittwoch zum Auftakt der Gesundheitsministerkonferenz in Magdeburg. Zwei Tage wollen die Gesundheitsminister der Länder dort zusammen mit Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) über das weitere Vorgehen in der Corona-Pandemie und die Digitalisierung im Gesundheitssektor diskutieren.

Überlagert wurde der Beginn jedoch von einem Demonstrationszug der Gewerkschaft Verdi. Rund dreihundert bis vierhundert Protestierende zogen mit Transparenten und Sprechchören für mehr Personal durch die Stadt in Sachsen-Anhalt.

Proteste nicht nur in Magdeburg

Protestkundgebungen haben die Gesundheitsministerkonferenz zwar auch in den vergangenen Jahren begleitet. Doch nach zweieinhalb Jahren Pandemie und der zunehmenden Personalnot im Pflegebereich haben sich die Konflikte im Gesundheitssektor drastisch zugespitzt – und könnten bald an breiter Front aufbrechen.

Neben überlasteten Krankenhäusern in öffentlicher Hand drohen auch in Psychiatrien und privaten Krankenhäusern Konflikte. So beklagt Verdi bundesweit 162.000 fehlende Stellen in Krankenhäusern, wovon 70.000 Stellen allein für Pflegefachkräfte fehlen würden.

Protestplakate von Pflegern und Gewerkschaftern sind derzeit nicht nur in Magdeburg und an den Universitätskliniken in Nordrhein-Westfalen zu sehen. „Ich will dabei sein, wenn Patienten wieder wichtiger werden als Profit“, hatte eine Protestteilnehmerin auf ihr Schild geschrieben, mit dem sie zusammen mit rund zwei Dutzend Mitstreitern vor wenigen Tagen durch Bad Salzuflen in Nordrhein-Westfalen gezogen ist. Adressat des Protests ist die private Klinikbetreiber-Gruppe Ameos aus der Schweiz, die 103 Krankenhäuser an rund 50 Standorten in der Schweiz, Deutschland und Österreich betreibt.

Laut Verdi sind an zwei deutschen Standorten der Ameos-Gruppe gerade Streiks in Vorbereitung, am Standort in Bad Salzuflen gab es bereits vergangene Woche zwei Streiktage. Wie bei den Universitätskliniken in NRW beruht auch dieser geplante Streik auf Tarifauseinandersetzungen. Der Verdi-Forderung nach einem Tarifvertrag für alle Beschäftigten auf dem Niveau des öffentlichen Dienstes wollte das Ameos-Management bislang nicht nachkommen.

Wann und in welchem Umfang die Streiks stattfinden werden, ist unklar. Die Ameos-Gruppe betont, dass die Versorgung der Patienten „zu jeder Zeit gesichert“ sei. Zu den laufenden Verhandlungen mit der Gewerkschaft Verdi wollte sich das Unternehmen nicht äußern.

Aus Kritik wird Streik

Anzeige

Doch nicht nur in den allgemeinen Krankenhäusern gärt es. Auch die nicht-ärztlichen Mitarbeiter in Psychiatrien klagen darüber, zunehmend an ihre Belastungsgrenzen zu stoßen. So kritisierte Verdi-Bundesvorstandsmitglied Sylvia Bühler im Vorfeld der Gesundheitsministerkonferenz in Magdeburg den eklatanten Personalmangel in psychiatrischen Einrichtungen.

„Gegen die in der Psychiatrie geltenden Personalvorgaben wird systematisch verstoßen.“ Bühler appellierte an die Gesundheitsminister, dieses Problem „sowohl im Interesse der psychisch kranken Menschen als auch der Beschäftigten“ anzugehen.

Dass auch im Bereich der Psychiatrien aus Kritik Streik werden kann, erlebten im vergangenen Jahr drei psychiatrische Fachkliniken des privaten Betreibers Asklepios in Brandenburg. Immer wieder legten dort die nicht-ärztlichen Beschäftigten für je mehrere Tage aus Protest die Arbeit nieder.

Grund für den Aufruhr: Asklepios zahlte seinen Beschäftigten am Standort Hamburg teils deutlich höhere Löhne als in Ostdeutschland. Ende November einigten sich Verdi und Asklepios schließlich auf eine Lohnerhöhung und eine Corona-Prämie.

Operationen wurden verschoben oder abgesagt

Beruhigend auf den Frust der Gesundheitskräfte wirkte am Mittwoch Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach mit einer Rede vor den Protestierenden ein. So kündigte Lauterbach an, die bedarfsgerechte Personalbemessung in der Krankenpflege einzuführen, er wolle noch vor der parlamentarischen Sommerpause Eckpunkte für ein entsprechendes Gesetz vorlegen.

Verdi-Bundesvorstandsmitglied Bühler begrüßte Lauterbachs Vorstoß als „ganz großen Schritt für mehr Personal und Entlastung im Krankenhaus.“ Gleichzeitig mahnte Bühler, den „Bundesminister beim Wort“ nehmen zu wollen und „den Prozess weiterhin konstruktiv und kritisch zu begleiten, bis tatsächlich Entlastung bei den Beschäftigten angekommen ist.“

Ob die Zusagen Lauterbachs Auswirkungen auf die Streiks in NRW haben, ist noch offen. Dort zeigt sich der Konflikt an den bestreikten Universitätskliniken weiterhin in voller Härte. „Die Auswirkungen des Streiks sind fatal. Allein an der Universitätsmedizin Essen konnten wir 1700 Operationen nicht termingerecht durchführen“, sagt Essen-Klinikchef Werner.

Anzeige

„Wir mussten diese Operationen also entweder verschieben oder sie ganz absagen. Zudem haben wir wegen des Streiks teilweise bis zu 500 Betten schließen müssen“, sagte Werner. Verdi teilt hingegen mit, ein Ende des Streiks noch diese Woche anzustreben. Gleichzeitig habe man sich bei mehreren Beschäftigungsgruppen noch auf keinen Tarifvertragsabschluss einigen können.

Einig sind sich beide Seiten in der Beurteilung, was zu den derzeitigen Konflikten im Gesundheitswesen geführt hat. „Das Problem des Pflegenotstands wird seit den 1990er-Jahren verschleppt. Das ist eine bundesweite und bis dato nicht gelöste Problematik, für die wir nun die Zeche zahlen“, heißt es von Klinikum-Leiter Werner. „Es ist absolut klar, dass Pflege eine Entlastung braucht und dass man Personal aufbauen muss, sofern man denn die Pflegekräfte überhaupt bekommt.“

Dass Krankenhäuser in den 1990er-Jahren verpflichtet wurden, sich selbst zu tragen und als gewinnorientierte Unternehmen zu agieren, sieht auch die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi als Ursprung des Pflegenotstands. „Wenn Krankenhäuser Gewinne erwirtschaften müssen, stellt sich der Leitung oft die Frage, wo man einsparen kann. Diese Einsparungen betreffen eben meist die Behandlung der Patienten und das Personal“, heißt es von Verdi. Und ist sich sicher: „Der jetzige Fachkräftemangel wird zu weiteren Verwerfungen führen.“

Hier können Sie unsere WELT-Podcasts hören
Um eingebettete Inhalte anzuzeigen, ist deine widerrufliche Einwilligung in die Übermittlung und Verarbeitung von personenbezogenen Daten notwendig, da die Anbieter der eingebetteten Inhalte als Drittanbieter diese Einwilligung verlangen [In diesem Zusammenhang können auch Nutzungsprofile (u.a. auf Basis von Cookie-IDs) gebildet und angereichert werden, auch außerhalb des EWR]. Indem du den Schalter auf „an“ stellst, stimmst du diesen (jederzeit widerruflich) zu. Dies umfasst auch deine Einwilligung in die Übermittlung bestimmter personenbezogener Daten in Drittländer, u.a. die USA, nach Art. 49 (1) (a) DSGVO. Mehr Informationen dazu findest du hier. Du kannst deine Einwilligung jederzeit über den Schalter und über Privatsphäre am Seitenende widerrufen.

„Alles auf Aktien“ ist der tägliche Börsen-Shot aus der WELT-Wirtschaftsredaktion. Jeden Morgen ab 7 Uhr mit unseren Finanzjournalisten. Für Börsenkenner und -einsteiger. Abonnieren Sie den Podcast bei Spotify, Apple Podcast, Amazon Music und Deezer. Oder direkt per RSS-Feed.

Mehr aus dem Web
Neues aus der Redaktion
Auch interessant
Mehr zum Thema