Digitales Gesundheitswesen: Cloud-Dienst bemängelt Wettbewerbsverzerrung

Kritik an einer Kassenärztlichen Vereinigung: Ärzten wurde ausschließlich CGM als Hersteller für die Konnektoren, die Router des Gesundheitswesens, empfohlen.

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(Bild: PopTika / Shutterstock.com)

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Da die Krypto-Zertifikate der ersten Konnektoren zur Anbindung an die Telematikinfrastruktur (TI) des Gesundheitswesens demnächst auslaufen, sollen die Geräte ausgewechselt werden. Die TI ist für den sicheren Versand von Patientendaten zwischen Praxen, Apotheken und Krankenkassen gedacht. Die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL) hat sich in einem Newsletter an Ärzte gewandt und dazu aufgefordert, das Angebot des Konnektor-Herstellers CGM anzunehmen. Dies kritisieren der Konnektor-as-a-Service-Anbieter Red Medical sowie ein von der Ärztezeitung befragter Anwalt. Sie sehen darin einen Verstoß gegen die Wettbewerbsneutralität, weil die KVWL nicht auf die preiswerteren Alternativen anderer Anbieter hingewiesen habe.

Nicht nur CGM, sondern auch Secunet und RISE bieten Konnektoren an. Außerdem gibt es die deutlich günstigere Alternative, Konnektoren in Rechenzentren zu nutzen – neben Red Medical stellt die Concat AG ebenfalls Konnektoren in der Cloud zur Verfügung. Günstiger wird es beispielsweise dadurch, dass mehrere Praxen an einen Konnektor angeschlossen werden können.

Aktuell gibt es noch keine unterschriebene Finanzierungsvereinbarung zwischen dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung – daher sind die genauen Bedingungen, unter denen die Auszahlung der entsprechenden Erstattung erfolgt, noch nicht bekannt.

Die "einseitige Darstellung in dem Newsletter" findet Red-Medical-Geschäftsführer Jochen Brüggemann "sehr unglücklich". Sonst würden die KVen immer "großen Wert auf Marktneutralität legen". In der Mail der KVWL wurde den Ärzten – deren Konnektor-Zertifikate auslaufen – geraten, ihre Konnektoren auszutauschen "und sich mit Ihrem Dienstleister vor Ort (DVO) in Verbindung zu setzen".

Der Arzt und Rechtsanwalt Professor Alexander Ehlers bestätigte gegenüber dem Ärzteblatt, dass "Körperschaften des öffentlichen Rechts [...] zu möglichster Zurückhaltung im Wettbewerb angehalten [sind], um dem Gebot der Objektivität und Neutralität zu entsprechen". Sobald sich "die Zusammenarbeit mit einem einzelnen Unternehmen" als prominenter erweist und andere Anbieter nicht genannt werden, werde "gegen die Pflicht zur neutralen und objektiven Amtsführung eine unlautere geschäftliche Handlung der öffentlich-rechtlichen Körperschaft" vor.

In der Vergangenheit hat es laut Ehlers bereits Fälle gegeben, in denen sich Körperschaften öffentlichen Rechts nicht wettbewerbsneutral verhielten. Aufgrund der "besonderen Glaub- und Vertrauenswürdigkeit ist in Bezug auf spezifische Produktempfehlungen Vorsicht geboten", so Ehlers. Die KBV hatte in ihren Praxisnachrichten zum Konnektortausch bereits darauf hingewiesen, dass es neben CGM auch andere Anbieter gibt.

Vorangegangen war, dass die ersten Konnektoren von CGM dieses Jahr – aufgrund der auslaufenden Zertifikate – ausgetauscht werden müssen. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) hat inzwischen mitgeteilt, dass ein Hardware-Austausch die einzige Möglichkeit ist. Die c’t hatte zuvor bereits Alternativen zum Tausch der Hardware vorgeschlagen – die Prüfung der Alternativen hatte das Bundesgesundheitsministerium laut KBV jedoch abgelehnt.

Demnach müssen laut CGM bis Februar 31.000 Konnektoren ersetzt werden, da der Wechsel der Hardware, "die einzige Möglichkeit" sei, um die Anbindung an die sogenannte Telematikinfrastruktur zu gewährleisten. Um den Ärzten entgegenzukommen, hatte CGM die Kosten bereits auf den Betrag gesenkt, die die Praxen von den Krankenkassen erstattet bekommen.

(mack)