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Schnappen Krankenhäuser Bremer Arztpraxen die Fachkräfte weg?

Bild: Imago | Shotshop

Der Mangel an Medizinischen Fachangestellten bringt Bremer Arztpraxen in Bedrängnis. Nach einer Umfrage der Kassenärztlichen Vereinigung müssen viele den Betrieb einschränken.

Gut 200 niedergelassene Ärztinnen und Ärzten im Land Bremen haben nach eigenen Angaben zu wenig Personal. Für sie sei es schwierig, die Stellen von Medizinischen Fachangestellten zu besetzen. Das hat eine freiwillige Befragung der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Bremen ergeben, an der 282 Ärzte teilgenommen haben. Den Befragungsergebnissen zufolge hat bereits rund ein Drittel der Arztpraxen, die an der Befragung teilgenommen haben, den Betrieb notgedrungen reduziert oder muss den Betrieb einschränken, weil es an Medizinischen Fachangestellten mangele.

Wieso Medizinische Fachangestellte laut Bremer Ärzten schwer zu finden sind

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Woher kommt der Mangel an Medizinischen Fachkräften in Bremens Arztpraxen?

Christoph Fox, Sprecher der Kassenärztlichen Vereinigung (KV), sieht darin ein bundesweites Problem. Der Mangel an Medizinischen Fachangestellten gehe mit einem allgemeinen Fachkräftemangel einher.

Hinzu komme, dass Medizinische Fachangestellte keine sonderlich große Wertschätzung in unserer Gesellschaft genössen, sogar häufig von Patientinnen und Patienten beschimpft würden. Derartige Vorgänge trügen zum schlechten Image des Berufs der MFA unter jungen Menschen bei – die sich dann offenbar häufig für andere Berufe entschieden, mitunter auch noch, nachdem sie bereits eine Ausbildung zur Medizinischen Fachkraft begonnen oder gar abgeschlossen hätten. Schließlich seien die Verdienstmöglichkeiten Medizinischer Fachangestellter begrenzt.

Stefan Trapp, Bremens Landesvorsitzender des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte, fügt vor diesem Hintergrund hinzu, dass die Arztpraxen in ihrer Suche nach Personal in einem "fatalen Wettbewerb" zu den Krankenhäusern stünden: "In allen medizinischen Bereichen herrscht Personalmangel."

Doch die Krankenhäuser könnten den in Arztpraxen ausgebildeten Medizinischen Fachangestellten mehr Geld bezahlen als niedergelassene Ärzte und würden diesen das ohnehin knappe Personal daher oft abwerben. Das könnten viele Praxen selbst dann nicht verhindern, wenn sie ihre Medizinischen Fachkräfte übertariflich bezahlten. Zur aktuellen Lage in Bremens Praxen sagt Trapp: "Es ist in ganz vielen Praxen schon jetzt schwierig, gerade für Freitagnachmittage genügend Personal vorzuhalten."

Weshalb nur wenige aus Sicht Bremer Ärzte Medizinische Fachangestellte werden wollen

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Könnte man die Medizinischen Fachangestellten nicht zumindest teilweise durch Bürokräfte ersetzen?

"Das wird peu à peu bereits gemacht", sagt KV-Sprecher Christoph Fox. Allerdings sei dieses Vorgehen nur in Grenzen praktikabel. Kinderarzt Stefan Trapp erklärt dazu, dass, insbesondere in kleinere Praxen, die Beratung der Patientinnen und Patienten häufig schon bei der Terminvergabe beginne: Das Personal müsse die Dringlichkeit einer Behandlung einschätzen können: "Je akuter die Beschwerde, desto wichtiger ist die erste Einschätzung für die notwendige Versorgung", so Trapp. Aus diesem Grund seien Medizinische Fachangestellte selbst an der Rezeption nur sehr bedingt durch reine Bürokräfte zu ersetzen. Von medizinischen Aufgaben wie dem Blutabnehmen gar nicht zu reden.

Welche politischen Forderungen leitet die Kassenärztliche Vereinigung aus dem Mangel an MFA ab?

Die Kassenärztliche Vereinigung bemängelt, dass die Wertschätzung Medizinischer Fachkräfte sehr zu wünschen übrig lasse – und dass sich dies auch in politischen Entscheidungen widerspiegele. Als Beispiel nennt die KV dafür den Coronabonus. Während die Pflegekräfte in Krankenhäusern bereits dreimal eine Prämie erhalten hätten, seien die Medizinischen Fachangestellten bislang leer ausgegangen. Bernhard Rochell und Peter Kurt Josenhans, die Vorstände der KV Bremen, sagen daher einhellig: "Ein Coronabonus wäre ein starkes Zeichen der Anerkennung für die beispielhafte Leistung der MFA. Dass die Politik dies ignoriert, ist nur schwer zu ertragen."

Doch auch von den Patientinnen und Patienten erwarten die Kassenärztinnen und Kassenärzte ein Umdenken. Sie fordern mehr Respekt für Medizinische Fachangestellte ein. Statt dessen häuften sich die Berichte zu aggressiven Patienten, die das Personal in den Praxen beleidigten, sagt KV-Sprecher Christoph Fox.

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Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 27. Juni 2022, 19.30 Uhr