eHealth: Experten fordern mehr Nutzerorientierung für Telematikinfrastruktur 2.0

Für Version 2.0 der TI zur Digitalisierung des Gesundheitswesens fordern Experten eine höhere Nutzerfreundlichkeit, ein Migrationskonzept und eine Testumgebung.

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(Bild: Shutterstock/BlurryMe)

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Das Fachforum Telematik der ZTG Zentrum für Telematik und Telemedizin GmbH hat ein Positionspapier zur Neuauflage der Telematikinfrastruktur (TI) veröffentlicht. Die TI soll alle Akteure des Gesundheitswesens digital miteinander vernetzen. Analoge Kommunikationsstrukturen seien nicht mehr zeitgemäß und würden nicht dem Stand der Anforderungen entsprechen. Die derzeit für die Digitalisierung des Gesundheitswesens zuständige Gematik als Gesundheitsagentur begrüßt das Fachforum dabei.

Von der Gematik erwartet das Fachforum, dass diese die Dienste "wesentlich nutzergerechter und patientenorientierter" gestaltet und spricht sich in diesem Zusammenhang für ein Migrationskonzept, Testverfahren inklusive Testumgebung und eine klare, zielgruppengerechte Kommunikationsstrategie aus.

Für die Integration der Telematikinfrastruktur 2.0 solle der Fokus auf einem möglichst hohen versorgungsrelevanten Nutzen für Patientinnen und Patienten, Arztpraxen, Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen gelegt werden. Nicht die Verwaltungsaufgaben, sondern eine "bestmögliche Gesundheitsversorgung" solle im Vordergrund stehen.

Außerdem gefordert ist ein "barrierefreier Zugang für alters-, geistig- oder körperlich bedingt eingeschränkte Patientinnen und Patienten", da gerade für diese Gruppe eine elektronische Patientenakte (ePA) besonders wichtig sei. Darum soll die Umstellung auf die TI 2.0 auch eine "bessere Handhabbarkeit und erhöhte Nutzerorientierung" bringen.

Um die Akzeptanz für die Umstellung zu erreichen, müssten Ärzte, Apotheken, Krankenhäuser und Krankenkassen in die "Ausgestaltung der TI 2.0" eingebunden werden. Bisher sei dies mit den aktuellen Strukturen nicht möglich. Eine höhere Akzeptanz der Akteure könne zudem erreicht werden, wenn "erfolgreich getestete" oder "im Einsatz erprobte Verfahren" eingesetzt und nicht an anderer Stelle neue Funktionen entwickelt würden.

Als weiteren fehlenden Punkt nennt das Fachforum eine "klare Migrationsstrategie", mit der der aktuelle Stand auf die Telematikinfrastruktur 2.0 übertragen wird. Außerdem fehle ein Konzept für einen zeitweisen Parallelbetrieb beider Systeme, was für eine schrittweise und "planbare Umstellung und Erweiterung" jedoch wichtig sei.

In Zusammenhang mit der Migration bezeichnet das Fachforum die fehlende Möglichkeit, "Produkte in einer Testumgebung unter realitätsnahen Bedingungen zu testen" als problematisch. Ein "richtiger Test" sei immer erst in der tatsächlichen Umgebung möglich. Es werden regionale Tests sowie "eine praxisorientierte und adäquat konzipierte Testumgebung" für Hersteller benötigt. Ein "gut vorbereiteter Testbetrieb" sei ebenfalls erwünscht.

Die Möglichkeiten und der Nutzen der telematischen Anwendungen für den Versorgungsalltag werden dem Positionspapier zufolge ebenfalls nicht ausreichend kommuniziert. Um die Akzeptanz für Anwendungen wie die ePA zu stärken, sei eine "koordinierte Kommunikation" jedoch wichtig. Vor allem "Ärztinnen und Ärzten sowie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in Arztpraxen, Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen" sei der "Umbau der Strukturen und der Nutzen dieser Maßnahmen" nicht verständlich genug kommuniziert worden. Demnach fordert das Fachforum, die Kommunikation zu intensivieren und zielgruppengerechter zu gestalten. Außerdem sollten die vermittelten Informationen verlässlich sein. Zwar sollten alle Akteure darüber aufgeklärt werden, gemeinsam für die TI verantwortlich zu sein, die Aufklärung der Patienten und Versicherten liege aufgrund der fehlenden Machbarkeit im Versorgungsalltag jedoch nicht beim medizinischen Personal.

Bis 2025 will die Gematik mit der Telematikinfrastruktur 2.0 die derzeit existierende Vernetzung des Gesundheitswesens ablösen. Damit sollen in Arztpraxen, Krankenhäusern und Apotheken eingesetzte "proprietäre IT-Lösungen" wie Konnektoren für die Anbindung an die TI wegfallen. MIT offenen Zugangsschnittstellen plant die Gematik, die Interoperabilität zu stärken. Die "Neuausrichtung" soll die "Komplexität im Regelbetrieb" und Kosten senken. Bis zur Umsetzung der TI 2.0 müssten jedoch noch mehr als 100.000 Konnektoren ausgetauscht werden.

Die Gematik hatte eine Übergangslösung für die bis dahin eingesetzten Konnektoren versprochen. Mit dieser Übergangslösung sollten die abgelaufenen Zertifikate der Konnektoren erneuert beziehungsweise verlängert werden. Da dieses Vorhaben nicht umgesetzt werden konnte, sollen betroffene Konnektoren ab dem Herbst 2022 ausgetauscht werden – erste Zertifikate laufen bereits ab Mitte 2022 aus.

Eigentlich wollte die Gematik bis Ende März mindestens 30.000 E-Rezepte erfolgreich abrechnen. Zum jetzigen Zeitpunkt sind laut dem im Rahmen einer von der Gematik gestarteten Transparenzoffensive rund 7.000 E-Rezepte erfolgreich eingelöst worden.

Update 04.04.2022, 12:33 Uhr: Korrigiert, dass erste Zertifikate der Konnektoren bereits Mitte 2022 und nicht ab Januar 2023 auslaufen.

(mack)