StartseiteRegionalNeubrandenburgNeubrandenburger Klinikmitarbeiter machen Druck

Frühchenstation

Neubrandenburger Klinikmitarbeiter machen Druck

Neubrandenburg / Lesedauer: 3 min

Die Schließung des Perinatalzentrums in Neubrandenburg rückt näher. Doch die Klinikmitarbeiter geben nicht auf: Eine große Unterschriftenliste wurde nun übergeben.
Veröffentlicht:23.06.2022, 05:58

Artikel teilen:

„Ich verlasse mich jetzt einfach auf das Wort, dass sie uns unterstützen.” Die Einschätzung von Renate Krajewski nach dem Besuch bei der Staatskanzlei wirkte gezwungen positiv, doch viel mehr bleibt der Vorsitzenden der Mitarbeitervertretung des Dietrich-Bonhoeffer-Klinikums wohl auch nicht übrig. Am Mittwoch fuhr eine kleine Delegation aus Neubrandenburg in die Landeshauptstadt Schwerin zum Staatskanzleichef Patrick Dahlemann (SPD).

Mehr zum Thema: Biker und Golfer spenden für Frühchenstation

Im Gepäck: Exakt 17.559 Unterschriften zum Erhalt des Perinatalzentrums Level-1. Hier kümmern sich die Ärzte und Pfleger um Frühchen mit einem Gewicht von unter 1250 Gramm. Doch wegen einer Neuregelung der Mindestmengen droht dem Zentrum die Schließung. Jährlich 25 Fälle sollten es nach Ansicht des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) zur Qualitätssicherung schon sein, auf solche Zahlen kommen die Neubrandenburger nicht. Die Folge: Ab 2024 gebe es keine Unterstützung der Krankenkassen für diese Leistung, das Klinikum müsste das Perinatalzentrum schließen.

Hoffen auf eine Ausnahme

Ihnen bleibt nur die Hoffnung auf eine Ausnahmeregelung, wie Mitarbeitervertreter, Angestellte der Kinderklinik und Mitglieder des Aufsichtsrates in Schwerin deutlich machten. „Wir können in unserem Flächenland einfach nicht die gleichen Mindestmengen ansetzen, wie in dichter besiedelten Regionen”, betont Renate Krajewski, deren Delegation wie versprochen auch von rund 20 Motorradfahrern der Bikerfriends M-V begleitet wurde.

Lesen Sie auch: Bundestag soll Erhalt der Frühchenstation ermöglichen

Die Unterstützung für das Anliegen der Klinikmitarbeiter ist zumindest in der Region breit aufgestellt, neben den Bikern haben bereits Landkreis und die Stadtpolitik ihre Unterstützung zugesichert. Auch der Neubrandenburger Landtagsabgeordnete Bernd Lange (SPD) sicherte zu, weiter für den Erhalt zu kämpfen. Patrick Dahlemann habe am Mittwoch zudem versprochen, dass er und die Ministerpräsidentin sich ebenfalls für die Ausnahmeregelung einsetzen, sagte Renate Krajewski. Im August stehe ein Gespräch mit den Krankenkassen an. Gerade diese hatten zuletzt auf die Einhaltung der Mindestmengen beharrt.

50 Fälle als Optimum

Zumal die Mindestmenge von 25 Fällen im Jahr bereits ein Kompromiss ist. Die Facharbeit, die sich mit den Mindestmengen beschäftigte, sah sogar 50 Fälle als Optimum vor, halbierte diese jedoch bereits aufgrund der Problematik im ländlichen Raum.

Für den dünn besiedelten Nordosten funktionieren sie noch immer nicht, „keiner weiß, ob wir, Greifswald oder Schwerin auch 2024 die Mindestmengen erfüllen”, betont Renate Krajewski. Wenn ein Kind mit weniger als 1250 Gramm geboren wird, sei es nun mal immer ein Notfall und niemals planbar. Wären Neubrandenburg und Greifswald geschlossen, müssten die Eltern 100 Kilometer nach Rostock fahren. MV sei nun mal gerade wegen vergleichsweise alten Bevölkerung „ein Gesundheitsland”, dem jede Mindestmenge schaden würde. Auch in derzeit diskutierten Bereichen, wie etwa für die Operationen von Brust- oder Lungenkrebs.

Langfristige Lösung gewünscht

Und jede Schließung schade zudem dem Standort insgesamt, da würden auch keine einjährigen Ausnahmen helfen. „Eine Facharztausbildung dauere vier Jahre. Wie sollen wir junge Mediziner halten, wenn die womöglich gar nicht ihre Ausbildung bei uns beenden können?”, fragt Renate Krajewski.

Sie wünsche sich eine langfristige Lösung für die Kliniken im Land und ist derzeit guter Dinge, dass die Landespolitik sich dafür einsetzt. „Wir werden natürlich trotzdem weiter dranbleiben und immer wieder nachfragen”, kündigt sie an.