„Der Umgang der Politik mit den Krankenhäusern ist deprimierend“

Nach Ansicht des Klinikverbunds Hessen e. V.  gefährdet fehlender politischer Handlungswille die Krankenhausversorgung

 |  Wetzlar

„Vielen unserer Kliniken steht das Wasser bis zum Hals, einige sind kurz vor dem Absaufen, aber das scheint in der Politik niemanden zu interessieren“, beschreibt Reinhard Schaffert, Geschäftsführer des Klinikverbunds Hessen die Wahrnehmung innerhalb seiner Mitgliedskrankenhäuser. Dabei sei die Liste der Themen mit dem dringlichsten Handlungsbedarf lang:

  • Nahezu jede bei den Krankenhäusern eingehende Rechnung enthält einen Inflationsaufschlag, nicht nur für Energie, sondern auch für alle anderen Sachkosten. Auch langfristige Lieferverträge werden mit dem Hinweis auf die Inflation gekündigt. Da die Krankenhäuser die Kosten wegen ihrer festgelegten Preise jedoch selbst nicht weitergeben können, fordern die Kliniken dringend einen Inflationsausgleich.
  • Auch bei den Personalkosten sind aufgrund der jüngsten Tarifabschlüsse beispielsweise im ärztlichen Bereich die Kosten erheblich angestiegen. Für einen Großteil des Personals stehen die Tarifverhandlungen noch an und es ist davon auszugehen, dass die Forderungen nach Tarifsteigerungen aufgrund der Inflation erheblich sein werden.
  • Dem steht gegenüber, dass in Hessen bisher lediglich 20 der rund 150 betroffenen Krankenhäuser ein Pflegebudget mit den Krankenkassen abschließen und genehmigen lassen konnten. Mit dem Pflegebudget sollen Personalkosten der Pflege sowie Entlastungen und Verbesserungen der Arbeitsbedingungen vollständig refinanziert werden. Durch die Verzögerung ist jedoch das Gegenteil der Fall: Die Krankenhäuser müssen einen Großteil der Pflegepersonalkosten vorfinanzieren. Dabei liegen zumindest für die zurückliegenden Jahre die von den Wirtschaftsprüfern testierten tatsächlichen Pflegepersonalkosten bereits vor. „Wenn die Realität ist, dass das Pflegebudget sowieso erst im Nachhinein vereinbart wird, dann sollten die testierten Kosten automatisch als Pflegebudget für das entsprechende Jahr festgesetzt werden – das würde uns viel Aufwand und den Streit mit den Kassen ersparen“, fordert Schaffert.
  • Neben dem allgemein bestehenden Fachkräftemangel fällt zunehmend Personal aufgrund eigener Infektion aus, so dass die Versorgung nicht im vollen Umfang stattfinden kann und für das verbleibende Personal zusätzliche Belastung entsteht. Die steigenden Infektionszahlen der Patientinnen und Patienten verstärken die Belastung zusätzlich.

Der Rückgang der Belegungszahlen bei gleichbleibend hohen Kosten müsse in der Finanzierung durch die Fallpauschalen berücksichtigt werden, da die Kosten für den Einzelfall damit ansteigen. Stattdessen würden genau diese Effekte bei der Kalkulation der DRG-Fallpauschalen teilweise herausgerechnet, was zu einer strukturellen Unterfinanzierung der Leistungen mit starkem Fallzahlrückgang führe.

„Ohne Anspruch auf Vollständigkeit sind dies nur die dringendsten Themen, die Krankenhäuser belasten – bis hin zur Zahlungsunfähigkeit“, stellt Schaffert klar und ist sich sicher, dass noch in diesem Jahr Krankenhausinsolvenzen deutlich zunehmen würden.

Den meisten Verantwortlichen in den Krankenhäusern und bei ihren Trägern sei klar, dass schon allein aufgrund des zunehmenden Fachkräftemangels eine Veränderung der Versorgungsstrukturen und Aufgaben der Krankenhäuser notwendig sei. Dies müsse jedoch mit Ziel und Plan erfolgen. Die Kliniken einfach ihrem finanziellen Schicksal zu überlassen, gefährde die Versorgung und treibe letztlich die Kosten nur nach oben. „Denn dann werden wieder teure Rettungsboote ausgeschickt, weil man feststellt, dass es auch systemrelevante Krankenhäuser trifft“, meint Schaffert.

Im Klinikverbund Hessen herrsche allerdings der Eindruck vor, dass im Bundesgesundheitsministerium die Bedeutung und Rolle der Krankenhäuser für die Versorgung sowie ihre Probleme ignoriert werde. Vielmehr werde von den Krankenhäusern in geplanten Gesetzesvorhaben zusätzliche finanzielle Opfer zugunsten der Gesetzlichen Krankenversicherung erwartet.

Es werde so getan, als wäre die Krankenhausversorgung eine materialistische Industrie, der es in erster Linie um Gewinne ginge, die man abschöpfen könne. „Zwei Drittel der Krankenhäuser insgesamt und alle Mitglieder im Klinikverbund Hessen befinden in öffentlicher oder frei-gemeinnütziger Trägerschaft, sie verstehen Ihre Aufgabe als Daseinsvorsorge und entziehen der Gesundheitsversorgung keine Gewinne“, stellt Schaffert dagegen klar. Zudem sei die Krankenhausversorgung kein freier Markt, sondern extrem reguliert und finanziell gedeckelt. „Mehrkosten verbleiben zu 100% bei den Krankenhäusern und wenn die Kosten immer weiter steigen, nicht aber die Einnahmen, dann führt das zwangsläufig ins Defizit und den Ruin“, erläutert Schaffert.

„Wir fordern daher, dass sich das Bundesgesundheitsministerium endlich um die Krankenhäuser kümmert und Sofortmaßnahmen für die dringendsten Probleme ergreift“, betont Schaffert. Auch vom Land Hessen erwarte man – neben der Verpflichtung zur vollständigen Investitionsfinanzierung – eine Unterstützung für die Belange der hessischen Krankenhäuser.

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