Slowakisches Gesundheitssystem steht vor Zusammenbruch

Nach Angaben der Europäischen Kommission zogen fast zwei Drittel der Mediziner:innen, die die Slowakei verließen, in die Tschechische Republik. [Shutterstock/Karolis Kavolelis]

3.000 Ärzt:innen – fast das gesamte derzeitige Krankenhauspersonal – drohen Ende des Sommers zu kündigen, um so Reformen des Gesundheitswesens und höhere Gehälter einzufordern.

Die stark unterfinanzierten Krankenhäuser haben bereits mit einem Mangel an medizinischem Personal und einer veralteten Infrastruktur zu kämpfen, die dringend modernisiert werden muss.

Krankenpfleger:innen in slowakischen Krankenhäusern verdienen im Durchschnitt 400 Euro weniger als in Tschechien. Im Vergleich zu ihren Nachbarn haben die slowakischen Krankenhäuser mit einer Investitionsverschuldung von 3 Milliarden Euro zu kämpfen.

Ärzt:innen in der Slowakei verdienen im Durchschnitt weniger als 2 800 Euro, 1 000 Euro weniger als in Ungarn und deutlich weniger als in anderen Nachbarländern. Nach Angaben der Europäischen Kommission zogen fast zwei Drittel der Mediziner:innen, die die Slowakei verließen, in die Tschechische Republik.

In den letzten zwei Jahren wurde das Gesundheitspersonal durch mehrere Corona-Wellen erschöpft, was durch die niedrige Impfrate und die ineffiziente Regierungspolitik noch verschlimmert wurde. Viele Ärzt:innen und Krankenpfleger:innen sind ins Ausland gegangen oder haben den Beruf gewechselt.

Nach Angaben des Gewerkschaftsvertreters fehlen in den slowakischen Krankenhäusern 5.000 Ärzt:innen, denn insgesamt gibt es nur 3.700. Außerdem fehlen 2.200 Krankenpfleger:innen.

Daher müssen Krankenhäuser in der Slowakei schwere Operationen verschieben, und einige von ihnen haben Schwierigkeiten, auch nur die grundlegenden Gesundheitsdienste zu gewährleisten. Die Kapazitäten könnten bald durch die steigenden Corona-Infektionsraten weiter belastet werden.

Die ernste Lage droht sich zu einem Kollaps auszuweiten, da 3.000 Ärzte – fast das gesamte verbliebene Krankenhauspersonal – mit einer Kündigung zum Ende des Sommers drohen. Seit mehreren Monaten fordern die Beschäftigten im Gesundheitswesen höhere Gehälter und eine Reform des medizinischen Systems.

In der vergangenen Woche trafen sich ihre Vertreter:innen mit dem Premierminister und dem Finanzminister. Dabei wurde ihnen versprochen, dass die Situation gelöst werden solle. Allerdings wurden die Verhandlungen nun auf Anfang August verschoben.

Eine Lösung zu finden, wird nicht einfach sein. Um die steigenden Lebenshaltungskosten auszugleichen, kündigte die Regierung vor kurzem eine Reihe von Einmalzahlungen für Lehrkräfte und einige andere Beschäftigte des öffentlichen Sektors sowie eine höhere Unterstützung für bestimmte Familien mit Kindern an. Es dürfte schwierig sein, zusätzliche 300 bis 800 Millionen Euro pro Jahr für eine Lohnerhöhung im Gesundheitssektor aufzubringen.

Die angespannten persönlichen Beziehungen zwischen dem Gesundheitsminister und dem Finanzminister Igor Matovic tragen nicht gerade zur Verbesserung der Situation bei. Die Slowakei könnte 1 Milliarde Euro an EU-Sanierungsgeldern in den Sektor fließen lassen, aber die notwendigen Reformen wurden durch Streitigkeiten innerhalb der Regierung ausgebremst.

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