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Ärztestreik: Tausende Mediziner streiken – wegen 65 Millionen Überstunden


Krankenhäuser in Notbesetzung
Tausende Ärzte streiken – auch wegen 65 Millionen Überstunden

Von Roxana Frey

31.03.2022Lesedauer: 3 Min.
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Ärztestreik am Römerberg (Frankfurt): Der Streik findet in ganz Deutschland statt, ausgenommen sind Berlin und Hamburg.Vergrößern des Bildes
Ärztestreik am Römerberg (Frankfurt): Der Streik findet in ganz Deutschland statt, ausgenommen sind Berlin und Hamburg. (Quelle: Arne Dedert/dpa-bilder)

Deutschlandweit haben Tausende Ärzte die Arbeit niedergelegt, zahlreiche OPs müssen verschoben werden. Bei einer Kundgebung der Ärztegewerkschaft kocht der Frust hoch. Viele Mediziner sind völlig überarbeitet – und wütend.

In vielen kommunalen Krankenhäusern haben sich Ärztinnen und Ärzte an diesem Donnerstag an einem bundesweiten Warnstreik des Marburger Bund beteiligt. Die Ärztegewerkschaft hatte zu einer zentralen Kundgebung auf dem Frankfurter Römer aufgerufen.

Der Marburger Bund fordert für die rund 55.000 Ärzte eine lineare Erhöhung der Gehälter um 5,5 Prozent für die Laufzeit von einem Jahr. Außerdem solle es klare Grenzen für Bereitschaftsdienste sowie eine generelle Begrenzung der Rufbereitschaft auf höchstens zwölf Rufdienste pro Monat geben. Die Arbeitgeber boten 3,3 Prozent mehr Lohn in zwei Stufen an.

Unter den Streikenden auf dem Römer ist der Frust groß. Mahmoud Khalaf, Arzt auf der kardiologischen Station am Klinikum Coburg, sagt t-online: "Die momentanen Zustände sind eine Katastrophe." Es bleibe keine Zeit für das Privatleben, seit Monaten arbeite er in Spät-und Nachtschichten: Freies Wochenende – Fehlanzeige. "Wir leiden seit zwei Jahren", so Khalaf.

Mediziner streiken am Frankfurter Römer

Der Grund: die Coronavirus-Pandemie. Seitdem seien die Arbeitsbedingungen um einiges schwerer geworden. Für den Einsatz der Ärzte habe sich niemand wirklich bedankt. "Es geht nicht nur darum, dass wir mehr Geld haben wollen. Wir wollen vor allem eine Verbesserung unserer Arbeitssituation", so Khalaf.

In Hessen seien am Mittwoch rund 50 Krankenhäuser betroffen, teilte der Marburger Bund mit – deutschlandweit seien sogar mehrere hundert Kliniken involviert. Rund 4.000 Streikende seien alleine bei der Kundgebung in Frankfurt dabei gewesen.

Und das während in Deutschland Corona-Rekord-Inzidenzen notiert werden. Dr. Andreas Botzlar, zweiter Vorsitzender des Marburger Bundes, ist sich über den schwierigen Zeitpunkt bewusst. In einem Video auf YouTube sagt er: "Corona hat Deutschland im Griff und in der Ukraine herrscht Krieg – und der Marburger Bund hat nichts besseres zu tun, als zum Warnstreik aufzurufen. Das mögen sich einige fragen. So ist es, aber die VKA zwingt uns dazu." Seit sechs Monaten versuche der Bund eine Einigung mit der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) zu erzielen.

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VKA: Unrealistische Forderungen würden die kommunalen Kliniken massiv belasten

Bislang ohne Ergebnis. Die VKA betrachtet die Forderungen als "unrealistisch". "Der Streikaufruf des Marburger Bundes spiegelt in keiner Weise den tatsächlichen Stand der Verhandlungen wider, er ist völlig überzogen", so Wolfgang Heyl, Verhandlungsführer der VKA, in einer Pressemitteilung vom Mittwoch.

Die Forderungen der Gewerkschaft würden die kommunalen Kliniken maßlos überfordern – nicht nur in finanzieller Hinsicht. Damit gehe der Arbeitskampf zu Lasten der gesamten Bevölkerung.

Dr. Susanne Johna, Bundesvorsitzende des Marburger Bund, beklagt, im Moment würden jährlich rund 65 Millionen Überstunden von den Ärzten geleistet. Geht das zu Lasten der Kranken? "Das Wohl unserer Patienten ist nicht verhandelbar", ruft Johna den Streikenden am Römer zu.

Die Streikenden klatschen. Eine von ihnen ist Darya: Die Medizinerin hat gerade ihr erstes Jahr am Klinikum Porz am Rhein hinter sich. Sie fühle sich fast schon chronisch krank: "Die Belastung ist enorm und ich komme mittlerweile an meine körperlichen Grenzen", so Darya.

Sie fordert bessere Messungen von Überstunden. Hierfür gäbe es zwar ein System, allerdings würden viele Überstunden nicht richtig erfasst werden. Das findet sie "unfair". Sie arbeite mittlerweile rund 60 Stunden die Woche.

Bereits in der Tarifauseinandersetzung 2019 war der Römerberg Schauplatz einer eindrucksvollen Kundgebung streikender Ärztinnen und Ärzte aus kommunalen Kliniken. Die medizinische Versorgung soll nach Angaben des Bundes nicht gefährdet sein, in der Regel durch Notdienstvereinbarungen mit den jeweiligen Kliniken.

Verwendete Quellen
  • Mit Informationen der Nachrichtenagentur dpa
  • Reporterin vor Ort
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