Über die Inzidenz und Prävalenz entzündlich-rheumatischer Erkrankungen existieren verlässliche Erkenntnisse (Zusammenstellung in [1]). Über die akutstationären Strukturen, in denen Menschen mit Rheuma in Deutschland versorgt werden, ist deutlich weniger bekannt. Versuche des Verbandes rheumatologischer Akutkliniken e. V. und der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh), sich der Thematik zu nähern, liegen bereits einige Jahre zurück [2, 3]. Die Corona-Pandemie hatte einen erheblichen Einfluss auf die akutstationäre Patientenversorgung in Deutschland [4]. Dass ein Teil der beobachteten Veränderungen von Dauer ist, ist nicht ausgeschlossen. Parallel plant die Politik grundlegende Reformen in der Krankenhausplanung, den Vergütungssystemen und an der Grenze zwischen stationärem und ambulantem Sektor [5, 6]. In diesem Kontext ist es wichtig, Informationen über die akutstationäre Versorgung und die Versorgungsstrukturen zu gewinnen.

Material und Methoden

Es wurden überwiegend öffentlich zugängige Datenquellen genutzt.

Datenbrowser des Instituts für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK)

Zur Auswertung der akutstationär versorgten Fälle wurde der Datenbrowser des Instituts für das Entgeltsystem im Krankenhaus [7] für die Datenjahre 2019 (gruppiert nach 2020) und 2020 (gruppiert nach 2021) verwendet.

Durch eine Arbeitsgruppe des Verbandes rheumatologischer Akutkliniken (VRA) wurden für die akutstationäre Rheumatologie relevante Indikatordiagnosen ermittelt (Tab. 1, 2, 3 und 4). Auch wenn diese Indikatordiagnosen nicht das gesamte stationäre Behandlungsspektrum der Rheumatologie, zu dem beispielsweise auch viele „orphan diseases“ gehören, umfassen, decken die Indikatordiagnosen quantitativ den größten Teil der Fälle in internistisch-rheumatologischen Kliniken ab. Allerdings sind die Indikatordiagnosen nicht spezifisch für eine rheumatologische Versorgung. Zum einen werden Fälle mit diesen Diagnosen gelegentlich auch nicht fachspezifisch behandelt, und zum anderen können auch andere Fachdisziplinen mit ihren spezifischen Behandlungsmethoden in die Behandlung eingebunden worden sein (z. B. Rheumaorthopädie, Nephrologie/Kardiologie/Dermatologie). Für die ausgewählten Indikatordiagnosen wurden die Fälle, die in Hauptabteilungen vollstationär behandelt wurden, mit ihren demographischen und versorgungsbezogenen Kennzahlen ermittelt. Als Subgruppe wurden die Fälle mit einer rheumatologischen Komplexbehandlung (RKB) ab 14 Behandlungstagen ausgewertet [8, 9]. Da die teilstationäre und belegärztliche Versorgung eine untergeordnete Rolle in der internistischen Rheumatologie spielt, wurden hier nur die Fallzahlen ermittelt.

Tab. 1 Fälle aus dem Jahr 2019 mit Indikatordiagnosen als Hauptdiagnose (HD), gruppiert im aG-DRG-System 2020
Tab. 2 Fälle aus dem Jahr 2019 mit Indikatordiagnosen als Hauptdiagnose (HD) und rheumatologischer Komplexbehandlung, gruppiert im aG-DRG-System 2020
Tab. 3 Fälle aus dem Jahr 2020 mit Indikatordiagnosen als Hauptdiagnose (HD), gruppiert im aG-DRG-System 2021
Tab. 4 Fälle aus dem Jahr 2020 mit Indikatordiagnosen als Hauptdiagnose (HD) und rheumatologischer Komplexbehandlung, gruppiert im aG-DRG-System 2021

Qualitätsberichte

Die Erkenntnisse über die Versorgungstrukturen entstammen der Sammlung der aktuellsten Qualitätsberichte (QB) der Krankenhäuser aus dem Jahr 2019 [10], die in eine Datenbank eingelesen und so einer aggregierten Auswertung zugänglich gemacht wurden. Für die weitere Auswertung wurden alle „Organisationseinheiten“ (in der Regel Fachabteilungen) selektiert, bei denen im QB 20 oder mehr Hauptdiagnosen (HD) mit rheumatoider Arthritis (ICD M05-M06) berichtet wurden. Die rheumatoide Arthritis (RA) ist die häufigste entzündlich-rheumatische Erkrankung [1] und mit Abstand die häufigste entzündlich-rheumatische Hauptdiagnose (HD) unter den stationären Fällen (Tab. 1 und 3). Zusätzlich wurden Organisationseinheiten selektiert, bei denen im QB 20 oder mehr HD mit systemischem Lupus erythematodes (ICD M32.-) berichtet wurden.

Die in der Analyse genutzten Daten der QB, werden bislang nur sehr sporadisch einer Qualitätskontrolle unterzogen, sodass ein relevantes Maß an Fehlangaben nicht ausgeschlossen werden kann. Bei den Angaben von HD und Prozeduren sind vielfältige Limitationen zu beachten. Am relevantesten für die vorgenommene Selektion der OE ist, dass Häufigkeiten von Hauptdiagnosen und OPS unter 4 aus Datenschutzgründen im QB nicht angegeben werden. Es kann in diesem Fall dem QB zwar entnommen werden, dass ein Code verschlüsselt wurde, aber nicht, ob dieser 1‑, 2‑ oder 3‑mal verschlüsselt wurde. Für die Auswertung ging in diesem Fall der Code mit der Anzahl 1 in die Summenberechnungen ein. Damit kann eine gewisse Unterschätzung der Anzahlen nicht ausgeschlossen werden, was in Einzelfällen sogar den Ein- oder Ausschluss in die Auswertung beeinflusst haben könnte. Bei den Operationen- und Prozedurenschlüsseln (OPS) können Mehrfachkodierungen nicht ausgeschlossen werden, da in den QB nur die Kodierungen der OPS selbst und nicht die „Fälle mit OPS“ gezählt werden. Ergänzend wurde untersucht, ob Krankenhäuser Mitglied im VRA sind und ob sie das VRA-Gütesiegel für die Erfüllung der KOBRA-Qualitätskriterien [11,12,13] erhalten haben.

Ergebnisse

Stationäre Fallzahlen 2019 und 2020

Über die Indikatordiagnosen wurden aus dem InEK-Datenbrowser für 2019 75.066 und für 2020 58.740 vollstationäre Fälle, die in Hauptabteilungen behandelt wurden, identifiziert. Die Ergebnisse sind in Tab. 1, 2, 3 und 4 dargestellt.

Quantitativ dominiert die RA mit über 40 % der Fälle mit einer der Indikatordiagnosen. Bei der Granulomatose mit Polyangiitis (GPA) und dem systemischen Lupus erythematodes (SLE) finden sich etwas geringere Verweildauern bei höherer Standardabweichung als bei den anderen Indikatordiagnosen. Beim Fibromyalgiesyndrom (FS) finden sich umgekehrt längere Verweildauern bei niedrigerer Standardabweichung. Die meisten Fälle weisen eine Verweildauer innerhalb der Grenzverweildauern ihrer jeweiligen DRG auf, Langlieger mit Verweildauern oberhalb der oberen Grenzverweildauer sind selten und kommen noch am häufigsten bei den Vaskulitiden und Kollagenosen vor. Hier finden sich auch häufiger höhere Werte beim DRG- und patientenbezogenen Gesamtschweregrad (PCCL). Die Alters- und Geschlechterverteilung entspricht den Erwartungen. Es zeigt sich eine Konzentration der Fälle mit den Indikatordiagnosen auf wenige DRG. Mit den drei häufigsten DRG werden stets über 80 % der Fälle, häufig sogar mehr als 90 % der Fälle getroffen.

Das Ausmaß der Fälle mit den Indikatordiagnosen, die eine RKB erhalten, schwankt wie zu erwarten deutlich (Tab. 2). Am häufigsten wird eine RKB bei der axialen Spondyloarthritis, dem FS, der Psoriasis-Arthritis und der RA durchgeführt. Über alle Indikatordiagnosen hinweg wird eine RKB bei 10,9 % der Fälle durchgeführt. Bei Kollagenosen und Vaskulitiden spielt die RKB quantitativ keine große Rolle. Mit der Auswahl der Indikatordiagnosen werden 80,9 % der Fälle, die eine RKB erhalten haben, identifiziert. Die Verweildauern unterscheiden sich kaum nach der HD, und die Standardabweichung der Verweildauer ist gering. Langlieger sind sehr selten. Der Anteil der Frauen, die eine RKB erhalten, ist fast durchweg höher als in der Gesamtgruppe der jeweiligen Indikatordiagnose. Der SLE mit Organbeteiligung (ICD M32.1), der in der Gesamtgruppe mit 58 % am häufigsten ist, dominiert nicht mehr die Fälle mit RKB (hier stehen mit ebenfalls 58 % „sonstige Formen“ des LE [ICD M32.8] im Vordergrund). Fast alle Fälle mit RKB werden in die spezifische DRG I97Z gruppiert.

Werden die Daten aus 2020 (Tab. 3) mit den Daten aus 2019 (Tab. 1) verglichen, zeigt sich ein ausgeprägter Fallzahlrückgang von insgesamt −21,7 %. Dieser war beim FS besonders ausgeprägt. Im Gegensatz dazu war der Fallzahlrückgang bei den Kollagenosen und Vaskulitiden weniger ausgeprägt, aber dennoch beachtlich. Die Verweildauern sind tendenziell gesunken (Ausnahme GPA und SLE). Weitere qualitative Veränderungen (Normallieger, Langlieger, PCCL, Alter, Geschlechterverhältnis und DRG-Zusammensetzung) sind nicht evident. Geringere Abweichungen können auch durch die unterschiedlichen G‑DRG-Systeme verursacht sein, wobei sich die Systeme 2020 und 2021 im betrachteten Bereich nur wenig unterscheiden.

Bei den Fällen, die eine RKB erhalten haben, zeigt sich ein vergleichbares Bild (Tab. 4 in Vergleich mit Tab. 2). Im Wesentlichen kam es zu einem Fallzahlrückgang, der mit 31,6 % den Rückgang bei der Gesamtgruppe von 21,7 % nochmals deutlich übertraf. Im Hinblick auf die Zusammensetzung der Fälle, die eine RKB erhalten haben, finden sich keine Auffälligkeiten. Auch 2020 zeigte sich eine höhere Quote an Frauen als in der Gesamtgruppe. Nur die mittleren Verweildauern sind bei fast allen Indikatordiagnosen mit RKB etwas gesunken.

Auch wenn die teilstationäre und belegärztliche Versorgung eine untergeordnete Rolle in der internistischen Rheumatologie spielt, zeigt sich auch für diese Versorgungsformen mit −36,1 % bei der teilstationären und −42,6 % bei der belegärztlichen Versorgung ein deutlicher und auch stärkerer Rückgang für 2020 (Tab. 5) als in der vollstationären Versorgung in Hauptabteilungen (−21,7 %; Tab. 3) oder sogar bei der RKB (−31,6 %; Tab. 4).

Tab. 5 Fälle aus den Jahren 2019/2020 mit Indikatordiagnosen als Hauptdiagnose (HD) und Behandlung in der Tagesklinik oder Belegabteilung

Versorgungsstrukturen 2019

Insgesamt wurden aus den Qualitätsberichten 146 Organisationseinheiten (OE) identifiziert, die gesichert jeweils 20 oder mehr HD mit RA (ICD M05-M06) im QB berichtet haben. Diese OE behandelten mindestens 26.857 Fälle mit entsprechenden HD. Mitunter wurden mehrere unterschiedliche OE im selben Krankenhaus identifiziert (z. B. Rheumatologie und Rheumaorthopädie). Von den 146 OE waren 116 internistische OE, 26 chirurgische/orthopädische OE, eine kinderheilkundliche OE, 2 neurologische OE und eine ausgewiesene schmerztherapeutische OE (Abb. 1). Von den 116 internistischen OE wiesen nur 55 (47 %) einen spezifischen rheumatologischen Fachabteilungsschlüssel nach § 301 SGB V auf („0109“oder „09xx“). Von den 26 chirurgischen/orthopädischen OE nutzten nur 4 den spezifischen Fachabteilungsschlüssel „2309“ nach § 301 SGB V (Orthopädie/Schwerpunkt Rheumatologie).

Abb. 1
figure 1

Verteilung der identifizierten Organisationseinheiten (OE) mit 20 oder mehr Hauptdiagnosen (HD) mit rheumatoider Arthritis (ICD M05-M06) anhand der Fachabteilungsschlüssel nach § 301 SGB V

Insgesamt 92 OE berichteten 50 oder mehr Fälle mit einer HD RA, 68 OE 100 oder mehr Fälle. Innerhalb der 146 OE schwankte der Anteil der Fälle mit einer HD aus M05-M06 zwischen 0,2 und 47,6 % (eine Ausreißer-OE 98,2 %). Der Anteil der 146 OE, deren Krankenhäuser im VRA organisiert sind, beträgt 43 %, von den OE mit 50 oder mehr Fällen mit einer HD RA bereits 61 % und bei 100 oder mehr Fällen 72 % (Abb. 2). Alle 23 OE mit mehr als 300 Fällen mit einer HD RA sind Mitglieder im VRA, 15 davon nahmen am KOBRA-Qualitätsprojekt teil und haben für die Jahre 2019–2021 das VRA-Gütesiegel erhalten.

Abb. 2
figure 2

Anteil der Organisationseinheiten (OE) in Krankenhäusern, die im Verband rheumatologischer Akutkliniken (VRA) organisiert sind, in Abhängigkeit von der Anzahl der Hauptdiagnosen (HD) mit rheumatoider Arthritis (RA; ICD M05-M06)

Für 20 OE fanden sich ambulante Versorgungsstrukturen nach § 116b SGB V, davon hatten aber 2019 erst 6 OE bereits eine Ambulanz für die neue ambulante spezialärztliche Versorgung (ASV). Einen spezifischen rheumatologischen Fachabteilungsschlüssel nach § 301 SGB V hatten 13 der 20 OE („0109“oder „09xx“), bei 11 OE sind die Krankenhäuser Mitglieder im VRA.

Von den 116 internistischen OE haben 96 angegeben, dass mindestens eine Fachärztin oder einen Facharzt für „Innere Medizin und Rheumatologie“ der OE zugeordnet war. 43 (45 %) dieser 96 OE nutzten keine spezifischen rheumatologischen Fachabteilungsschlüssel. Sechs internistische OE mit 50 oder mehr HD RA haben keine entsprechend zugeordnete fachärztliche Kompetenz angegeben, 2 davon besaßen sogar einen spezifisch rheumatologischen Fachabteilungsschlüssel. Auch 2 der OE mit ambulanten rheumatologischen Versorgungsstrukturen nach § 116b SGB V gaben keine entsprechende Facharztkompetenz an. Individuelle Nachforschungen legen eine relevante Untererfassung dieses Merkmals im QB nahe. Von den 26 chirurgischen/orthopädischen OE haben 15 mindestens eine Fachärztin oder einen Facharzt mit der Zusatzbezeichnung „orthopädische Rheumatologie“ angegeben. Insgesamt gab es unter den 116 internistischen OE 2 und unter den chirurgischen/orthopädischen OE 3 Belegabteilungen (davon eine gemischte OE). 33 der 146 OE wiesen eine tagesklinische Fallzahl von mehr als 4 Fällen auf.

Insgesamt 57 (39 %) der 146 OE befanden sich an Standorten, die 2019 nicht die Anforderungen an die Basisnotfallversorgung nach den G‑BA-Regelungen [14] erfüllt haben. Von den 68 OE mit 100 oder mehr Fällen mit HD RA waren es mit 35 sogar mehr als die Hälfte.

Unter den 146 OE mit 20 oder mehr HD RA fanden sich nur 17 (12 %) OE an Universitätskliniken. Werden hingegen OE mit 20 oder mehr HD SLE (ICD M32) betrachtet, befanden sich 21 (35 %) der 60 OE, die identifiziert werden konnten, an Universitätskliniken. Von den 60 OE waren 54 internistische OE und 25 hatten einen spezifischen internistisch-rheumatologischen Fachabteilungsschlüssel nach § 301 SGB V.

Von den 146 OE mit 20 oder mehr HD RA haben 47 (32 %) angegeben, 2019 mehr als 10-mal eine RKB (OPS aus 8‑983 oder 8‑986) kodiert zu haben, 29 davon mehr als 100-mal (Abb. 3). Eine OE hatte mit 2232 RKB mehr als doppelt so viele wie die OE mit der zweithöchsten Anzahl (985 Kodierungen). Der Anteil der Kodierungen mit RKB an allen Fällen der OE lag für die 47 OE zwischen 0,3 und 84,7 %, im Mittel bei 16,8 % (25,5 % bei den 29 OE mit mehr als 100 RKB). Von den 47 OE haben 44 OE 50 oder mehr Fälle mit der HD RA und 37 (79 %) 100 oder mehr Fälle versorgt. Umgekehrt haben von den 68 OE mit 100 oder mehr Fällen mit der HD RA nur 37 (54 %) mehr als 10 Kodierungen der RKB (OPS aus 8‑983 oder 8‑986) angegeben. Die meisten OE, die die RKB erbracht haben, waren daher auch „große Versorger“, aber nicht alle OE mit hohen Fallzahlen haben die RKB erbracht.

Abb. 3
figure 3

Anteil und Anzahl der Organisationseinheiten, die die rheumatologische Komplexbehandlung (RKB) in bestimmten Häufigkeiten erbringen, in Abhängigkeit von der Anzahl der Hauptdiagnosen (HD) mit rheumatoider Arthritis (RA; ICD M05-M06)

In den Versorgungsdaten wurden für 2019 insgesamt 33.380 Fälle (inklusive Belegabteilungen und teilstationären Fällen) mit der HD einer RA (ICD M05-M06) ermittelt. Die Auswertung der QB zeigte, dass die identifizierten 146 OE mindestens 26.857 Fälle mit entsprechenden Hauptdiagnosen behandelt haben. Auch wenn die Fallzahlen methodisch nicht unbedingt vergleichbar sind, kann man davon ausgehen, dass über 80 % der akutstationären Fälle von den identifizierten 146 OE betreut wurden. 54 der 146 OE haben Verschlüsselungen der RKB (OPS 8‑983.1; 8‑983.2; 8‑986.1 und 8‑986.2) angegeben, insgesamt mindestens 10.141 OPS (maximal 10.149 OPS, Unschärfe durch Datenschutz im QB bedingt, s. „Methoden“). Weitere 550–600 Kodierungen der RKB wurden bei 6 OE berichtet, die nicht in unsere Auswertung aufgenommen wurden (häufig OPS 8‑986.1 und 8‑986.2). Aus den Versorgungsdaten wurden 10.147 Fälle mit einer RKB ermittelt (nur OPS 8‑983.1 und 8‑983.2) und weitere 607 Fälle mit einer kinder- und jugendrheumatologischen RKB (OPS 8‑986.1 und 8‑986.2). Bezüglich der Versorgungsdaten scheinen die Angaben in den QB daher von hoher Qualität zu sein.

Diskussion

In der öffentlichen Diskussion wird die Rheumatologie häufig mit der RKB gleichgesetzt. Die Auswertungen der Versorgungsdaten zeigen aber deutlich, dass das Fallkollektiv mit rheumatologischen Hauptdiagnosen sehr vielschichtig ist. Nur bei knapp über 10 % der ausgewählten rheumatologischen Indikatordiagnosen wurde eine RKB kodiert. Dabei wurden seltenere rheumatologische Diagnosen und „orphan diseases“ gar nicht berücksichtigt. Insbesondere bei der Behandlung von Kollagenosen und Vaskulitiden spielt die RKB keine wesentliche Rolle in der Versorgung. Die RKB wird nur von wenigen, darauf spezialisierten Klinken vorgenommen. Selbst in diesen Kliniken werden im Mittel nur 16,8 % (> 10 RKB) bzw. 25,5 % (> 100 RKB) der Fälle mit einer RKB behandelt. Die auf die RKB spezialisierten Kliniken weisen zumeist auch hohe Fallzahlen bei der Behandlung der RA auf. Es existieren aber auch viele Klinken mit hohen Fallzahlen, die keine RKB erbringen. Für die RKB müssen spezielle Strukturen, insbesondere auch beim therapeutischen Personal, vorgehalten werden [8, 9]. Gerade Krankenhäuser der Maximal- und Supramaximalversorgung weisen eine andere Spezialisierung auf. Diese Krankenhäuser qualifizieren sich aufgrund der seitens des G‑BA festgelegten Kriterien eher für Zentren nach der Zentrumregelung. Der Grad der Spezialisierung wird sich auch in der Zusammensetzung der unterschiedlichen Indikatordiagnosen im Fallspektrum bemerkbar machen. Die 24/7-Aufnahmebereitschaft, wie sie in den Strukturkriterien für die akutstationäre Rheumatologie gefordert [15, 16] und von den meisten akutstationären Rheumakliniken erfüllt wird, führt nicht alleine zu einer Einstufung in die Notfallstufen des G‑BA, von denen wiederum finanzielle Kompensationen abhängig sind. Eine Refinanzierung der 24/7-Aufnahmebereitschaft in der akutstationären Rheumatologie ist damit erschwert. Besonders betroffen sind spezialisierte Fachkliniken, die weniger andere Fachabteilungen am selben Standort betreiben.

Die Fallzahlen der Versorgungsanalyse aus dem InEK-Browser für 2019 entsprechen in etwa den Ergebnissen eines vom VRA 2015 in Auftrag gegebenen Gutachtens [2]. Allerdings haben die Gutachter, vermutlich um die damals verfügbaren Datenquellen nutzen zu können, eine teilweise gröbere Aufteilung in Diagnosegruppen (ICD-Dreisteller) vorgenommen, die in stärkerem Maße auch nicht rheumatologisch zu behandelnde Diagnosen umfassen. In Anbetracht der Tatsache, dass auch hochspezialisierte Fachabteilungen für Rheumatologie teilweise keinen spezifischen Fachabteilungsschlüssel nutzen, lässt sich keine qualifizierte Aussage dazu machen, welcher Anteil der identifizierten Fälle besser in einer spezialisierten Versorgungsstruktur hätte behandelt werden sollen.

Eine retrospektive Auswertung von Versorgungsdaten lässt keine Aussagen zu Kausalitäten zu. Trotzdem kann an mit Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass der beobachtete dramatische Fallzahlrückgang zwischen 2019 und 2020 durch die Corona-Pandemie und die durch die Gesundheitspolitik getroffen Maßnahmen ausgelöst wurde. Unterstützt wird diese Hypothese durch die Tatsache, dass der Fallzahlrückgang bei den Kollagenosen und Vaskulitiden geringer und bei dem FS, der RKB sowie in der tagesklinischen und belegärztlichen Versorgung höher ausfiel. Erstaunlich ist jedoch, dass die gewählten Kennzahlen, die einen Hinweis auf die Krankheitsschwere geben könnten (Verweildauer, PCCL, Langliegeranteil, Alter), keine auffälligen Veränderungen zwischen den Datenjahren aufweisen. Der vielfach berichtete Eindruck, dass während der Corona-Pandemie im Mittel schwerer Erkrankte in den Krankenhäusern behandelt wurden, erscheint zwar plausibel, lässt sich aber mit den erhobenen Daten nicht belegen. Dies könnte auch daran liegen, dass in den Abrechnungsdaten spezifische Attribute zur Abbildung der Krankheitsschwere in der Rheumatologie, wie beispielsweise Krankheits‑/Entzündungsaktivität oder Funktionseinschränkungen fehlen. Bemerkenswert ist, dass der Fallzahlrückgang in der Rheumatologie deutlich über den Fallzahlrückgängen in anderen medizinischen Bereichen lag. So berichten Busse und Nimptsch [4] von Fallzahlrückgängen von nur jeweils 13 % im DRG und im PEPP-Bereich (psychiatrische und psychosomatische Versorgung). Auch bei Herzinfarkten und Schlaganfällen ging die Fallzahl zwischen 2019 und 2020 zurück, allerdings nur um 8 %. Hüftprothesen-Erstimplantationen gingen jedoch um 25 % zurück. Busse und Nimptsch stellen die Hypothese auf, dass das Inanspruchnahmeverhalten eine größere Rolle gespielt hätte als die aktive Absage von Behandlungen durch die Krankenhäuser selbst. Spannend und existenziell für viele rheumatologische Kliniken ist die Frage, ob und wenn ja, in welchem Ausmaß nach Überwindung der Corona-Pandemie die Fallzahlen wieder steigen. Ohne Budgetausgleiche, die sich am Versorgungsvolumen 2019 orientieren, können Versorgungskapazitäten, die nicht mehr in Anspruch genommen werden, nicht dauerhaft aufrechterhalten werden.

Welche Veränderungen ohne die Corona-Pandemie aufgetreten wären, lässt sich schwer einschätzen. Durch solch ein disruptives Ereignis werden diskretere Veränderungen überlagert. Da die Daten des neuen InEK-Datenbrowsers ebenfalls der Corona-Pandemie (§ 21 Abs. 3b KHEntgG, vormals § 24 Abs. 2 KHG) zu verdanken sind, stehen nur Daten seit 2019 zur Auswertung zur Verfügung. Eine längere Trendbeschreibung ist daher noch nicht möglich.

Die Angaben zur fachärztlichen Ausstattung in den QB deuten darauf hin, dass Untererfassungen vorliegen. Auch wenn keine gezielte Überprüfung der Angaben stattfindet und keine direkten Konsequenzen bei Untererfassungen drohen, sollten Krankenhäuser von sich aus darauf achten, ihre Kompetenz nicht herunterzuspielen. Versorgungforscher und zunehmend auch Kostenträger nutzen die öffentlich zugänglichen Angaben. So werden Angaben aus unterschiedlichen Bereichen (z. B. Kodierung von Komplexkodes und Angaben im Qualitätsbericht) abgeglichen und Krankenhäuser mit den Widersprüchen in ihren eigenen Angaben konfrontiert.

Trotz noch optimierbarer Quellen zur Struktur der akutstationären Versorgung bieten die bereits verfügbaren Daten und der hier beschriebene methodische Ansatz der Analyse eine gute Basis für eine von nun an kontinuierliche Beobachtung der akutstationären Versorgung in der Rheumatologie.

Fazit für die Praxis

  • Jährliche Datenanalysen sind hilfreich und wertvoll für fachliche, strukturelle und organisatorische Weiterentwicklungen in der akutstationären Rheumatologie.

  • Die rheumatologische Komplexbehandlung ist nur eine Form der Spezialisierung.

  • Versorgungstrukturen mit hohen Fallzahlen der rheumatoiden Arthritis (RA) sind mehrheitlich im Verband rheumatologischer Akutkliniken (VRA) organisiert; viele davon nehmen am KOBRA-Qualitätsprojekt teil und tragen das VRA-Gütesiegel.

  • Wie viele Fälle mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen noch in nichtspezialisierten Strukturen behandelt werden, kann mit den verfügbaren Daten nicht beantwortet werden.

  • In der Corona-Pandemie kam es zu erheblichen Rückgängen der Fallzahlen bei klassischen rheumatologischen Diagnosen, ohne eine qualitative Veränderung im Fallkollektiv. Überproportional stark betroffen war die rheumatologische Komplexbehandlung.

  • Informationsgehalt und Qualität der strukturierten Qualitätsberichte können noch verbessert werden.