Die vierte und fünfte Corona-Welle machen dem Schwarzwald-Baar-Klinikum zu schaffen – auch in finanzieller Hinsicht. Das Klinikum brauche laut Landrat Sven Hinterseh eine Finanzspritze. Fünf Millionen Euro müssten die Kreisräte für die Einrichtung freigeben.

Roth: „Größter Respekt für die Behandlung der vielen Ungeimpften“

Der VS-Rathauschef betonte mehrfach, das Klinikum sei „völlig unverschuldet“ in die Klemme geraten. Verschobene Operationen und viele ausgefallene Mitarbeiter hätten das Loch in Folge der Coronakrise gerissen. Roth habe „angesichts der schwierigsten Rahmenbedingungen allergrößten Respekt für die Mitarbeiter im Klinikum, dann noch jeden Tag so viele Ungeimpfte versorgen zu müssen“.

Jürgen Roth.
Jürgen Roth. | Bild: Hans-Jürgen Götz

„Wir stehen auch in schwierigen Zeiten zu unserer Klinik.“ Er erwarte, dass Bund und Land den Zuschuss aus den Coronatöpfen ausgleichen würden. Geld sei „wenigstens im Moment“ genügend da. Es könne nicht sein, dass schlussendlich die Landkreisbürger diese Zusatzmillionen aufbringen müssten.

Nur kurz aufblitzen ließ Roth seine Unzufriedenheit mit „teils unsinnigen Vorschriften“ von übergeordneten Stellen. Roth schildert auch kurz das teils zermürbende Hin und Her mit dem Auf- und Abbau von Impfstellen und Testeinrichtungen.

Er unterstrich, dass die CDU auch die Erhöhung des Zuschusses an das Hospital von CDU-Mitglied Maria Noce auf nun 15.000 Euro unterstütze.

Für die Unterstützung der Ukraineflüchtlinge sei die CDU bereit, auch Neuschaffung von befristeten Stellen zuzustimmen. Roth ließ mehrfach erkennen, dass er die aktuelle Lage noch für wenig aussagekräftig hält. Er rechnet offenbar noch mit mehr Zustrom. Im Herbst solle die Lage geprüft und gegebenenfalls nachgesteuert werden.

Grüne: „Eine insgesamt sehr instabile Situation“

Christian Kaiser (Grüne) sagte, Corona habe die Kreisgesellschaft auf allen Ebenen markant beeinflusst. Mobilitätswende und Digitalisierung tragen für ihn dazu bei, dass „kein Stein mehr auf dem anderen bleibt“. Er unterstrich die Bedeutung der Investitionen in die kreiseigenen Strukturen der Bildungseinrichtungen, nicht zuletzt bei Energiegewinnung und Dämmung. Kaiser zeigte sich unzufrieden mit den Ausschreibungen im Bereich des Personennahverkehrs.

Christian Kaiser.
Christian Kaiser. | Bild: Rainer Bombardi

Auch das Projekt S-Bahn nach Freiburg missbilligte er hinsichtlich Umsetzung und Finanzierung. Er stellte in Frage, ob die geplanten Kreis-Finanzen ausreichten. Kaiser sprach von einer „insgesamt sehr instabilen Situation“ in der Folge des Angriffs auf die Ukraine.

Sanktionsspiralen, Rohstoffengpässe und explodierende Energiekosten könnten die Folgen der Coronajahre noch übertreffen. Höhere Grunderwerbsteuer und mehr Verkehrsbußgelder seien deshalb richtigerweise eingeplant. Auch Kaiser stellte sich für die Grünen hinter das Klinikum. Er forderte eine Erhöhung des Stammkapitals zugunsten des Kreiskrankenhauses.

Klumpp: „Haushalt angesichts des Kriegs fast nachrangig“

Für Walter Klumpp von den Freien Wählern schien der Kreishaushalt angesichts des „brutalen Krieges“ um die Ukraine „fast schon unwichtig“. Er forderte, „allen Geflüchteten bei uns unbürokratisch zu helfen“. Wie das zu beziffern sei in der Region, sei noch nicht absehbar.

Er stellte sich klar hinter die Haushaltsmaßnahmen wie eine aus seiner Sicht gemäßigte Erhöhung der Grunderwerbsteuer und die geplanten Mehreinnahmen bei den Bußgeldern aus der Überwachung des Straßenverkehrs. Die kalkulierten 6,9 Millionen Euro für die Bewältigung der Ukrainekrise müssten Bund und Land tragen.

Walter Klumpp.
Walter Klumpp. | Bild: Naiemi, Sabine

Klumpp plädierte im Interesse der Kommune für eine Erhöhung der Kreisumlage um nur 0,5 Punkte. Klumpp sagte angesichts des Klinikumdefizits von wohl 10,5 Millionen Euro, der Bitte des Klinikums sei nachzukommen. Es sollten 5 Millionen Eurp Ertragszuschuss gezahlt werden, das entspreche 23 Euro je Kreisbürger. er innerte daran, dass die Freien Wähler eine schwarze Tonne mit gelbem Deckel gefordert hätten. Die aktuellen gelben Tonnen tragen für ihn “nicht gerade zur Verbesserung der Ortsbilder“ bei.

Schurr: „Kostet jeden etwas Wohlstand“

Edgar Schurr sprach von „nie dagewesenen Umständen für die Kreisfinanzen: „Erst die Coronakrise, nun der unsägliche Krieg um die Ukraine.“ Es stehe außer Frage, alles zu tun, um Geflüchteten die Lage erträglich zu machen. Im günstigsten Fall sei es so, dass hierzulande etwas Wohlstand geopfert werden müsse während bei den Betroffenen „hoher Blutzoll verkraftet werden“ müsse. Er hoffe, dass die Folgen im Kreis nur finanzieller Natur sein werden.

Edgar Schurr.
Edgar Schurr. | Bild: Hans-Juergen Goetz

Das Beziffern der Folgen sei nahezu unmöglich. Er konzentrierte sich dann auf die Ziele: Der ÖPNV-Verbund über drei Landkreise sei landesweit vorbildlich. Er forderte Tempo beim Ausbau der Bahnstrecke nach Rottweil und beim Ringzug nach St. Georgen.

Die steigenden Dieselpreise würden wohl Kostensteigerungen in der Dimension von zweistelligen Millionensummen bei der Schülerbeförderung erfordern, blickte er voraus.

Beim Klinikum sei der zusätzliche Finanzbedarf „grundsätzlich der Coronakrise“ geschuldet. Die Pandemie habe als Sondereffekt ihre Auswirkungen, einem Finanzzuschuss könne die SPD-Fraktion mehrheitlich zustimmen.

Reith: Konzept für Hausärzte muss her

Niko Reith machte für die FDP-Fraktion erst einmal eine bundespolitische Aussage. Die Ampelkoalition habe die Infektionsschutzauflagen zurecht auslaufen lassen. Es müsse wieder dem Einzelnen überlassen bleiben, wie er sich schütze. Er appellierte, sich impfen zu lassen.

Angesichts der Ukrainekrise sagte er, der Landkreis müsse noch enger zusammenrücken. Jeder Einzelne müsse mit Einschränkungen rechnen. Es sei nicht damit getan, zu Hause einen Pulli anzuziehen und die Heizung herunter zu drehen. Es müsse aber darum gehen, den Krieg nicht weiter zu finanzieren durch Energiebezug aus Russland.

Niko Reith.
Niko Reith. | Bild: Rau, Jörg-Peter

Eine Unterstützung des Klinikums sei in Höhe von fünf Millionen Euro verantwortbar. Auch er sprach sich für höhere Grunderwerbsteuern aus. Er lehne eine ÖPNV-Abgabe ab. „Wer mit den geplanten vielen Bussen fahren soll, erschließt sich mir nicht, Im ländlichen Raum werden wir weiter das Auto brauchen.“

Beim Ausbau des Breitbandnetzes dürfe die Region nicht nachlassen. Er warnte davor, dass andere Landkreise Fachklassen aus Schwarzwald-Baar abzuwerben versuchten.

Für die Ärzteversorgung mahnte er mehr politische Aufmerksamkeit an. Von den 136 Ärzten im Kreis sein 40 Prozent 60 Jahre alt oder älter. Reith: „Wir sehen eine flächendeckende Versorgung mit Haus- und Fach-Ärzten durchaus in Gefahr. Bei dieser Herausforderung sind die Gemeinden alleine oft überfordert.“ Er kündigte eine Bestandsaufnahme zur Frage an, „welche Standorte in den nächsten fünf Jahren gefährdet sein könnten“ und forderte vom Landkreis ein Zukunftskonzept ein.

Senger: Den Geflüchteten aus der Ukraine helfen

Joachim Senger.
Joachim Senger. | Bild: AFD

Die AfD sprach sich für eine Erhöhung der Kreisumlage von 28,0 auf 29,5 Punkte aus. Der Krieg in der Ukraine habe den Landkreis „indirekt erreicht“, so Joachim Senger. Hilfe für die Geflüchteten „steht für uns außer Frage“.

Die Abstimmungen im Kreistag – Geld fürs VS-Hospiz

Das Gremium stimmte der Überweisung von fünf Millionen Euro ans Klinikum zu. Auch das VS-Hospiz von Maria Noce darf sich über Unterstützung freuen. Der Defizitausgleich bis zu 15.000 Euro erfolgt jährlich nach Vorlage eines Rechenschaftsberichts. Für die Villinger psychologische Beratungsstelle sollte wieder ein Zuschuss von 6300 Euro bezahlt werden. 18 Ja- und 25 Neinstimmen gab es bei fünf Enthaltungen. Für 15.000 Euro mehr gab es klare Ablehnung.

Nur wenig mehr Kreisumlage für die Landkreis-Kasse

Die Kreisumlage, welche die Gemeinden an den Landkreis leisten müssen wurde auf Antrag der Freien Wähler auf 28,5 Punkte festgelegt. das ist eine Erhöhung von 0,5 Punkten. Landrat Hinterseh sagte, die damit geringer als erwarteten Gelder müssten anderweitig nachfinanziert werden von der Kreisverwaltung. „Ich hoffe, dass wir das einigermaßen hinkriegen.“