Städtische Kliniken Köln vor NeuanfangFührungsspitze soll abgelöst werden

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Städtische Kliniken Köln: Krankenhaus Merheim

Städtische Kliniken Köln: Krankenhaus Merheim

Köln – Die städtischen Kliniken Köln stehen vor einem Neuanfang – und vielen offenen Fragen: Wie der „Kölner Stadt-Anzeiger“ erfuhr, soll die komplette Führungsspitze der Kliniken abgelöst werden.

Nach der in der vergangenen Woche bekanntgegebenen vorzeitigen Vertragsauflösung von Geschäftsführer Holger Baumann könnte der Aufsichtsrat der Kliniken am kommenden Freitag auch die Entlassung des ärztlichen Direktors Horst Kierdorf und des Finanzdirektors Daniel Brozowski anweisen. Der Vorsitzende des Aufsichtsrats, Ralph Unna, sagt dazu, dass er „solche Spekulationen nicht kommentieren wird“.

Kritik wurde immer lauter

Die Kritik an Geschäftsführer Baumann und Finanzdirektor Brozowski soll intern zuletzt immer lauter geworden sein. Ein Grund sei das in den vergangenen Jahren stetig gestiegene Defizit der Kliniken gewesen, das den Ankündigungen Baumanns bei Amtsantritt, die Kliniken sanieren zu wollen, entgegenstand. Auch der eklatante Personalmangel im Pflegebereich und die Schließung zahlreicher Stationen soll für Unmut gesorgt haben. Ausschlaggebend für Baumanns Abgang sollen indes auch private Gründe gewesen sein.

Führende Mitarbeiter sollen sich unterdessen über mangelnde Transparenz bei der finanziellen Budgetierung der Abteilungen beklagt haben.

Chef der Lungenklinik verlässt Merheim

Holger Baumann war im Herbst 2018 mit dem Ziel angetreten, medizinische Zentren zu gründen, um Kompetenzen zu bündeln – so sollte auch die angestrebte Fusion der städtischen Kliniken mit der Uniklinik vorangetrieben werden. Als eines der Aushängeschilder für ein solches Zentrum galt die Merheimer Lungenklinik, die einen überregional herausragenden Ruf hat.

Michael Hallek, Direktor der Klinik für Innere Medizin I der Uniklinik, hatte in einem Interview mit dieser Zeitung im vergangenen Jahr betont, dass die Merheimer Lungenklinik mit den forschungsstarken Gruppen der Uniklinik zu einem „onkologischen Spitzenzentrum“ zusammenwachsen könnte.

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Die Entscheidung des Chefs der Lungenklinik, Erich Stoelben, Merheim im Sommer zu verlassen, dürfte demnach das Erdbeben bei den Städtischen Kliniken mit ausgelöst haben. Stoelben wird zum 1. Juli ans Hildegardis-Krankenhaus der Stiftung der Cellitinnen zur heiligen Maria wechseln – neun der elf Chirurgen seines Teams der Thoraxchirurgie haben mit ihm bereits gekündigt.

In den 16 Jahren unter Stoelbens Führung war die Lungenklinik von einem kleinen Fachbereich zu einer großen und renommierten Abteilung mit Organzentrum, Unfallchirurgie, Thoraxchirurgie und Pneumologie geworden.

Onkologischer Bereich „herabgewirtschaftet“

Er habe die Arbeit mit den Kolleginnen und Kollegen in allen Fachbereichen im Krankenhaus Merheim sehr geschätzt, sagt Stoelben. Demgegenüber sei es unverständlich gewesen, dass der onkologische Bereich mit medikamentöser Behandlung und Strahlentherapie der Lungenklinik und am gesamten Krankenhaus Merheim „stark vernachlässigt worden“ sei. „Das gilt für die Anschaffung medizinischer Geräte wie für die personelle Ausstattung.

Die onkologische Ambulanz am Krankenhaus Merheim zum Beispiel wird ab dem Frühsommer nur noch 0,7 Onkologen-Stellen für die gesamte onkologische Abteilung haben. Damit lässt sich eine Abteilung nicht betreiben.“ Eine Studienleiterin habe wegen des Personalmangels bereits gekündigt – es sei bei weitem nicht die einzige.

Stetig wachsender Verlust

Der Verlust der Kliniken der Stadt Köln war in den vergangenen Jahren immer weiter angewachsen: Betrug das Defizit im Jahr 2017 noch 39,5 Millionen Euro, waren es 2018 schon 46,4 Millionen, für das vergangene Jahr soll es dem Vernehmen nach vermutlich weit über 50 Millionen Euro betragen.

Mit dem Verlust stieg auch der Handlungsdruck – warum aber in welcher Abteilung welche Budgets eingespart wurden, darüber fühlen sich einige verantwortliche Ärzte nicht hinreichend informiert.

„Ich habe in den vergangenen zehn Jahren kein Budget für meine eigene Abteilung gesehen“, sagt Erich Stoelben. Er wisse lediglich, dass seine Abteilung rund zehn Prozent des Gesamtbudgets der städtischen Kliniken erwirtschaftet habe. Ob seine Lungenklinik rote oder schwarze Zahlen geschrieben habe, wisse er nicht. (Dem Vernehmen nach sollen es schwarze sein). Eine erfolgreiche Steuerung von Einnahmen und Ausgaben sei somit weder in den einzelnen Kliniken noch insgesamt bei den Kliniken der Stadt Köln möglich gewesen.

Budgets seien nicht kommuniziert worden

Beim Vorgänger von Holger Baumann habe es von Hand erstellte Deckungskostenberechnungen für die einzelnen Abteilungen gegeben – dieses gebe es seit einigen Jahren nicht mehr. Er habe das immer wieder kritisiert, sagt Erich Stoelben.

„Wenn eine Abteilung auch wirtschaftlich erfolgreich sein will, sollte sie ihre Einnahmen und Ausgaben kennen.“ Anderweitig könne auch nicht transparent kommuniziert werden, warum zum Beispiel Personal gespart werden soll – und keine neuen Geräte angeschafft werden.  

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