Zusammenfassung
1. Es stellt eine Verletzung geburtshilflicher Standards dar, wenn in der postpartalen Überwachungsphase zwei Stunden nach der Geburt eine Mutter nicht die Möglichkeit hat, durch eine vom Bett erreichbare Klingelvorrichtung kurzfristig Hilfestellung anzufordern.
2. Gibt es keine Leitlinien zur Sicherstellung der postpartalen Erreichbarkeit von Hebammen und keine wissenschaftlichen Studien über den Nutzen einer Bettklingel, ist der geburtshilfliche Standard danach zu ermitteln, was von einem gewissenhaften und aufmerksamen Geburtshelfer in der konkreten Behandlungssituation aus der berufsfachlichen Sicht seines Fachbereichs im Zeitpunkt der Behandlung erwartet werden kann.
3. Der Umstand, dass das Erfordernis einer unmittelbaren Möglichkeit, im Kreißsaal die Hebamme herbeizurufen, nicht Eingang in Leitlinien, Richtlinien oder anderweitige ausdrückliche Handlungsanweisungen gefunden hat, steht einer Einordnung der Missachtung dieses – aufgrund der Ausführungen des Sachverständigen als elementar anzusehenden – geburtshilflichen Standards als grober Behandlungsfehler nicht entgegen. (Leitsätze des Bearbeiters)
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OLG Celle, Urt. v. 20.9.2021 – 1 U 32/20 (LG Hannover). Zur Erforderlichkeit einer Klingelvorrichtung im Zuge der unmittelbaren postpartalen Überwachungsphase. MedR 40, 582–591 (2022). https://doi.org/10.1007/s00350-022-6251-5
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