„Große Sorge“Hallek drängt auf schnelle Klinikfusion – Lauterbach zurückhaltend

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Kliniken

Die städtischen Kliniken sind in der Krise.

Köln – Der renommierte Kölner Mediziner Michael Hallek betrachtet die aktuelle Personalsituation bei den städtischen Kliniken Köln „mit großer Sorge“. Als Direktor der Klinik I für Innere Medizin an der Uniklinik Köln fühle er sich mitverantwortlich „für die Gesundheitsversorgung der Stadt Köln. Wenn jetzt das Lungenkrebszentrum in Merheim, das größte seiner Art in der Region, samt seiner renommierten Thoraxchirurgie auseinanderbricht, bedeutet das einen immensen Verlust, der nicht aufzufangen ist“, sagte Hallek dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.

Hinsichtlich der von der Stadt Köln angestrebten Fusionierung der städtischen Kliniken mit der Uniklinik hatte Hallek große Hoffnungen in die Zusammenarbeit der Lungenfachbereiche gesetzt. So könne in Köln ein „onkologisches Spitzenzentrum“ entstehen, das deutschlandweit seinesgleichen suche. Den Weggang von Prof. Erich Stoelben, der die Merheimer Lungenklinik vor 16 Jahren aufgebaut hatte, seines Teams sowie die Wechsel an der Führungsspitze der städtischen Kliniken müssten „von der Politik als Signal verstanden werden, endlich zu agieren“, so Hallek.

Landtagswahl: CDU für die Klinikfusion, SPD dagegen

Nachdem Holger Baumann, Geschäftsführer der städtischen Kliniken, jüngst bekannt gegeben hatte, seinen Vertrag ein Jahr vor Ablauf zu kündigen, hatte der „Kölner Stadt-Anzeiger“ vorab über die Demission des Klinischen Direktors Horst Kierdorf und des Finanzdirektors Daniel Brozowski berichtet. Kierdorfs Vertragsauflösung war am Mittwoch bekannt gegeben worden, Brozowskis steht kurz bevor.

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Es dürfe nicht länger hingenommen werden, dass „die Lungenklinik Schaden nimmt“, sagt Michael Hallek. „Der angestrebte Zusammenschluss mit der Uniklinik darf nicht länger eine Hängepartie bleiben – unabhängig davon, wer die kommende Landtagswahl gewinnt. Der Frust unter den Beschäftigten im Rechtsrheinischen ist groß. Es braucht dringend ein positives Signal.“ Die CDU hat sich in ihrem Wahlprogramm für einen Kölner Klinikverbund ausgesprochen, die SPD ist dagegen.

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Harsche Worte zum Weggang von Stoelben und seinem Team findet auch Norbert Mülleneisen, Vorsitzender des Berufsverbands der niedergelassenen Lungenfachärzte Nordrhein. „Was da passiert ist, ist an Peinlichkeit nicht zu überbieten“, sagt der 66-Jährige. Leider reagiere die Stadt Köln „oft erst dann, wenn etwas gewaltig schiefläuft und das Kind in den Brunnen gefallen ist“. Unter den Fachärzten seiner Zunft habe man sich „schon länger gewundert, dass der Lungenfachbereich in Merheim völlig grundlos heruntergewirtschaftet wird“, so Mülleneisen.

„Eine schallende Ohrfeige für die Stadt“

Mit der Pneumologie und Beatmungsmedizin verdienten Kliniken erfahrungsgemäß Geld – es sei „ein Fachbereich, mit dem rote Zahlen aus Bereichen wie der Kindermedizin ausgeglichen werden“. Um den besonderen Stellenwert der Kölner Lungenklinik zu verdeutlichen, vergleicht Mülleneisen sie mit einer „besonders guten Milchkuh. Die pflegt man, gibt ihr genug zu fressen, kümmert sich um sie. Heißt: Man fragt, was benötigt wird, was fehlt, versucht alles zu tun, damit das Personal zufrieden ist und die Erträge weiterhin gut bleiben“. Genau das Gegenteil sei mit dem onkologischen Bereich der Lungenklinik in den vergangenen Jahren geschehen. „Wenn eine onkologische Abteilung dort künftig mit einer 0,7-Stelle für einen Onkologen arbeiten soll, dann ist das blanker Hohn.“

Zuzuschauen, wie eine deutschlandweit bekannte Fachklinik „derart ausblutet“, bedeute „eine schallende Ohrfeige für die Stadt“. Wenn die Klinik nun bei der Stellenausschreibung für den scheidenden Chef Stoelben, der sich zum 1. Juli dem Hildegardis-Krankenhaus anschließt, damit werbe, das drittgrößte Zentrum seiner Art in Deutschland zu sein, so halte er das „für einen schlechten Witz“. Gute Thoraxchirurgen seien „äußerst rar“, der Neuaufbau werde Jahre dauern. Der Schaden durch Stoelbens Kündigung sei „nachhaltig“, die Wahrscheinlichkeit, dass mit Stoelben und seiner Crew weitere kompetente Fachärzte die Klinik verlassen, „hoch“.

Karl Lauterbach hält sich bedeckt

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hält sich beim Thema Klinikfusion derzeit bedeckt. Lange hat er sich für den Erhalt des Krankenhauses in Holweide, das in seinem Wahlkreis liegt, und gegen die Fusion ausgesprochen. Das ist auch die Linie seiner Landespartei: Carolin Kirsch, die sozialdemokratische Direktkandidatin für Mülheim, hatte sich auf einer Demo im Februar klar für den Erhalt ausgesprochen, für eine entsprechende Petition geworben – und Unterstützung durch die Landespartei und Karl Lauterbach versprochen.

Dieser sagte am Donnerstag bei einem Besuch in der Kölner Uniklinik, das Thema sei mit der Uniklinik-Leitung bislang nicht besprochen worden, andere Themen stünden weiter oben auf der Agenda. Dafür fand er lobende Worte für die Uniklinik, die sich klar für eine Fusion ausspricht: „Ich bin sehr beeindruckt, wie gut sich die Klinik hier entwickelt. Das ist eines der vier großen universitätsmedizinischen Zentren in Deutschland.“

Die Entwicklung der vergangenen Jahre sei „sehr beeindruckend“. Die Kölner Uniklinik sei auf dem Weg, ein europäisches Forschungszentrum zu werden. Ob er es wagen wird, Steine in diesen Weg zu legen? Nach Informationen dieser Zeitung war die Klinikfusion auch im weiteren Verlauf seines Besuchs kein großes Thema mehr.

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