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Sanierung im Bestand ist kein Thema mehr

Ortenaukreis legt bei Agenda 2030 nach: Lahr bekommt (fast) ein neues Krankenhaus

Zwischen einer und 1,3 Milliarden kostet die Klinikreform im Ortenaukreis nach bisherigen Berechnungen, angesichts der Baukostensteigerungen wohl noch deutlich mehr. Nach den Neubauten für Achern und Offenburg hat der Kreis die Weichen jetzt auch für ein neues Krankenhaus in Lahr gestellt.

Ortenau-Klinikum in Lahr
Verschachtelt und am Rande der Kernstadt: Das Lahrer Klinikum, hier ein Archivbild, erweist sich für die Planer der Agenda 2030 als besondere Herausforderung Foto: Martin Weinbrenner

Der Ortenaukreis wird bei seiner großen Klinikreform noch eine ordentliche Schippe draufpacken. Nach Achern und Offenburg soll jetzt auch Lahr ein neues Krankenhaus bekommen – jedenfalls fast. Der größte Teil des Hauses wird komplett neu gebaut, nur das moderne Bettenhaus Süd und der neu gebaute OP-Bereich bleiben stehen.

Der Clou dabei: Die jetzt vom Münchener Architekturbüro Ludes präsentierte Planung soll nicht nur (ein wenig) billiger sein, als die bisherigen Pläne, sondern auch schneller fertig. Und offiziell ist es kein Neubau.

„Eine tolle Lösung für Lahr, wirklich ein Quantensprung“, freute sich Landrat Frank Scherer am Dienstag über einen Beschluss des Ausschusses für Gesundheit und Kliniken, der mit nur einer Enthaltung den Weg für die neuen Pläne ebnete. Die waren erst vor wenigen Tagen öffentlich geworden. Das letzte Wort liegt jetzt beim Kreistag.

Ein Neubau, der keiner ist

Ein Blick auf die Computermodelle macht es sofort deutlich: Der bisherige Entwurf zeigt ein zerklüftetes Gebäudeensemble, das sich bei der Sanierung am Bestand orientiert hätte, der über Jahrzehnte wieder Anbau auf Anbau zu verkraften hatte.

Ein für den Klinikbetrieb nicht sehr hilfreiches Konzept mit weiten Wegen und umständlichen Abläufen – und der Grund, warum man sich bei der Agenda 2030 letztlich für Neubauten in Achern und Offenburg entschieden hatte. Die überarbeitete Planung für Lahr dagegen sieht drei kompakte, eng aneinander geschmiegte Baukörper vor.

Dritter Neubau mit Stuttgart nicht zu machen

Ein weiteres neues Krankenhaus wäre mit Stuttgart nicht zu machen gewesen, bremste Landrat Scherer am Dienstag die sogleich aufkeimende Debatte aus, ob man nun nicht tatsächlich auf der grünen Wiese bei Null anfangen solle.

Es habe eine klare Aussage des Sozialministeriums gegebenen, dass ein dritter Neubau nicht darstellbar sei, „und wir müssen ehrlich sagen, dass der Kreis das auch nicht finanzieren könnte“. Auf die Steuerzahler kämen weitere 100 Millionen Euro zu.

Dass das jetzt gefundene Konzept vermutlich nicht teurer (und möglicherweise sogar günstiger) wird als die bisherige Planung, das hat vor allem zwei Gründe. Zum einen muss man nicht so viel Rücksicht auf den laufenden Klinikbetrieb nehmen.

Zum anderen wären bei der bislang diskutierten Variante Gebäude abgebrochen worden, die erst vor Kurzem saniert worden waren. Der Kreis hätte dem Land rund 40 Millionen Euro Zuschuss zurückzahlen müssen.

Eine tolle Lösung für Lahr, wirklich ein Quantensprung.
Frank Scherer, Landrat

Aus dem Plenum gab es viel Beifall. „Wir sehen uns heute bestärkt in der Entscheidung, in Achern und Offenburg nicht am bestehenden Standort zu sanieren“, sagt Thorsten Erny (CDU).

Eberhard Roth (FW) signalisierte wie die anderen Fraktionen, mit Ausnahme von Lilo-Kreisrätin Jana Schwab, ebenfalls Zustimmung, bedauerte aber den „Wermutstropfen“, dass die Gespräche über eine gemeinsame Lösung mit dem Lahrer Herzzentrum gescheitert seien.

2032 Ende der Arbeiten in Lahr

2029 sollen in Lahr die wichtigsten Bauarbeiten abgeschlossen sein. Einen Schlussstrich könne man 2032 ziehen, sagt Klinik-Geschäftsführer Christian Keller, der der Frage von Alfred Baum (Grüne), ob man denn so tatsächlich alle nach Lahr geflossenen Fördergelder behalten könne, ein wenig auswich.

Es gebe, so betonte Keller, noch keinen Förderbescheid, doch die jetzt favorisierte Variante mit dem „Ersatzneubau“ werde vom Amt für Vermögen und Bau deutlich positiver gesehen als der alte Entwurf: „Das, was abgerissen wird, ist auch wirklich alt“.

Baukostensteigerung schlägt massiv zu

Bei den Kosten, so wurde am Dienstag deutlich, gibt es freilich ein ganz anders Problem als die Frage nach Neubau oder Sanierung. Die Baupreissteigerung wird nach Berechnungen der Ludes-Architekten massiv zuschlagen.

Beide Varianten kosten dem Grunde nach annähernd dasselbe. Ungleich dramatischer wirkt sich die Zeit aus. So ist die jetzt favorisierte Option, basierend auf den immer wieder zitierten Berechnungen aus August 2019, mit 183 Millionen Euro angesetzt. Stand April 2021 wären es bereits mehr als 210 Millionen Euro gewesen. Die Prognosen für die Mitte der tatsächlichen Bauzeit aber belaufen sich bereits auf mehr als eine Viertelmilliarde.

Eine vergleichbare Berechnung für die gesamte Agenda 2030 hat die Verwaltung an diesem Dienstag nicht vorgelegt. Auch hier sind, wie berichtet, massive Ausgabensteigerungen zu erwarten.

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