Krankenhäuser fordern zukunftsfähige Strukturen und angemessene Finanzierung

Hannover, 28.3.2022

Die wirtschaftliche Lage der Krankenhäuser in Niedersachsen ist nach zwei Jahren Corona-Pandemie schlechter als je zuvor. Zugleich stehen die Kliniken im Land vor einer Vielzahl an Herausforderungen, um eine qualitativ hochwertige und flächendeckende stationäre Versorgung auch in Zukunft gewährleisten zu können. Darauf hat die Niedersächsische Krankenhausgesellschaft (NKG) heute im Rahmen ihrer Mitgliederversammlung in Hannover aufmerksam gemacht. 

 

„Die ohnehin schwierige Situation vieler Krankenhäuser hat sich infolge der Pandemie dramatisch zugespitzt. Das Vergütungssystem stößt erkennbar an seine Grenzen und die unzureichende Investitionsfinanzierung auf Landesebene verschärft die Lage zusätzlich“, sagte Dr. Hans-Heinrich Aldag, Vorsitzender der NKG. „Der gravierende Fachkräftemangel stellt die Kliniken vor große Herausforderungen, während die Bürokratiebelastung der Beschäftigten ein Ausmaß erreicht, das kaum noch zu bewältigen ist“, so der Vorsitzende der Krankenhausgesellschaft weiter.

 

Aus Sicht der NKG ist es daher dringend geboten, zeitnah und zugleich nachhaltig die Weichen für zukunftsfähige Krankenhausstrukturen in Niedersachsen zu stellen. Vor diesem Hintergrund stellte die NKG während der Mitgliederversammlung ihre Positionen für die kommende Legislaturperiode vor. „Die Corona-Pandemie hat den hohen Wert einer leistungsfähigen und flächendeckend verfügbaren Krankenhausstruktur ebenso deutlich werden lassen wie bestehende Schwachpunkte. Mit unserem Positionspapier wollen wir einen Beitrag zur Debatte um die künftige Krankenhauslandschaft in Niedersachsen und die hierfür notwendigen Voraussetzungen leisten“, betonte Dr. Aldag.

 

In ihrem Positionspapier hebt die NKG hervor, dass zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit in Niedersachsen zwingend die flächendeckende Versorgung aufrechterhalten werden muss. Angesichts der dramatischen wirtschaftlichen Lage vieler Krankenhäuser gerade im ländlichen Raum sei dies keine Selbstverständlichkeit mehr. Neben der Erhaltung und Stärkung müsse deshalb auch die Weiterentwicklung einer bedarfsgerechten Versorgung in der Fläche die Grundlage der Krankenhausplanung durch das Land Niedersachsen bilden. Die NKG unterstreicht, dass die Planung der Krankenhausstrukturen eine originäre Aufgabe des Landes ist, die nicht delegiert oder etwa durch Bundesvorgaben ausgehebelt werden darf.

 

Zudem betont die NKG die Notwendigkeit attraktiver Arbeitsbedingungen für die Klinikbeschäftigten, um dem Fachkräftemangel etwas entgegenzusetzen. Vorrangig müsse es darum gehen, die Beschäftigten zu entlasten und perspektivisch neues Personal zu gewinnen. Wichtig sei es, Tarifsteigerungen verbindlich und vollständig zu refinanzieren und die Ausbildung im Gesundheitswesen finanziell besser auszustatten. Neben einer angemessenen Vergütung kommt es der NKG auf ein wertschätzendes Arbeitsumfeld an, auf Vertrauen in die hohe Kompetenz des Personals und auf einen spürbaren Abbau der derzeit immensen Bürokratiebelastung. Aufwand und Nutzen von Dokumentationspflichten sind aus Sicht der NKG kritisch dahingehend zu hinterfragen, ob damit tatsächlich eine bessere Patientenversorgung erreicht wird. Die Prüfquote von Krankenhausrechnungen ist auf maximal 5 Prozent pro Quartal zu begrenzen, fordert die NKG.

 

„Unser gemeinsames Ziel sollte es sein, die hohe Kompetenz und das Engagement der Mitarbeitenden in den Krankenhäusern anzuerkennen und zu stärken. Demotivierende Bürokratie ohne erkennbaren Nutzen ist hingegen unbedingt zu vermeiden. Wertschätzung und Vertrauen müssen das Handeln bestimmen. Dass weniger Kontrolle möglich ist, hat der teilweise Verzicht auf Bürokratie während der Pandemie bewiesen. Die Versorgungsqualität hat darunter nicht gelitten“, betonte NKG-Verbandsdirektor Helge Engelke.

 

Hinsichtlich der angestrebten Neuordnung der Krankenhausstrukturen in Niedersachsen bekräftigt die NKG ihre Forderung in Richtung des Landes, die jährlichen Investitionsmittel deutlich zu erhöhen. Das Land habe zwar begrüßenswerterweise erste Schritte unternommen, angesichts eines Investitionsstaus von rund 2,2 Milliarden Euro für bereits geplante Baumaßnahmen der Krankenhäuser in Niedersachsen reichten diese jedoch nicht aus. Erforderlich ist eine Anhebung der jährlichen Gesamtinvestitionsmittel inklusive Pauschalförderung auf 520 Millionen Euro und zusätzlich eine Berücksichtigung von Baupreissteigerungen. Für die bereits geplanten Strukturmaßnahmen ist zudem ein landeseigener Strukturfonds in Höhe von 1 Milliarde Euro notwendig.

 

Ebenso wichtig ist es nach Auffassung der NKG, das Vergütungssystem so weiterzuentwickeln, dass eine Finanzierung von Vorhaltekosten künftig gewährleistet ist. Dies sei eine wesentliche Lehre aus der Corona-Pandemie. Zudem muss das Land Niedersachsen die digitale Infrastruktur von Krankenhäusern aktiv fördern und die IT- und Cybersicherheit weiter verbessern. Zur Bewältigung der Zukunftsaufgabe Digitalisierung ist ein Sonderinvestitionsprogramm des Landes erforderlich. Die mit der Digitalisierung verbundenen enormen Betriebs- und Investitionskosten werden derzeit weder in der regulären Investitionskostenförderung noch in den Fallpauschalen berücksichtigt.  

 

Während der Mitgliederversammlung appellierte Dr. Aldag an die politisch Verantwortlichen, alles Notwendige dafür zu tun, dass die Krankenhäuser in Niedersachsen keinen Schaden nehmen. Bleibe es bei den derzeitigen Rahmenbedingungen, werde die stationäre Versorgung absehbar und substanziell gefährdet. Gemeinsames Ziel müsse es sein, die Voraussetzungen für eine sichere stationäre Versorgung in Niedersachsen in Zukunft zu schaffen, so der NKG-Vorsitzende. Abgeschlossen wurde die Mitgliederversammlung der NKG durch eine Podiumsdiskussion mit Niedersachsens Gesundheitsministerin Daniela Behrens sowie den gesundheitspolitischen Sprecherinnen und Sprechern der Landtagsfraktionen.

 

Die „Positionen der Niedersächsischen Krankenhausgesellschaft für die 19. Legislaturperiode des Niedersächsischen Landtags“ sind als Download verfügbar unter:

www.nkgev.info und www.nkgev.info/Pressemitteilungen.html

 

Eine Video-Aufzeichnung des öffentlichen Teils der NKG-Mitgliederversammlung einschließlich Vorstellung der NKG-Positionen für die kommende Legislaturperiode und Podiumsdiskussion über die Herausforderungen für die Krankenhäuser steht hier zur Verfügung.

Weitere Informationen:

 - Helge Engelke, Verbandsdirektor der NKG (0511 / 307 63 0)
 - Piet Schucht, Pressesprecher der NKG (0511 / 307 63 19 oder Mobil: 0160 / 224 74 57 )
   E-Mail: schucht@nkgev.de

 Thielenplatz 3 - 30159 Hannover - www.nkgev.info

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