„Dies war erneut ein Jahr voller Herausforderungen für unsere kommunalen Kliniken“, so Landrat Thorsten Stolz, Aufsichtsratsvorsitzender der Main-Kinzig-Kliniken. Gemeinsam mit Kliniken-Geschäftsführer Dieter Bartsch stellte er das Konzern-Jahresergebnis für das Geschäftsjahr 2021 vor. Dabei wurde deutlich: Die Krankenhäuser in Gelnhausen und Schlüchtern waren durch die anhaltende Corona-Pandemie einer wirtschaftlichen Sondersituation ausgesetzt, die sich unverkennbar auf das Jahresergebnis auswirkte. Gleichzeitig nutzten die Kliniken das Jahr intensiv zur Entwicklung von Zukunftsperspektiven für beide Standorte.
Nahezu 27.000 Patienten wurden im letzten Jahr in den Kliniken stationär behandelt, im ambulanten Bereich sogar mehr als 54.000. „Die rund 2.000 Mitarbeiter haben in Zeiten hoher Belastungen und pandemiebedingter Krankheitsausfälle Enormes geleistet“, hob Stolz dankend hervor: „Sie tun tagtäglich ihr Bestes zur Gewährleistung und Weiterentwicklung der hohen Qualität der Kliniken.“ Trotz allen Engagements zeige sich jedoch auch in den Main-Kinzig-Kliniken deutlich die prekäre Lage der Krankenhausfinanzierung in Deutschland: Nach ausgeglichenen Jahresergebnissen der Jahre 2019 und 2020 wurde im Jahr 2021 bei leicht gesteigertem Umsatz ein Defizit von rund 7,8 Mio. Euro erwirtschaftet. Dieses wurde vom Main-Kinzig-Kreis bereits im Laufe des Geschäftsjahres ausgeglichen. Der Landrat dankte nochmals allen politischen Befürwortern, die hierbei große Einigkeit zeigten. „Gerade in schwierigen Zeiten stehen wir uneingeschränkt hinter unseren Kliniken“, betonte Stolz: „Gleichzeitig ist aber klar, dass von Seiten der Bundespolitik grundlegende Änderungen von Nöten sind, um den Krankenhäusern einen Weg aus dieser Schieflage zu ebnen.“
Im Fokus: Patientenversorgung auf hohem Niveau
Das Defizit war bereits ab dem Moment erwartbar, als bekannt wurde, dass die coronabedingten Ausgleichszahlungen Mitte des Jahres 2021 auslaufen, sagte Bartsch. Denn damit blieben die deutlich gestiegenen Mehrkosten für Sachaufwendungen, Material und auch Personal zu einem großen Teil bei den Kliniken. Hinzu kämen hohe Kosten durch die Notwendigkeit, täglich rund um die Uhr Notfallleistungen vorzuhalten, welche jedoch nicht vollständig refinanziert werden. „Im absoluten Fokus stand für uns die Aufrechterhaltung der Versorgung der Menschen in unserer Region. Dies ist unser Auftrag, unsere Verantwortung – und dafür setzen wir uns mit aller Kraft ein“, so der Geschäftsführer, der nun den Blick auf die vorhandenen Stärken richtet: „Das Jahresergebnis macht ein Handeln in zwei Richtungen notwendig: einerseits die Umsetzung von Maßnahmen zur Wiederherstellung der wirtschaftlichen Balance und andererseits strategische Überlegungen zur Entwicklung der beiden Standorte.“
Weitere Schwerpunktbildung
Hierbei setzen die Kliniken insbesondere darauf, Schwerpunkte zu bilden und die Versorgung in Gelnhausen und Schlüchtern weiter zu spezialisieren. Die Möglichkeiten der ambulanten Versorgung sollen stärker genutzt, Prozesse optimiert und die Zusammenarbeit der Standorte weiter verbessert werden. „Wir sehen hier Potenziale, die Versorgung zu intensivieren und auch unseren Mitarbeitenden weiterhin ein attraktives Arbeitsumfeld zu bieten“, erläuterte Bartsch. Was dies für Patienten konkret bedeutet, zeigt sich anhand konkreter Maßnahmen an den zwei Standorten.
Komplexe Versorgung in Gelnhausen
Gelnhausen ist ein umfassender Notfallstandort, außerdem werden hier komplexe Krankheitsbilder behandelt – dies soll zukünftig weiter vertieft werden. Am Beispiel der onkologischen Versorgung, die in den letzten Jahren gezielt ausgebaut wurde, machte Bartsch deutlich, welch herausragende Qualität innerhalb der einzelnen Fachabteilungen erbracht und regelmäßig durch Zertifizierungen der jeweiligen Fachgesellschaften bestätigt werde: „Die Behandlung von Patienten mit Krebserkrankungen in allen Phasen des Krankheitsverlaufs ist hochspezialisiert.“ So feiere beispielsweise das Brustzentrum Gelnhausen in diesem Jahr sein 15-jähriges Jubiläum. Seit Bestehen ist das Kompetenzzentrum durchgängig zertifiziert worden, zudem ist es Kooperationspartner im Onkologiekonzept Hessen. Nicht nur externe Prüfer, sondern insbesondere die hohe Patientenzufriedenheit beweisen, dass exzellente Behandlung auch wohnortnah möglich sei, so der Geschäftsführer.
Gleiches gelte für das Gynäkologische Krebszentrum, das im Jahr 2021 erfolgreich erstzertifiziert wurde, und auch die Klinik für Urologie, die sich insbesondere durch modernste Diagnostik und den Einsatz innovativer Medizintechnik wie das DaVinci-Operationssystem einen hervorragenden Ruf in der Region erarbeitet habe. Auch das Darmzentrum Gelnhausen ist Partner im Onkologiekonzept Hessen und als Organkrebszentrum durchgängig zertifiziert. Moderne, multimodale Therapiekonzepte, minimalinvasive OP-Techniken der neuesten Generation und fachärztliche Expertise spielen auch hier zusammen. Zukünftig soll eine erweiterte Versorgung von Pasentienten mit Pankreaskrebserkrankungen erfolgen: Aktuell im Entstehen ist ein Viszeralonkologisches Zentrum, dessen Erstzertifizierung noch in diesem Jahr erfolgt.
Fachkliniken in Schlüchtern
In Schlüchtern findet eine Basis-Notfallversorgung statt – in starker Vernetzung mit dem Standort Gelnhausen. Die Zusammenarbeit im fachklinischen Bereich soll weiter gestärkt werden. Auch hier gab Bartsch ein Beispiel: den Aufbau einer neuen Klinik für Prothetik und arthroskopische Chirurgie, mittels der die endoprothetische Versorgung zukünftig an einem Standort zusammengeführt wird. Die verantwortlichen Ärzte hierbei sind Dr. Christoph Schreyer, aktuell Chefarzt der Klinik für Klinik für Orthopädie, Allgemein-, Unfall- und Wirbelsäulenchirurgie in Schlüchtern, sowie Dr. Matthias Schwab, derzeit Oberarzt der Klinik für Unfall-, Gelenk- und Wirbelsäulenchirurgie in Gelnhausen.
Beide Mediziner sind seit 1990 in den Main-Kinzig-Kliniken tätig, verfügen über außerordentliche chirurgische Erfahrung und haben die Zusammenarbeit in den letzten Jahren zunehmend intensiviert. Insgesamt wurden im Jahr 2019, also vor der Pandemie, rund 540 prothetische Eingriffe an Knie und Hüfte vorgenommen, davon rund 260 in Schlüchtern. Mit der hier entstehenden neuen Klinik soll den Erwartungen der Patienten noch besser entsprochen werden – insbesondere hinsichtlich terminsicherer Operationen. „Während in Gelnhausen aufgrund von Notfällen nicht selten geplante Operationen verschoben werden müssen, sind in Schlüchtern OP-Kapazitäten vorhanden“, machte Dr. Schreyer deutlich. Daher werden die Standorte eng miteinander verzahnt und der gemeinsame Aufbau eines zertifizierten Prothesenzentrums angestrebt.
Dies bedeutet konkret, dass der Einsatz von Knieprothesen ab Januar 2023 in Schlüchtern erfolgt und mittelfristig auch elektive Hüftprothesen-Operationen ausschließlich in Schlüchtern stattfinden. Sprechstunden und OP-Vorbereitung werden weiterhin an beiden Standorten angeboten. „Hiermit ermöglichen wir eine wohnortnahe Versorgung und bündeln gleichzeitig die medizinische Kompetenz zum Wohle der Patienten“, fasste Bartsch das Vorhaben zusammen. Wie die Mediziner aufzeigten, konnten in einem Probelauf sehr gute Ergebnisse hinsichtlich der Patientenzufriedenheit und Mobilisierung erzielt werden. „Seit Jahren verzeichnen wir überdurchschnittliche Zufriedenheitswerte in der Patientenbefragung“, so Dr. Schreyer über die Leistung des Schlüchterner Teams: „Darauf sind wir stolz und darauf bauen wir jetzt mit der neuen Klinik auf.“
Wirksame Schritte der Politik gefordert
„Die Umsetzung der Maßnahmen zur Zukunftsentwicklung und der Weg in Richtung wirtschaftliche Balance stehen in den nächsten Monaten und im nächsten Jahr im Mittelpunkt“, so Landrat Stolz. Die laufenden und angestrebten Maßnahmen lassen für das laufende Geschäftsjahr ein besseres Jahresergebnis im Vergleich zu 2021 erwarten. Jedoch machten Stolz und Bartsch deutlich, dass eigene Anstrengungen allein nicht ausreichen, sondern nun insbesondere die Bundespolitik gefordert sei. Hierbei seien sowohl kurzfristige Maßnahmen zur Sicherstellung der Liquidität und hinsichtlich eines Inflations- bzw. Energieausgleichs von Nöten, aber auch eine grundsätzliche Strukturreform und ausreichende Finanzierung der Vorhaltevorgaben: „Wir haben trotz eines fehlerhaften Systems mit aller Kraft die Versorgung gestemmt. Und dies werden wir mit großem Engagement aller Mitarbeiter weiter tun. Jetzt ist der Gesetzgeber am Zug.“